Die Besten 2021 von Claas – Etwas mehr als eine Top 10

Eine Liste von Claas, wie immer ohne Gewichtung. Was bewegte, was machte Spaß, was brachte durch den Winter, Sommer, Herbst, Corona und wieder Winter? Hier gibt es die Antworten und kurze Begründungen. Es ist alles dabei, internationale, nationale und lokale Künsterl:innen.

Frank Turner. Foto: pfa

Listen sind langweilig und halten der Zeit eh nicht stand, Gewichtungen ändern sich zu schnell, als dass sie sich lohnen. Aber da The Hold Steady im Februar „Open Door Policy“ vorgelegt haben und ich nun mal Fan bin, stand mein Album des Jahres eigentlich schon im Vorfeld fest. Ich möchte an dieser Stelle gar nicht viele Wörter darüber verlieren, wie fantastisch diese Band ist, denn das habe ich bereits in meiner Review zum Album getan. An meiner Euphorie hat sich nichts geändert. Außerdem waren The Hold Steady die letzte Band, die ich vor Corona im März 2020 live gesehen habe. Und der Plan sah eigentlich vor, dass es auch die erste Band (im März 2022) sein sollte, die ich (ohne Coronaauflagen) erneut live sehe. Aber daraus wird wohl nichts werden. Trotzdem ist und bleibt The Hold Steady eine der wenigen Bands, die mir dauerhaft Freude bereiten und mich immer wieder musikalisch und textlich herausfordern.

 

Es ist wirklich schön, dass ich die Chance hatte, mit den meisten Künstler:innen und Bands, die an dieser Stelle Erwähnung finden, für die eine oder andere Publikation zu sprechen. Sam von Kali Masi war einer davon. Vor ziemlich genau einem Jahr arbeitete ich an einem Text über Kali Masi fürs Fanzine Trust, welcher schließlich in der Aprilausgabe pünktlich zum Albumrelease veröffentlicht wurde. Kali Masi haben mit [laughs]  ein Album vorgelegt, welches zwischen Punkrock, Melody-, Emo- und Hardcore alle Genres vereint, mal laut, mal leise, aber stets nachdenklich und reflektierend ist. Außerdem ist es das erste Album, welches ich nach dem Umzug in ein neues Zuhause gehört habe.

 

Bei unserer neuen Kolumne Fremdgehört schrieb ich bereits, die Zukunft des Hip Hops ist britisch und weiblich. Vorne weg war damit natürlich Little Simz gemeint, aber auch Künstlerinnen wie Self Esteem und Arlo Parks müssen dazugezählt werden. An dieser Stelle soll es aber um das Album „Sometimes I Might Be Introvert“ von Little Simz gehen, welches ich durch die sehr gute Sendung Soundcheck auf Radio Eins entdeckt habe und auf dem die 27-jährige Britin mit orchestralem Schwung, Streichern, Spoken-Word Unterbrechungen und einen an  James-Bond-Soundtracks erinnernden Bombast, private Themen über das Aufwachsen als schwarze Frau ohne Vater, in London der 00 Jahre thematisiert.

 

Jahrelang konnte ich mit den Sleaford Mods nichts anfangen, habe den Hype nicht verstanden und war eher gelangweilt bis genervt von den beiden Briten. Irgendwann im Laufe der letzten Jahre änderte sich meine Einstellung allerdings angefangen ungefähr ab der Zeit rund um „English Tapas“. Lange überlegte ich, warum das so war und schließlich, mit Erscheinen von Spare Ribs wurde es mir klar. Es ist die Musikalität, die sich schleichend bei den Mods eingenistet hat. Waren die Songs der Anfangstage eher minimalistisch, rau und wütend, sind die Lieder nun ausgewogener, melodischer und punktierter, was mir persönlich eindeutig besser gefällt. Und Billy No Mates ist sowieso eine Bank.

