Wuchtige Frauenpower!

Am vergangenen Freitag machten My Ugly Clementine mit ihrem Support Blush Always zur Halbzeit ihrer „THE GOOD LIVE-Tour 2024“ halt im Lagerhaus.

Bremen. Mit Blush Always hatte das Bremer Publikum eine Künstlerin vor sich auf der Bühne, die erst letztes Jahr ihr Debüt-Album „You Deserve Romance“ veröffentlichte. Ein quirliges, aber ernstzunehmendes Bild ergab sich aus ihrem Auftreten im langen rot-weißen Ringelkleid und dunkler Schlaghose, dazu ihre E-Gitarre. Via Handyplayback wurden die Drums und die Background-Sounds gespielt. Neben ihr ein alter, kleiner Röhrenfernseher mit ihrer Aufschrift in Neonfarben. Dieses Setup in Kombination der Location Lagerhaus funktionierte in dieser reduzierten Version hervorragend als Support-Act. Sie selbst sagt dazu, dass das der Situation, als die Songs entstanden sind, am nächsten kommt. Reduziert eben. Ihre rockigen Balladen, voll mit Powerchords und leichter Verzerrung auf der Stimme an den richtigen Stellen, bringen die Emotionen so geladen rüber, wie eine harte Böe, die dich erfasst und in beständig, kräftig wehenden Wind übergeht. Deutliche Einflüsse aus Grunge und Punk kombiniert sie mit Themen, wie dem Beleuchten von modernen Paarbeziehungen, dem Erwachsenwerden oder dem Gefühl, lieber drinnen bleiben zu wollen. Die Musikerin sagt, dass alleine Auto zu fahren und dabei die eigene Musik laut zu hören, ganz schön romantisch sei. Die Aussage „Music is a feeling“, aus ihrem Song „Oddly Romantic“, fügt sich absolut passend in die Situation ein, allein im Auto zu sein und die Kilometer abzureißen von Auftritt zu Auftritt.
Bei einem medizinischen Zwischenfall unter den Zuschauern im hinteren Bereich, wird rücksichtsvoll, schnell unterbrochen und sich erkundigt, ob sich gekümmert wird und es der betroffenen Person soweit gut geht. Nach ein paar Minuten konnte die Künstlerin ihre Pre-Show fortsetzen.
Blush Always ist wieder ein Beweis dafür, wie häufig Künstler- und Musiker:innen beim Publikum unter dem Radar existieren und man sich freut, positiv überrascht zu sein, wenn diese als Vorband auftreten und man neue Musik für sich entdeckt hat.

Kurzes Zwischenfazit: Während der gesamten guten halben Stunde, in der die Künstlerin auf der Bühne war, waren viele Gespräche in hörbarer Lautstärke im “Hintergrund“ zu vernehmen. Das ging schon über die gewöhnlichen, kleinen Kommentare oder Anmerkungen, die man seiner Konzertbegleitung mitteilen möchte oder die Bestellung des nächsten Getränks an der Bar hinaus. Dieses Verhalten ist mir nicht nur bei diesem Konzert aufgefallen, wenn der Support-Act oder die Support-Band spielt, sondern auch bei vielen weiteren. Ich persönlich empfinde es nicht fair den Künstler:innen gegenüber. Ob das jetzt die der oder die Künstler:innen sind, für dich ich hergekommen bin und bezahlt habe oder nicht, spielt keine Rolle. Die performenden Personen auf der Bühne verdienen einfach die volle Aufmerksamkeit des Publikums.

Im Schwarzlicht betreten dann My Ugly Clementine die Bühne. Neonfarbene Schminke im Gesicht und an verschiedenen Körperstellen auf der Kleidung ebenso neonfarbene Klebestreifen. Thematisch findet sich das auch auf ihrem Bühnenequipment und ihren Instrumenten wieder. Das Album zur Tour „The Good Life“ erschien 2023. Einige der Songs spielten die Musikerinnen aus Wien bereits beim Hurricane-Festival im vergangenen Jahr. Bereits da schrieb ich: „My Ugly Clementine … punkten mit ihren starken Songs, die Statements setzen.“ Diesen Eindruck schafften sie zu mit ihrer Show im Lagerhaus mehr als zu bestätigen und festzunageln. Weiter schrieb ich: Die Band… „positioniert sich damit gegen das Ausnutzen von Machtstrukturen.“ Auch die Vorwürfe gegen den Rammstein-Frontmann bleiben nicht unerwähnt.
Die Aussage, die sie in Scheeßel auf der Festivalbühne tätigten, „NO! Is a full sentence.“ ist nach wie vor Teil ihrer Haltung und entspricht den souverän, starken, emanzipierten Frauen, die sie sind und wie sie sich nach außen hin präsentieren.
Die Verbindung zwischen dieser Haltung und den Neonstreifen am Körper sollte allerspätestens jetzt klar sein. Der Song „NO“ setzte in ihrem Live-Set da einen guten Höhenpunkt. Einem Kriegsschrei gleichend wurde dieses namensgebende Wort von den Musikerinnen und dem Publikum gleichermaßen laut ausgerufen.
Die bekannteste Single „Who“ durfte zum Finale des Auftritts nicht fehlen. Mit der Zugabe und spielen des Covers von „What’s Up?“ (4 non Blondes) setzten sie dem Besuch in Bremen die Krone auf.
My Ugly Clementine sind als Solo-Show live nochmal so viel wuchtiger, als “auf Platte“ und haben sich mit ihrer Musik und Texten eine treue Fangemeinschaft aufgebaut. Es lohnt sich, diese Kombination aus Feminismus, Indie und Garage-Rock live anzuhören.

 


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