„Das Album ist eine Findungsreise“

Beim Rocken am Brocken Festival im Sommer haben wir uns mit den bayrischen Newcomern und Durchstartern von Kaffkiez unterhalten.

Foto: Dominik Drossar

Bremen. Mit unpolierter Ehrlichkeit und stampfender Energie machen sich die fünf Jungs von Kaffkiez seit 2020 über Indie-Deutschland her. Trotz Pandemie erstürmt sich die Band rasant Plätze in großen Radiosendern, Playlisten und den Herzen vieler deutscher Indiehörer*innen. Dabei transportieren die Rosenheimer ihre Lebensfreude und ansteckende Energie nicht nur in ihren Songs, sondern auch unmittelbar auf die Bühne. Anfang August haben wir beim Rocken am Brocken Festival im Harz Sänger und Gitarrist Johannes Eisner und Keyboarder Johannes Gottwald getroffen.

Im letzten Sommer habt ihr auf der Breminale euer bisher einziges Konzert in Bremen gespielt. Habt ihr noch Erinnerungen an den Tag und an den Auftritt?

An den Auftritt haben wir auf jeden Fall noch Erinnerungen, an die Party danach nur noch so halb (lachen). Wir haben nach dem Konzert ein paar Bremer Leute getroffen, die uns in eine Bar in der Nähe geschleppt haben.

Heute habt ihr zum ersten Mal beim Rocken am Brocken gespielt, der Auftritt ist jetzt 2,5 Stunden her. Wie war’s für euch?

Sehr geil! Vor allem, weil die Leute direkt ab dem ersten Song voll da waren. Bei Festivals sind oft viele Leute, die noch nie von uns gehört haben, die man erstmal warmspielen muss. Das hat es heute gar nicht gebraucht.

Welche Verbindungen habt ihr als bayrische Band in den hohen Norden?

In Bremen waren wir bisher nur einmal kurz, aber die Stadt klingt für mich schon nach Meer, auch wenn es noch ein Stück weg ist. Im Norden ist der Hamburger Kiez als der wohl bekannteste Kiez irgendwie Teil unseres Namens. Wir haben uns den Namen nicht aus Hamburg rausgezogen, aber wenn man an „Kiez“ denkt, verbindet man damit schnell Hamburg.

Als ihr letztes Jahr in Bremen gespielt habt, hattet ihr erst ein Jahr Erfahrung als Kaffkiez gesammelt, aber schon fast ein Jahrzehnt auf der Bühne gestanden. Wie macht sich das heute bemerkbar?

Wir sind alle keine studierten Musiker. Als Band, die keine Backing Tracks verwendet und nicht auf ein „Klick“ spielt, braucht es einfach Zeit, sich einzugrooven. Mittlerweile kennen wir alle unsere Stärken und Schwachstellen. Das macht sich nach acht, neun, zehn Jahren zusammen einfach sehr bemerkbar. Die Live-Erfahrung hat uns sehr in die Karten gespielt, die Bühnenerfahrung macht viel aus.

Wie habt ihr euch als Band zusammengefunden?

Wir haben die Band vor zehn Jahren zu zweit gestartet, dann gab es ein paar Wechsel und die Musiker der heutigen Besetzung kamen mit der Zeit dazu. Wir sind also über die Jahre gewachsen und kommen nicht aus unterschiedlichen Bands. Das Projekt Kaffkiez haben wir dann gemeinsam 2020 gestartet.

Gerade seid ihr jedes Wochenende unterwegs, vor kurzem habt ihr sogar vier Festivals in 48 Stunden gespielt. Wie ist das machbar?

Viel Kaffee, viele Energy-Drinks und eine gute Vorbereitung. Wir wussten, dass das Wochenende hart und krass wird und dass wir auf manche Sachen verzichten müssen. Bei so einem Pensum ist dann natürlich nicht viel mit Aftershow-Party. Inzwischen haben wir eine eingespielte Crew, wenn jeder hilft, ist so ein heftiges Wochenende schon möglich.

Die Leoniden haben das auch mal gemacht, das Rocken am Brocken war sogar eines der vier Festivals. Damals haben sie geprobt, ihren Van zu beladen. Gab es das bei euch auch?

