„Wir sind als reine Party- und Spaßband verschrien“

… was irgendwie gar nicht so verkehrt ist. Das sieht die Band Schmutzki auch selber so. Wir haben die drei nach ihrem Auftritt beim Hurricane interviewt.

Foto: Schmutzki / KKT

Schmutzki sind so etwas wie die Band der Stunde. Neben der Show beim Hurricane durften sie u.a. bei Rock am Ring und beim Kosmonaut-Festival spielen. Auftritte bei der Breminale, bei Rocken am Brocken und bei zahlreichen weiteren Festivals folgen noch, bevor die Stuttgarter im Herbst auf große Deutschland-Tour gehen. Im Interview sprechen sie über ihren Sieg bei Local Heroes im Jahr 2013, ihre ungewöhnliche Marketing-Strategie und ihre neu entdeckte politische Seite.

Kennt ihr die Bremer Band Faakmarwin noch?

Ja, die waren damals mit uns im Finale von Local Heroes. Ich glaube, sie sind damals sogar Zweiter geworden. Ich hoffe, sie sind nicht mehr sauer auf uns, weil wir ja gewonnen haben. Gruß an die Band, falls sie das liest.

Wie schaut man als Süddeutscher auf die Bremer Musikszene?

Ich muss zugeben, ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung von der Bremer Musikszene. Aber wir sind schon zweimal in Bremen aufgetreten. Im Aladin standen wir mit Wizo auf der Bühne und im Schlachthof waren wir die Vorgruppe der Beatstecks. Das waren beides tolle Locations und Konzerte.

Bald folgen ja weitere Konzerte…

Genau, am 17.07. spielen wir bei der Breminale und am 23.10 bei euch im Lagerhaus. Wir mögen den Norden gerne, da uns die Art der Leute dort gefällt.

Vor zwei Jahren wart ihr vor eurem Auftritt beim Southside ja noch ziemlich nervös. Wie war es heute?

Wir sind immer noch nervös. In der Zwischenzeit haben wir aber natürlich mehr erlebt und sind etwas routinierter. Die Abläufe sind gewohnter, als sie es noch vor zwei Jahren waren. Heute waren wir ziemlich verkatert, das drückt die Nervosität immer ein bisschen. Angenehm ist, dass es dir zwar dreckig geht, du die ganze Geschichte aber etwas lockerer nimmst. Das Zelt war trotz der frühen Uhrzeit gut besucht. Wir sind begeistert und kommen gerne wieder zum Hurricane.

Die Nervosität gehört aber dazu. Warum stehst du auf der Bühne, wenn du vorher nicht nervös bist? Dann ist es nichts besonderes mehr. Wir leben davon, dass unsere Auftritt sehr energisch und spontan sind. Es passieren viele überraschende und unerwartete Dinge.

Hängt ihr nach eurem Auftritt mehr auf dem Campingplatz rum, oder schaut ihr euch auch andere Bands an?

Wir sind gerne auf dem Campingplatz und vor der Bühne. Wir sind nicht solche Typen, die gerne backstage abhängen, unbedingt Stars kennenlernen und mit denen reden müssen. Es ist natürlich lustig, mal den Toilettengang von Noel Gallagher zu beobachten. Aber an sich sind wir Festival- und Zeltplatzleute.

Wobei man sagen muss, wir haben gestern auf dem Southside und heute auf dem Hurricane gespielt, da hatten wir wenig Zeit und konnten uns kaum andere Bands anschauen. Wir haben sogar einige verpasst. Wir wollten beispielsweise gerne NOFX sehen, aber diese Bands haben immer am falschen Tag oder zur falschen Uhrzeit gespielt. In dem Sinne kommt keine richtige Festival-Stimmung auf. Wenn etwas geht, schauen wir uns trotzdem einige Bands an. Ist ja auch geil, schließlich bekommen wir es umsonst.

Wie sind eure Schmutzki-Mobs entstanden? Bei euren Konzerten sind die ersten Reihen ja komplett rot.

Der Schmutzki-Mob ist beim Finale von PlayLive entstanden, einem Contest in Baden-Württemberg, den wir damals gewonnen haben. Der Preis war übrigens unser Auftritt beim Southside. Zum Finale haben wir einen Bus mit Fans aus Stuttgart mitgebracht. Die waren nach dem Auftritt so laut mit Schmutzki-Sprechchören, dass wir fast ein bisschen Angst hatten, was passiert, wenn wir den Contest nicht gewinnen. Das war nicht klar, weil wir wieder relativ rumpelig gespielt haben und bei Jurys weiß man ja nie. Irgendwann haben wir gesagt: Das ist voll der Mob da oben. Was machen die denn, wenn wir jetzt verlieren. So ist das Wort entstanden. Der erste richtige Schmutzki-Mob, den wir initiiert haben, war beim Southside 2013. Da haben wir zum ersten Mal die Zeltplatz-Action mit kleinem Konzert, Bier, sehr vielen Aufklebern und roten T-Shirts gestartet. Es hat schon damals funktioniert, da es zu einer schlechten Zeit viele Leute ins Zelt bringt. Außerdem macht es viel Spaß, mit den Leuten abzuhängen und die Crazyness hautnah zu erleben.