 

Okay, ich mogele an dieser Stelle jetzt etwas, weil ich mich nicht entscheiden kann, ich beide Platten zusammen gekauft habe und beide Alben beim Bremer Label Gunner Records erschienen sind. Deswegen hier zwei Seiten einer Medaille die Alben „Heat“ von The High Times und „You Didn’t Doubt This“ von Chartreux, welche die Vielseitigkeit des Bremer Lables zwischen Pop(-Punk) und schnellen (Hardcore-)Punk aufzeigt. Beide Alben trugen durch den Sommer.

 

Wenn wir schon in Bremen sind, dann bleiben wir auch gleich hier, denn in der Hansestadt werden nicht nur Platten von internationalen Bands veröffentlicht, sondern auch Musik gemacht. Golden Press brachte das Langspiel Debüt (nach dem Tape „Oceanspray„) „Italien“ von Jay Pop heraus und „Gepäckträger“ ist ein verdammter Hit. Wer hören will, wie es klingt, klickt unten, wer mehr wissen will, liest hier weiter.

 

Mit einem Knall aufgetaucht und kaum mehr wegzudenken. Ein Tape und eine Split reichten Team Scheisse, um einen Plattenvertrag zu erlangen für das AlbumIch habe dir Blumen von der Tanke mitgebracht (jetzt wird geküsst)“. Linus Volkmann berichtetet im Musikexpress und ich kann behaupten, ich habe Team Scheiße vor Linus V. gehört. Don’t Believe The Hype – Außer in diesem Fall.

 

Auch Shitney Beers war mit dem Album „Welcome To Miami“ bereits Teil von Fremdgehört und begleitete mich durch die letzten Sommertage und dem Herbst. Musikalisch trauriger Singer Songwriter Scheiß (so die Künstlerin im Interview), aber mit einem empathischen Tiefgang. Lieder über Abtreibungen, nachts nicht alleine auf die Straßen können, Gentrifizierung und ekelige Vermieter und das Kennenlernen der Eltern des Partners.

 

Streng genommen dürfte „Demo To Demolition“ hier gar nicht erwähnt werden, stammt die Musik doch aus den späten 90er Jahren. Allerdings verlor die Band ihren Plattenvertrag, als „Emo“ und seine Vertreter nicht mehr das heiße Ding war und vom unsäglichen Nu-Metal abgelöst wurde. Über 20 Jahre blieben die Aufnahmen von The New Rising Sons unter Verschluss, bis das Hamburger Label Arctic Rodeo Recordings diese im Sommer 21 veröffentlichte.

 

Vielleicht hätten es andere Alben mehr verdient, hier aufzutauchen als The Notwist, weil ich sie öfter gehört habe oder mir gar mehr bedeuten. Trotzdem habe ich mir Vertigo Days entschieden, weil das Album aus mir nicht erklärbaren Gründen zu wenig rotierte. (Vielleicht lag es ja an dem wirklich überflüssigen Format der 3-Seitig bespielten Doppel LP). Dabei ist das Album ein herrliches Winteralbum, wie ich bereits bei Veröffentlichung feststellte.

 

So, das war also das musikalische Jahr 2021 – ein gutes, aber nicht überragendes Jahr, wie ich finde. Die ganz großen Überraschungen fehlen und diese Auswahl ist tatsächlich nur als Momentaufnahme anzusehen, denn Künstler:innen wie Hey, King!, Jackson & Sellers, Curtis Harding (alle Anti-) haben es knapp nicht geschafft. Auch Bleachers, The Killers und Trümmer haben gute Alben abgeliefert, die sich (mit Ausnahme Bleachers) allesamt bei mir nicht richtig durchsetzen konnten. Dollars For Deadbeats, letztes Jahr noch in meiner Ausblick-Liste haben es ebenfalls nicht geschafft, weil es das erste Album war, das ich 2021 gekauft habe und anfangs auch häufig gehört habe, in der letzten Zeit aber weniger. Alle diese Alben hätten es an einem anderen Tag, in einer anderen Stimmung vielleicht doch in die Liste geschafft. Aber eben nicht heute.

Was bleibt also von 2021 über außer einen Ausblick auf 2022 (Frank Turner im Februar!) und die Hoffnung, dass alles wirklich wieder etwas normaler wird und alle gesund bleiben. Happy New Year und Tschüss 2021.


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