Nein, es gab einfach sehr klare Ansagen: „Jungs, wir haben genau eine Stunde, um auf dem nächsten Festival zu sein.“ Da musste halt jeder Gas geben. Wir sind gerade ja sehr viel unterwegs, also sitzt jeder Handgriff – es muss dann bloß noch schneller gehen.

Gibt es schon körperliche oder musikalische Abnutzungserscheinungen bei so einem Pensum?

Klar, so ein Körper schreit schon manchmal nach Pause. Nach vier Festivals in 48 Stunden ist das natürlich extrem. Wir kommen gerade nicht in die Position, das verarbeiten zu können, weil es ständig weitergeht. Am Ende des Jahres werden wir uns bestimmt auf eine Couch setzen und denken: „Fuck, was war das für ein Jahr!“

Nächsten Monat erscheint euer Debütalbum „Alles auf Anfang“. Mit welchen Gefühlen blickt ihr auf den Release?

Wir sind ultragespannt, hyped und freuen uns krass darauf. Ein eigenes Album ist ein Lebenstraum von uns allen. Natürlich ist auch Aufregung dabei, wie es ankommen wird und ob die Leute es genauso feiern wie wir. Aber da sind wir alle ganz optimistisch.

Werden auf dem Album noch neue Facetten präsentiert, die in den Singles nicht enthalten waren, oder ist euer Sound schon fertig ausgereift?

Es ist schon ein Album, auf dem wir uns selbst entdeckt haben. Kaffkiez war ja auch für uns ein komplett neues Projekt. Mit „Nie allein“ ging es ohne große Vorbereitungszeit oder weitere Pläne direkt los. Deshalb haben wir die beiden Jahre gebraucht, um uns musikalisch selber zu finden. Das Album ist eine Findungsreise und das hört man. Ich bin mega happy, dass es genau so geworden ist.

Gestern hat Faber hier auf dem Festival gespielt, inwiefern würdet ihr sagen, dass er wichtig für eure Entwicklung war?

(lachen) Wir haben ja dieses eine Cover von „Top“. Das ist auf Social Media letztes Jahr schon auf eine Art und Weise viral gegangen und hat uns teilweise Türen zu neuem Publikum geöffnet, also Shoutout an Faber!

Ist es manchmal anstrengend, neben der Musik und Auftritten ständig alle Social Media-Kanäle mit Content zu bespielen?

Ja, definitiv! Wenn du auf einem Festival bist, machst du es meistens mit etwas Delay am nächsten Tag. Aber du hast nur eine gewisse Zeit, um dieses Momentum zu halten, in dem die Leute auf Konzerttermine aufmerksam werden oder Beiträge der Shows sehen wollen, auf denen sie selbst dabei waren. Es gehört natürlich zum Musiker-Dasein dazu, da muss sich jede Band drauf einstellen und damit klarkommen. Durch die letzten Jahre mit Corona ist es nochmal viel wichtiger geworden.

Eine Frage mit Augenzwinkern jetzt exklusiv aus Bremen für Gotti: Erstmal Gratulation zum Master-Abschluss! Sind deine Eltern stolz, dass du stattdessen Glühwein am Brandenburger Tor trinkst und Musiker bist?

(lachen) Ah, ja, danke! Das war sogar mit Tristan von Raum27. Sehr schön! Sie haben uns übrigens vom Festival hier erzählt und gesagt, dass es wild wird am Brocken. Und klar, meine Eltern sind natürlich froh, dass ich in dem Sinne ein bisschen abgesichert bin für später, aber sie finden es auch cool, was wir machen und unterstützen das. Das ist total wichtig, wenn du dieses Rückgrat von Zuhause nicht hast, würden viele Sachen schwerer fallen.

Anfang November tretet ihr in Bremen im Modernes auf. Worauf können sich die Fans auf eurer Tour freuen?

Sie können sich auf ein sehr energiegeladenes Konzert einstellen. Wir haben ultra Bock, Party zu machen und abzureißen. Exklusiv in Bremen haben wir sogar Raum27 als Support dabei. Das wird ein sehr guter Abend!

 


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