Palila – Rock’n’Roll Sadness

Palila aus Hamburg haben just ihr Debütalbum rausgebracht und stellen dieses bald live in Bremen vor. Konzertankündigung und Albumreview in einem!

Das es so etwas noch gibt! Zwölf Songs auf einem Album, jedes Stück zwischen drei und vier Minuten lange Power-Pop Attacken voller Melodien, die durchaus an Musik der 90er Jahre erinnert, aber trotzdem nicht nostalgisch daherkommt. Dafür ist die Produktion zu fett und sauber geraten. Zugegeben, anfangs empfand ich diesen Umstand als etwas störend an. Wenn sich eine (junge?) Band aus Hamburg schon an einen Indie-Rock der guten alten Schule wagt, dann darf es bitte etwas dreckig zur Sache gehen. Das haben die 80er Jahre Indie-Bands damals sicherlich auch schon über ihre Nachfolger in den 90er gedacht. Ist aber totaler Quatsch. Zwar sind die Stücke von PALILA sauber arrangiert, aber ich bin mir sicher, diese Lieder können genauso in einer düsteren Kellerkneipe mit einer kleinen Bühne funktionieren. Oder einem ordentlichen Pub in Großbritannien. PALILA spielen eine erfrischende (weil, gutgemachte) Mischung aus Rock und Pop, ohne gefällig zu wirken oder ins (Mainstream-)Radio zu gehören oder gar zu passen. Sie setzten sich quasi zwischen alle Stühle und bleiben dennoch eingängig und melodiös. Sie erfinden das Rad der Musik nicht neu, müssen sie aber auch nicht, wenn es so wie auf dem Debüt „Rock’n’Roll Sadness (cooler Titel!) daherkommt. Sehr wohl aber fügt das Trio einer Musikrichtung ein weiteres Kapitel hinzu ohne dabei in die Nostalgiefalle zu tappen. Denn noch mal zum Mitschreiben, dieses Album klingt verdammt modern, trotz all der musikalischen Verneigungen an die Vergangenheit. Wer will, kann behaupten, dass PALILA es schaffen zwei Welten, die Vergangenheit und die Gegenwart (vielleicht ja sogar die Zukunft – wer weiß?) zu verbinden.

Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle die schneidende Gitarre im Lied „Swim Or Drown“, aber auch das tief-rockende „Brother, Sister“. Das Saubere der Musik entstammt nämlich weniger (auch, aber eben nicht nur) der Instrumentierung, sondern maßgeblich auch vom Gesang. Dabei offenbart Sänger Matthias Schwettmann eine große Bandbreite in seiner Stimme, die im Übrigen auffallend stark in den Vordergrund gemischt ist und zwischen sehnsuchtsvoll schmachtend und seriös (Indie-)rockend pendelt. Schlagzeug und selbst der Bass soll an dieser Stelle keineswegs vergessen werden. Es scheint tatsächlich so zu sein, dass sich ein hier ein gut harmonierendes Trio zusammengefunden hat. Das Schlagzeug wird hart gespielt und treibt die Songs gemeinsam mit der Gitarre. Der Bass dient wiederum eher der Unterstützung und tritt etwas seltener deutlich hervor, ist aber immer hörbar, was erstens eher selten ist und zweitens auf ein ausgewogenes Miteinander schließen lässt. Eine deutlich hörbare Ausnahme bildet jedoch der Song „Sapphire“, welcher stark vom Basslauf durchzogen ist. Da wäre sie wieder, diese angenehme Abwechslung in den einzelnen Liedern. „Rock’n’Roll Sadness“ hat den Dreh raus, immer bevor es drohen könnte, in die Behäbigkeit abzudriften, mit einem kleinen Dreh oder Kniff, die Sache in einem anderen Licht dastehen zu lassen, ohne jemals aus dem eigenen Soundkorsett auszubrechen. Mit ganz wenigen Ausnahmen, wurde dieses Album (hörbar) in der Triobesetzung aufgenommen. Musik kann so einfach sein.

Wer sich davon selber überzeugen möchte, hat am 4.12.2021 auf der MS Loretta die Möglichkeit dazu. Dann spielen PALILA im Vorprogramm von Entropy


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