Schulen zu, fast alles andere auf – so funktioniert es nicht.

Erstaunlich wie schnell sich die politische und öffentliche Meinung in diesen Zeiten ändern kann. Wer nun aber die Schließung der Schulen fordert und glaubt damit alleine die Infektionszahlen drücken zu können, wird bis zum Sommer mit hohen Infektionszahlen zu kämpfen haben. Ein Umdenken muss her. Schulen auf, alles andere zu.

Claas Platte

Bremen. Zugegeben, der Satz von Bildungssenatorin Bogedan in der butenunbinnen Sendung vom 6. Januar, dass sie die Verantwortung für die Sicherheit in Schulen übernimmt, war unglücklich. Und tatsächlich wurden die Sommermonate, insbesondere die langen Ferien nicht genutzt, um die Bremer Schulen ausreichend auf die zweite Welle vorzubereiten, die überall angekündigt war und spätestens im August in Spanien schon zu sehen war. Trotzdem verfährt Bremen trotz aufkochender Kritik in den Kommentarspalten und den Medien einen guten Mittelweg mit der angestrebten Öffnung ab Montag.

Es ist noch gar nicht so lange her, da herrschte in der bundesweiten Politik Einigkeit darüber, dass die Schulen erst schließen, wenn alles andere geschlossen ist. (Familienministerin Franziska Giffey im November). Diese Aussage galt sogar infektionszahlenunabhängig. Nun wird in Deutschland seit mittlerweile vier Wochen wieder über die Schulen debattiert, während Erwachsene weiterhin zur Arbeit gehen (müssen), Profisport ausgeübt wird und weiterhin private Treffen zu jeder Uhrzeit drinnen oder draußen stattfinden können, wenn auch nur mit einer weiteren Person. Dass „alle anderen Dinge zuerst dran seinen“ (Giffey) stimmt in diesem Zusammenhang nicht mehr.

Aus der Kultusministerkonferenz kurz nach Neujahr wurde berichtet, dass Mitte Dezember lediglich 0,2% der Schüler und 0,37% der Lehrkräfte nachweislich mit dem Virus infiziert waren. Ferner stehen Grundschüler weiterhin nicht im Mittelpunkt des Infektionsgeschehens, auch das ist wissenschaftlich belegt. Während also weiterhin fleißig Gottesdienste mit nachweislicher Missachtung der Hygieneauflagen (Diepholz) stattfinden dürfen, Länder wie Frankreich und Irland zeigen, wie Infektionszahlen mit Einschränkungen bei Erwachsenen gedrückt werden können, während Bildungseinrichtungen geöffnet bleiben, wird in Deutschland ein einfacher Sündenbock gesucht, in der Hoffnung, dass dann alles besser wird. Wird es aber nicht werden.

Ob die Schulen nun offen oder geschlossen sind, wird keinen maßgeblichen Einfluss auf die Reduzierung der Infektionszahlen haben, solange die Bewegungsfreiheit der Erwachsenen nicht massiv eingeschränkt wird, Politiker fröhlich von einer Talkshow in die nächste springen, Home-Office zur Pflicht wird, wo immer es technisch möglich ist, Profisport ausgesetzt, Wintersportgebiete gesperrt und Gottesdienste verboten werden.

Der „Bremer Weg“ ist die richtige Entscheidung der Behörde und verhindert weitere Bürokratie, denn einerseits ist niemand gezwungen, die Kinder zur Schule zu schicken, denn die Schulpflicht ist bis zunächst Ende Januar aufgehoben. Vor den Weihnachtsferien befanden sich lediglich 15% der Schüler im Präsenzunterricht, Abstand sollte damit eingehalten werden können. Andererseits muss, anders als im Frühling keine Notbetreuung angeboten und vor allem genehmigt werden. Damals waren die Einrichtungen bis zu 20% ausgelastet.

Die Schulen sind nicht das Problem in dieser Pandemie und werden somit nur wenig zu einer Lösung beitragen. Wer aber dafür ist, die Infektionen maßgeblich zu drücken, sollte größere Einschränkungen bei den Erwachsenen fordern, statt Kindern und Jugendlichen verantwortlich zu machen.


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