9 Fragen an Elisabeth Motschmann
Wir sprachen mit den Direktkandidaten des Wahlbezirks Bremen I. Dabei stellten wir stets dieselben Fragen, um ein Möglichst einheitliches Bild der Kandidaten, ihrer Parteien und ihrer Positionen zu zeichnen. Hier sind die Antworten von Elisabeth Motschmann von der CDU.

Wie muss die Politik auf eine schleichende Entdemokratisierung in Europa reagieren, um das Vertrauen der Bürger in die demokratischen Institutionen zu stärken?
Eine Entdemokratisierung sehe ich nicht. Flüchtlingskrise, Trump, Erdogan: Die Menschen in Deutschland und Europa diskutieren viel und kontrovers. Viele Teile der Bevölkerung scheinen inzwischen politischer als zuvor. Für unsere Demokratie und uns Politiker ein großer Gewinn. Nun gilt: Wir müssen die Debatten aufnehmen und führen. Dadurch beziehen wir die Menschen in die Entscheidungsprozesse und die Demokratie mit ein und das ist auch gut so.
Der „Dieselskandal“ überschattet diese Phase des Wahlkampfs. Dennoch soll keine E-Auto-Quote (wie in China) kommen. Muss der Wirtschaft nicht im Allgemeinen viel mehr Vorgaben von der Politik gemacht werden, wenn die Unternehmen selber keine oder zu wenig Fortschritte vorweisen kann?
Mein Einsatz gilt der freien Marktwirtschaft, die keine rot-grüne Regulierungspolitik braucht. Solche Eingriffe sieht die politische und wirtschaftliche Ordnung nicht vor. Politik kann aber immer Anreize schaffen und Entwicklungen anmahnen. Dies tun Bundeskanzlerin Angela Merkel und die CDU bereits. Elektroautos werden gefördert und der Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur vornagetrieben. Durch den „Dieselskandal“ hat die Autoindustrie Vertrauen verloren. Betrug und Schummeleien müssen nicht nur aufgearbeitet, sondern auch bestraft werden. Das geschieht bereits.
Medial in den Hintergrund gerutscht ist die Energiewende. Können und werden die gesteckten Ziele eingehalten, ohne weitere Belastungen für die privaten Haushalte?
Ja! Aber die Energiewende ist und bleibt eine große Herausforderung. Insbesondere wenn man, wie die CDU, sowohl die privaten Haushalte als auch die Industrie im Auge hat. Die Bürger und die Unternehmen dürfen finanziell nicht überlastet werden. Die EEG-Umlage haben wir stabilisiert, energieintensive Unternehmen entlastet, den Strommarkt neu geordnet und die Voraussetzungen für den Ausbau der großen Übertragungsnetze bis 2023 geschaffen. Strom muss langfristig für alle Unternehmen und Betriebe sowie privaten Verbraucher bezahlbar bleiben. Dafür setzen wir die marktwirtschaftliche Heranführung und Systemintegration der erneuerbaren Stromerzeugung konsequent fort.
Wie wollen Sie und Ihre Partei, die hier lebenden und wahlberechtigten türkisch-stämmigen Mitbürger für Ihre Partei begeistern und wie soll die zukünftige Türkeipolitik aussehen?
Deutschland ist heute ein modernes Land mit einer starken und unverwechselbaren Identität. Vielleicht noch stärker als zuvor. Wir haben unsere kulturellen Wurzeln bewahrt und unseren Zusammenhalt gestärkt. Bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland und bei unzähligen Gelegenheiten seither haben Millionen Menschen aus allen Alters- und Gesellschaftsschichten dies eindrucksvoll unter Beweis gestellt: Es ist ein fröhliches, ungezwungenes und selbstbewusstes Bekenntnis zu einem Deutschland, auf das wir stolz sein können. Ein patriotisches Bekenntnis, das niemanden ausschließt und sich gegen niemanden richtet. Zu unserem Land gehören alte und neue Deutsche, Menschen mit und ohne deutschen Pass, mit und ohne Migrationshintergrund. Die große Mehrheit ebenso wie ethnische und gesellschaftliche Minderheiten. Wir schließen niemanden aus und bitten alle, an einer guten Zukunft Deutschlands mitzuwirken.
Die Kommunikation mit der türkischen Regierung ist derzeit alles andere als einfach: Willkürliche Verhaftungen, Abbau von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sind hier die Ausgangslage. Wir werden dennoch mit der Türkei im Gespräch bleiben, kritisieren und anmahnen und die Türkei nicht aufgeben.
