9 Fragen an Lencke Steiner
Wir sprachen mit den Direktkandidaten des Wahlbezirks Bremen I. Dabei stellten wir stets dieselben Fragen, um ein Möglichst einheitliches Bild der Kandidaten, ihrer Parteien und ihrer Positionen zu zeichnen. Hier sind die Antworten von Lencke Steiner von der FDP.

Wie muss die Politik auf eine schleichende Entdemokratisierung in Europa reagieren, um das Vertrauen der Bürger in die demokratischen Institutionen zu stärken?
Europa ist für uns total wichtig. Daher stehe ich ganz hinter der Forderung meiner Partei das europäische Parlament zu stärken. Wir brauchen echte Wahlen mit europäischen Listen, wir brauchen ein Initiativrecht des Europäischen Parlamentes und wir brauchen den Rat der Europäischen Union als zweite Kammer. Gleichzeitig ist es aus unserer Sicht wichtig, stärker als bisher die Kompetenzen der EU auf den Kern zu begrenzen. Nicht jedes kleine Detail muss Brüssel regeln. Ich bin mir sicher, dass dies das Vertrauen in Europa stärken wird.
Der „Dieselskandal“ überschattet diese Phase des Wahlkampfs. Dennoch soll keine E-Auto-Quote (wie in China) kommen. Muss der Wirtschaft nicht im Allgemeinen viel mehr Vorgaben von der Politik gemacht werden, wenn die Unternehmen selber keine oder zu wenig Fortschritte vorweisen kann?
Nein, die Politik muss Rahmenbedingungen setzen, beispielsweise die richtige Infrastruktur schaffen. Wichtig ist immer, dass wir technologieoffen bleiben und uns nicht vorschnell auf eine Technologie festlegen. Bisher ist die Herstellung von Elektroautos immer noch ein sehr umweltschädlicher Prozess. Ein Elektroauto muss über sieben Jahre gefahren werden, damit es seinen ökologischen Nachteil ausgleicht. Ich setze daher darauf, dass noch bessere Lösungen gefunden werden.
Medial in den Hintergrund gerutscht ist die Energiewende. Können und werden die gesteckten Ziele eingehalten, ohne weitere Belastungen für die privaten Haushalte?
Die Energiewende ist ein wichtiges Anliegen. Aber die Energiewende scheitert an staatlicher Regelungen, eine bürokratischen EEG und einer Vorfestlegung auf bestimmte Technologien. Wir setzen uns daher für mehr Technologieoffenheit ein, die es den unterschiedlichen erneuerbaren Technologien erlaubt in einen stärkeren Wettbewerb zutreten. Das treibt die Innovation und senkt auf Dauer den Preis. Außerdem werden beispielsweise bei der Windkraft stärker die Wünsche der Bevölkerung berücksichtigt, die oft das Gefühl hat, dass zu viele Windräder und er Landschaft stehen.
Wie wollen Sie und Ihre Partei, die hier lebenden und wahlberechtigten türkisch-stämmigen Mitbürger für Ihre Partei begeistern und wie soll die zukünftige Türkeipolitik aussehen?
Ich bin mir sicher, dass viele unserer türkisch-stämmigen Mitbürger genauso wie viele deutsch-stämmige Mitbürger die Ziele unserer Partei teilen: Wir wollen beispielsweise die beste Bildung für jeden als Grundstein für ein selbstbestimmtes Leben. Wir setzen auf die Freiheit des Einzelnen, der Staat muss sich folgerichtig für Eingriffe in das Leben der Bürger rechtfertigen – nicht umgekehrt. Gleichzeitig sind uns Menschenrechte weltweit wichtig und daher können wir die Lage in der Türkei nicht ignorieren. Unter Erdogan hat sich die Türkei in eine Beinahe-Diktatur entwickelt. Das wird insbesondere durch die Willkür gegenüber Journalisten deutlich. Ich finde es daher richtig, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Erdogan-Türkei abzubrechen und kein Geld mehr nach Ankara zu überweisen. Die Türkei ist in der Pflicht sich zubewegen, nicht wir als Europa.
Brexit: Reisende soll man nicht aufhalten – oder ist Großbritannien doch wichtig für Deutschland und Europa?
Das britische Volk hat in einer Volksabstimmung eine Entscheidung getroffen. Auch wenn das wehtut, ich respektiere diese Entscheidung. Großbritannien ist ein wichtiger Teil von Europa und ist ein wichtiger Partner für Deutschland.
Scheitert der Generationsvertrag und braucht Deutschland eine tiefgreifende Rentenreform – und wie könnte diese aussehen?
Wir können in Deutschland den demographischen Wandel nicht ignorieren. Das umlagefinanzierte Rentensystem bleibt ein wichtiger Baustein, es kann aber nicht alle die simple Mathematik von Beitragszahlern und Rentenbeziehern ausgleichen. Wir als FDP setzen uns für ein flexibleres Renteneintrittsalter und auch für mehr Zuverdienstmöglichkeiten in der Rente ein. Daneben ist es wichtig, die betriebliche und private Rentenversicherung zu stärken.
Die Auswirkungen der so genannten Flüchtlingskrise sind noch immer zu spüren. Wie kann eine nachhaltige Integration der Menschen gelingen?
Sprache ist aus meiner Sicht der wichtigste Faktor für eine erfolgreiche Integration. Nur wer die Sprache vernünftig spricht, kommt für viele heutige Berufsbilder in Frage. Da ist in Deutschland noch viel Luft nach oben. Hier sollten wir stärker nach dem Prinzip „Fordern und Fördern“ arbeiten. Ich möchte außerdem, dass wir über ein Einwanderungsgesetz auch Anreize für Kriegsflüchtlinge setzen. Wer sich gut integriert, kann auf Wunsch auch dauerhaft in Deutschland bleiben. Wer sich nicht integriert muss nach Ende des Konfliktes und wenn keine Gefahr für Leib und Leben besteht wieder in das Heimatland zurückkehren.
Was ist für Sie und Ihrer Partei das wichtigste Vorhaben der nächsten vier Jahre?
Für mich persönlich ist es vor allem die Bildungspolitik, die wir in Deutschland endlich modernisieren wollen. Da ist der Bund in der Pflicht mehr Geld zur Verfügung zu stellen, sobald wir das Kooperationsverbot endlich abgeschafft haben. Gute Bildung legt den Grundstein für ein selbstbestimmtes Leben und sichert uns auch zukünftig die Fachkräfte, die wir brauchen. Daher ist das unser wichtigstes Vorhaben.
Was möchten Sie für Bremen (und wie) in den nächsten vier Jahren erreichen?
Bremens größte Schwäche ist das schlechte Bildungssystem. Ich möchte mich daher im Bund dafür einsetzen. dass das Kooperationsverbot fällt und sich der Bund an der Finanzierung der Bildung beteiligen darf. Damit ist für Bremens unterfinanzierte Bildungssystem viel getan. Ich setze aber auch darauf, dass der Bund höhere Standards in der Bildung festschreiben wird. Neben der schlechten Finanzierung des Bildungssystems, war auch immer ein zu niedriger Anspruch ein Problem. Statt auf Qualität wurde zu viel auf Quantität gesetzt.
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