Die Wahl 2023

Eine polemische und höchstpersönliche Einschätzung zur Wahl am 14. Mai 2023

Claas Platte

Das war sie also schon wieder, die Bürgerschaftswahl 2023. Große Überraschungen gab es am Ende im Grunde nicht. Andreas Bovenschulte führte die SPD erneut zur stärksten Kraft. Das war seinem Vorgänger Carsten Sieling bei der letzten Wahl nicht mehr gelungen. Der Grund dürfte vor allem an der (durchaus sympathischen) Person Andreas Bovenschulte gelegen haben.

Im Gegensatz zum alten und neuen Bürgermeister blieb der Herausforderer (selbst im Tandem mit Wiebke Winter), Frank Imhoff von der CDU eher blass. Und die FDP machte wieder mal FDP-Sachen, also irgendwie dagegen sein, ohne wirklich dagegen zu sein, oder (zukunftsfähige) Lösungen zu haben. Die LINKE hat sicherlich und verdientermaßen von der erfolgreichen Impfkampagne der Gesundheitssenatorin und vom ruhigen Kurs der Spitzenkandidatin und Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt, die selbst aus der sonst eher konservativwählenden Wirtschaft gute Noten erhielt, profitiert.

Einen wirklichen Verlierer gab es nur mit den GRÜNEN. Die Gründe sind natürlich vielfältig. Neben fehlendem Rückenwind aus dem Bund trägt allerdings auch die heute zurückgetretene Spitzenkandidatin Maike Schaefer ihren Teil zum schwachen Abschneiden bei. Die vielen Verkehrsexperimente können und müssen vielleicht sogar auch aus Grünen-Sicht kritisiert werden. Das Gegenteil von Gut ist dann eben doch gut gemeint. Und so verzettelte Frau Schaefer sich in Aussichtsplattformen, die vor sich hingammeln (Martinistraße), Radwegen, die nicht genutzt werden (Am Wall) und ständig wechselnde Regeln (in der Humboldtstraße), um dann doch bei dem alten Modell zu bleiben.

Natürlich muss das Auto aus der Innenstadt zurückgedrängt werden, weil es viel zu viel Platz einnimmt und weniger Verkehr eine Stadt lebenswerter macht. Nur sind dafür nicht nur richtige Entscheidungen wichtig, sondern auch eine Mehrheit (oder zumindest eine Vielzahl) der Bevölkerung hinter diese Entscheidungen zu bringen. Dieser (zugegeben schwierige) Drahtseilakt ist den GRÜNEN nicht gelungen.

Und auch mit identitätspolitischen Themen und Kultur lässt sich zwar in Bremens linken Hochburgen im 1/4 und der Neustadt gut punkten, aber eben (leider noch) nicht im gesamten Stadtgebiet. Was vielleicht aber auch verständlich ist, wenn die parteipolitischen Scheuklappen einmal abgenommen werden. Wer am Ende des Monats nicht mehr weiß, wie der nächste Supermarktbesuch bezahlt werden kann oder wer Angst hat, die Wohnung zu verlieren, weil die Nebenkosten nicht mehr bezahlt werden können, hat andere Probleme als Radwege, Clubs und einen Genderstern. Ja, ich bin an dieser Stelle absichtlich polemisch. Das muss ich auch sein, weil der Weg von dieser Stelle des Textes zu BiW eben nicht weit ist.

Wer sich nämlich nicht mehr von den „großen“ Parteien wahrgenommen fühlt, wählt im Zweifel aus Protest eine Partei wie die BiW. Immerhin knapp 10% der Wählenden haben ihre Kreuze dort gemacht. Natürlich profitierte die BiW vom Fehlen der Afd, aber die Aussage des Spitzenkandidaten Tipke scheint zu stimmen, dass lediglich 50% der Stimmenzuwächse daraus resultieren. Die andere Hälfte stammt von vormals Nichtwähler: innen, der CDU, SPD und eben auch von enttäuschten (ex-)GRÜNEN. Das ist der eigentliche Skandal.

Auch wenn die GRÜNEN es mit ihrer Politik gut meinen und im Grunde für die gesamte Bevölkerung das Beste wollen, kommt das eben bei einem Großteil nicht (mehr) so an. Sondern eher wie eine Klientelpolitik, wie sie sonst nur von der FDP erwartet wird. Das wurde zum großen Stolperstein bei der Wahl 2023 in Bremen. Während die LINKEN ihr Wähler: innen-Potenzial ausreizen und die SPD einen starken Spitzenkandidaten aufweisen konnten, blieben der CDU und der FDP nur ihre angestammten Plätze in der Bremer Bürgerschaft als zweite und letzte Kraft. Wobei das im Falle der FDP noch nicht mal klar entschieden ist. Nun gilt es für alle Parteien, mit guter Politik für alle Menschen, den BiW (und auch der immer noch existierenden AfD) die Grenzen aufzuzeigen. Und zwar nicht durch Ausgrenzung und Konfrontation, sondern durch eine Politik, die das Leben der Menschen spürbar besser macht.

 


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