Shitney Beers – This Is Pop, GHvC 2022
Stetig und beharrlich hat sich Maxi Haug a.k.a. Shitney Beers mit ihrem letzten und ersten Album Welcome To Miami von 2021 zunächst ihren Platz auf den Plattentellern, dann den Gehörgängen und schließlich in den Jahresbesten Listen geschlichen.

War Welcome To Miami schon ein recht selbstbewusster Titel für jemand aus Mannheim, so toppt das neue Album mit dem Titel This Is Pop diesen Größenwahn noch. Aber wieso eigentlich Wahn? This Is Pop ist groß! Natürlich ist es das, und wer sollte da etwas anderes erwartet haben? Dabei beeilt sich das Album sofort um Understatement, denn das Cover ist schlicht in Weiß gehalten und nur in krakliger Schrift prangt der Titel in der Mitte des Artwork.
Pop! Das war einmal ein so großes Wort, mehr noch, ein Versprechen. Wie viel davon noch über ist, weiß ich nicht, aber This Is Pop bringt dieses Gefühl zurück. Nämlich, dass Musik mehr sein kann als Unterhaltung und inhaltsleere Soundgewänder, die nur dafür da sind, Eiscreme, Turnschuhe oder Konzerttickets zu verkaufen oder um als Pausenmusik im Stadion oder beim Autoscooter zu laufen. All das wird mit This Is Pop zum Glück nicht passieren und wer sich doch tatsächlich nur dafür interessieren sollte, muss hier gar nicht weiterlesen. Solche Personen werden es eh nie verstehen, was Musik bedeuten kann, was Maxi nur mit Gitarre und Stimme auslösen kann.
Da wäre beispielsweise die erste Single „Pop Queen“, die mit einem britischen 90er Jahre Schlacker-Pop Vibe in zweieinhalb Minuten gute Laune verbreitet. Oder das grungige „Hun So Low“. Los geht das Album mit dem akustisch-getragenen „Advice Song“, eine Art Disclaimer für This Is Pop, in dem es viel ums Scheitern geht. Denn alle scheitern. Vor allem Götter und das dann meistens gewaltig. Befand sich auf Welcome To Miami bereits ein Märchen, geht Maxi nun noch einen Schritt weiter und wird offensiver, wenn sie in „Callisto“ die Göttin Artemis sich bei der Nymphe Callisto entschuldigen lässt. Diese wurde von ihr gevictim-blamed, danach in eine Bärin verwandelt und zum Sternenbild des Großen Bären metamorphosed.
Zwar befinden sich mit „Pop Queen“ und „Hun So Low“ zwei treibende Smasher auf This Is Pop, dennoch ist der Großteil es Werkes akustisch geprägt, in den intimsten Momenten sogar nur von Maxis Stimme und einer gezupften Gitarre getragen. Und dann ist da noch das Zwischending und Albumhighlight „Peaches Song“ mit der Zeile: „I’ve tried to fuck the pain away“, nur um sich anschließend vor der Künstlerin Peaches zu verneigen und die Wörter: „peaches style“, hinterher zu schieben. Musikalisch auch hier wieder ein simpler Beat, ein Rhythmus und ein kleines Picking, klingt nach nicht viel und bedeutet alles. Selten gab es vielleicht Musik, die mit so wenig so viel machen konnte. Oder vielleicht ist es doch eine Menge und wirkt einfach nicht so. Either way, wie manche Menschen auf der Welt so schön sagen, es ist und bleibt genial.
Genau wie „Friend“, in dem die Stimme so nah ins Mikro genuschelt wird, das ich denke, Maxi sitzt neben mir und konzentriert sich gerade darauf, eine Zigarette zu drehen, statt auf die Beichte schlecht im Pflegen von Freundschaften zu sein, was damit im Grunde ja bewiesen wäre, aber sich so natürlich nie zugetragen hat. Da ist es aber wieder, dieses Scheitern. Da muss schon die Frage gestattet sein, wie so ein Album überhaupt mit dem Thema Scheitern in Verbindung gebracht werden kann. Da schließt sich ein Kreis, denn es kann nur Pop sein, wenn eben nicht alles glitzert und glänzt, selbst wenn RTL Explosiv uns das so verkaufen will. Pop muss ehrlich sein, Pop muss leidenschaftlich sein, Pop muss Empathie besitzen und Pop muss sich was trauen. Und wenn all diese Punkte auf ein Album zutreffen, dann kann laut gerufen werden: „This Is Pop!“
This is Pop, Punkt.
Shitney Beers – This Is Pop erscheint am 9. Dezember bei Grand Hotel van Cleef
Am 4. Dezember tritt Shitney Beers als Support von Thees Uhlmann und Band im Tower auf und am 22. Februar 2023 als Headliner an gleicher Stelle.
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