John K. Samson – Winter Wheat, Anti 2016

Winter Wheat, dass neue Album des ehemaligen The Weakerthans Sängers John K. Samson könnte das Herbstalbum des Jahres werden. Warum das so ist, lest Ihr hier.

Noch nicht mal 30 Sekunden sind gespielt und es ist so was von klar, dass hier ist das Herbstalbum des Jahres. Ein Bass, ein Tasteninstrument, ein dezentes Schlagzeugspiel, über die Musik lässt sich „I need my Girl“ von „The National“ singen, bis John K. Samsons anfängt seinen eigenen Text zu singen. Dabei hat es die Eröffnungszeile des gesamten Albums schon in sich: „That hashtag wants me dead, bu I don’t mind“! Was für ein Satz! In der zweiten Strophe geht es weiter mit: „I don’t mea nto miss the good old days. The good old days were mostly bad“. Die Musik ist noch immer sparsam instrumentiert und das ändert sich auch fast nie auf dem Album. Selbst bei den gelegentlichen Indie-Rock Stücken. Oftmals werden lediglich eine Handvoll Instrumente leise angespielt. Die Texte stehen, wie fast immer bei Samson, im Mittelpunkt und wie in der obligatorischen Spoken-Word Performance, für sich alleine. Wer hat dieses Jahr noch mal den Literatur Nobel Preis gewonnen? Samson hätte ihn sicherlich ebenfalls verdient. Oder zumindest einen Preis, der das Songschreiben auszeichnet.

„Postdoc Blues“ behandelt die Entfremdung in einer digitalisierten Welt. Das große Überthema auf dem Album. In fast jedem Song kommen Schlagwörter aus der Computer- oder Social Media Welt vor oder das Leben hinter einem Bildschirm wird thematisiert: „So long living in between a big screen and a slightly larger screen, the loneliest way to stay alone“, heißt es beispielsweise in „Carrie ends the call.“ Wie alle anderen Stücke auch, ist die Nummer akustisch getrieben und leise vorgetragen. Punktuell weißt das Album allerdings auch Überraschungen auf. Hier ein Akkordeon, dort ein 60ties Westküsten Frauenchor und besonders schön an manchen Stellen, ein fast schon wummender Bass. Fast am Ende fühlt sich der Hörer sogar etwas an R.E.M. erinnert. Und da schließt sich der Kreis evtl. wieder, weil The National ihren Durchbruch als Support von R.E.M. hatten. Jedenfalls wäre John K. Samson ein würdiger Nachfolger für die Supergroup des mainstreamigen Indie-Rocks.

Das Album könnte eigentlich als unspektakulär bezeichnet werden, wäre dieser Begriff nicht so negativ aufgeladen. Aber genau das ist es. Musik, die nicht aufdringlich sein will und sich trotzdem in den Gehörgängen festsetzt. Auch wenn es dieses Album wahrscheinlich nie auf eine Top 10 ewiger Bestenlisten schaffen wird, so kann es einen doch hervorragend durch den Herbst bringen. Und in einigen Jahren stellt man vielleicht wieder fest, was für ein schönes Album Winter Wheat doch eigentlich ist und dass es viel öfter gehört werden sollte.

Am 5. Mai 2017 spielt John K. Samson mit seiner Band im Bremer Tower und stellt dort das Album live vor.


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