Brexit: Reisende soll man nicht aufhalten – oder ist Großbritannien doch wichtig für Deutschland und Europa?
Der Austritt Großbritanniens aus der EU ist für alle schmerzhaft. Trotzdem bleibt Großbritannien ein wichtiger Teil Europas und wichtiger Verbündeter Deutschlands. Zudem ist Großbritannien ein wichtiger Handelspartner – insbesondere für Bremen. Es ist sowohl in unserem als auch im Britischen Interesse, dass die Bindungen auch nach dem Brexit eng und verbindlich bleiben.
Scheitert der Generationsvertrag und braucht Deutschland eine tiefgreifende Rentenreform – und wie könnte diese aussehen?
Der Generationenvertrag funktioniert und ist der Kern unseres Rentensystems. An ihm wollen und werden wir festhalten. Fakt ist aber auch: Die Rentenbeiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern reichen schon lange nicht mehr aus, um alle Rentenansprüche zu begleichen. Der Bund trägt etwa ein Drittel der gesamten Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung. 2017 gibt der Bund deshalb 91,7 Milliarden Euro in die Renten. Bis 2020 sollen die Zuschüsse auf über 100 Milliarden Euro im Jahr steigen. Dank solider Finanzen kann der Bund jedes Jahr seinen Zuschuss für die Renten erhöhen, ohne die Jüngeren mit neuen Schulden zu belasten. Das stärkt den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.
Die Auswirkungen der so genannten Flüchtlingskrise sind noch immer zu spüren. Wie kann eine nachhaltige Integration der Menschen gelingen?
Bildung, Sprache und Arbeit! Das sind die wichtigsten Instrumente für eine erfolgreiche Integration. Wir müssen die Kinder in die Schulen bringen und ihnen die Deutsche Sprache beibringen. Nur durch Bildung und Sprache können sie Teil der Gesellschaft werden und ihren Platz in unserer Mitte finden. Für die erwachsenen Flüchtlinge ist die Sprache ebenfalls ein unverzichtbarer Faktor, um sich in Deutschland zurechtzufinden. Dazu ist Arbeit unglaublich wichtig: Sie führt nicht nur dazu, dass die Flüchtlinge ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können, sondern fördert auch das Selbstvertrauen, schafft soziale Kontakt und unterstützt die Menschen auf ihrem Weg in die Gesellschaft.
Was ist für Sie und Ihrer Partei das wichtigste Vorhaben der nächsten vier Jahre?
Stabile Finanzen: Wir halten an der schwarzen Null fest und werden dafür sorgen, dass unseren Kindern und Enkelkindern Neuverschuldungen erspart bleiben. Darüber hinaus kämpfen wir für unser freiheitliches Leben in Sicherheit. Deswegen schaffen wir 15.000 neue Stellen für Polizisten in Bund und Land, werden die Schleierfahndung etablieren, die Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen voranbringen und die Cyberkriminalität eindämmen. Darüber hinaus möchten wir mehr für Familien und Kinder tun. Wenn Deutschland wieder CDU-regiert ist, wird es eine Erhöhung des Kindergeldes (300 Euro im Jahr) geben. Wir werden das sogenannte Baukindergeld einführen und einen einmaligen Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer.
Was möchten Sie für Bremen (und wie) in den nächsten vier Jahren erreichen?
Für Bremen werde ich mit Herz und Verstand daran arbeiten, uns als Wirtschaftsstandort noch attraktiver zu präsentieren und damit die Abwanderung Bremer Unternehmen zu verhindern versuchen. Damit können wir Arbeitsplätze sichern und bei Erfolg neue Arbeitsplätze für Bremerinnen und Bremer schaffen. Deutschland soll wissen, dass wir Bremer gut und gerne für unser Land arbeiten und als Wirtschaftskraft definitiv nicht unterschätzt werden sollten. Weiterhin sollte rot-grüne Regulierungspolitik eingedämmt werden. Mein Einsatz gilt der freien Marktwirtschaft.
Großprojekten, die in Bremen umgesetzt werden sollen, gilt meine volle Aufmerksamkeit. Hier werde ich alles in meiner Macht stehende tun, um in Berlin diese Vorhaben durchzusetzen und nach Bremen zu holen.
Auch für die Bremer Bildung und Betreuung unserer Kleinen kämpfe ich. Hier werden vom Bund regelmäßig Gelder zur Verfügung gestellt. Bremen soll ein großes Stück vom Kuchen abbekommen, damit unsere Kinder gute Startbedingungen erhalten.
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