Ihr habt 300.000 Sticker für die diesjährige Festival-Saison bestellt, die jetzt wild verteilt werden. Bestimmt jeder vierte auf dem Festival hatte ja so einen Sticker am Shirt. Wie organisiert ihr das?

Vor dem Festival machen wir bei Facebook eine Gruppe und starten einen Aufruf. Wir suchen Leute, die eine große Gang haben und Bock, das zu organisieren. Da melden sich relativ schnell sehr enthusiastische Leute. Die machen das richtig geil. Für uns ist das auch super. Das Bier schleppen wir dann selber zum Campingplatz und schwitzen uns einen ab in der Sonne. Das gehört für uns aber dazu, denn es soll kein gezieltes und gelenktes Promo-Instrument werden, da es sonst nichts besonderes mehr ist. Wir haben die Philosophie, so wenig abgehoben wie möglich zu sein. Wir wollen keinen Unterschied zwischen uns und unseren Fans.

Leute, die das nicht miterlebt haben und da nicht drinstecken, können sich kaum vorstellen, dass es wie von selbst funktioniert. Wir wollten keine Agenturen beauftragen, die vielleicht gar nichts damit anfangen können und es nicht mitleben. Außerdem kostet es viel Geld, das wir lieber dafür ausgeben, viel Bier und T-Shirt für umsonst für die Leute zu besorgen.

Deshalb machen wir uns auch diesen Stress und spielen immer zwei Konzerte. Wir sind gestern Nacht um vier Uhr vom Southside hier angekommen und sind um acht aufgestanden, um pünktlich um zehn auf dem Zeltplatz zu stehen.

In „BÄM“ lasst ihr eure Wut gegenüber unterschiedlichen Personengruppen aus. Wie ist die Idee zu diesem Song entstanden?

Die Idee ist auf der Wizo-Tour entstanden. Wir sind ja als reine Party- und Spaßband verschrien. Wenn du mit einer Band wie Wizo unterwegs bist, wirst du aber zwangsläufig mit politischen Inhalten konfrontiert. Da wurde uns klar, dass wir natürlich auch eine politische Meinung haben, bloß bisher nie die Notwendigkeit gesehen haben, sie in unsere Musik mit einzubringen. Wir haben es dann auf die Schmutzki-Weise mit einem zwinkernden Auge gemacht, aber dennoch alles abgefrühstückt, was wir kacke finden. Damit haben wir dann auch klargemacht, auf welcher Seite wir stehen. Einfach, um zu sagen: Wir sind zwar eine Partyband, aber wir haben auch eine ganz klare Meinung.

Ihr macht vor allem schnelle und tanzbare Musik, habt aber wie in „Letzter in der Disko“ auch eine ruhige Seite. Warum kommt diese so selten zum Ausdruck?

Gute Frage, ich habe auch schon gehört, auf der Platte seien viel zu viele Balladen. Für uns sind solche Songs nicht die Kernkompetenz, sondern eine Ergänzung. Bei einem Schmutzki-Konzert kommt es vor allem darauf an, dass HalliGalli ist. Es muss schnell und dreckig sein. Die Leute müssen durcheinanderwirbeln. Wenn wir zwischendurch einen ruhigen Song bringen, kann es die ganze Atmosphäre noch verdichten und Emotionen hineinbringen. Wir werden aber nicht zu einer Band verkommen, wo jeder zweite Song eine Ballade ist. Es soll hauptsächlich laut und wild bleiben.

Wie war es im Oktober bei Circus HalliGalli? Dort durftet ihr ja aus der Telefonzelle stürmen…

Das war völlig skurril. Es war nett und auch Joko und Klaas waren total nett. Aber es ist halt Fernsehen und sehr durchgeplant. Es ist ganz anders, als bei einem Konzert. Dort stehst du auf der Bühne und alles, was du dort tust, wird direkt und sofort den Leuten sichtbar gemacht. Fehler kannst du nicht rückgängig machen und wenn du dumm aus der Wäsche schaust, sieht es sofort jeder. Fernsehen ist ganz anders, da alles zusammengeschnitten  ist. Während wir aus der Telefonzelle gesprungen sind, wussten wir gar nicht, was davon später aus welchem Blickwinkel zu sehen sein wird. Es war eine merkwürdige, aber lustige Erfahrung.

 


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