„Wir haben uns getraut, das Augenzwinkern wegzulassen“

Drens veröffentlichen ihr Debütalbum „Holy Demon“ und treten damit im September in Bremen auf. Darüber haben wir mit Sänger und Gitarrist Fabian Livrée gesprochen.

Foto: Leonie Scheufler

Dortmund. Ihre Debüt-EP „Pet Peeves“ brachte der Dortmunder Band Drens vor zwei Jahren ausverkaufte Shows und sogar einen Festivalsommer ein. Selbst im Jahr 2020 konnten sie via Stream auf dem Eurosonic in Groningen spielen und die deutsche Netflix-Erfolgsproduktion „How To Sell Drugs Online (Fast)“ nutzte einen ihrer Songs als Soundtrack. „Holy Demon“ ist nun der Name des ersten Studioalbums von Drens und ist gestern erschienen. Sänger und Gitarrist Fabian Livrée hat uns dazu kürzlich ein paar Fragen beantwortet.

Am 20. Mai erscheint euer Debütalbum „Holy Demon“. Wie würdet ihr eure Musik selbst beschreiben?

Irgendwann fiel mal das Label Surf-Punk, auf dem Album kommen auch Grunge-Einflüsse hinzu. Ich finde, energetische Gitarrenmusik beschreibt es recht treffend.

Zum früher schwerpunktmäßigen Surf-Punk ist eine große Portion Alternative dazugekommen. Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Wir haben uns bei dem Album mehr getraut, das Augenzwinkern wegzulassen. Das Album hat hier und da seine düsteren Momente, gerade im Vergleich zu den Songs vorher. Es sind Einflüsse, die wir schon immer gut fanden, und durch die jetzige Situation im Songwriting hat es sich sehr organisch ergeben, es war nichts geplantes.

Das Songwriting nehme ich als etwas reifer als bei den früheren, oft recht kurzen und manchmal chaotisch wirkenden Songs wahr – seht ihr das ähnlich?

Das kann man durchaus so sagen. Es passt vielleicht ganz gut zum fehlenden Augenzwinkern. Früher hatten die Texte zwar manchmal auch schon einen düsteren und ernsteren Subtext, als man auf den ersten Blick gelesen hat. Jetzt haben wir zugelassen, dass es auch musikalisch mal heavy sein kann, wir waren ein Stück weit ehrlicher zu uns beim Songs schreiben.

Zehn Titel sind auf eurem Debütalbum enthalten, das den Titel „Holy Demon“ trägt. Wie fühlt ihr euch gerade, so kurz vor dem Albumrelease?

Es ist für uns sehr besonders, dass am 20. Mai unser Debütalbum erscheint. Wir haben lange darauf hingearbeitet. Dieses Album war für uns während der Pandemie ein Projekt, das uns verbunden hat – in einer Zeit, in der man sich auf einmal nicht mehr viel gesehen hat, nachdem man vorher extrem viel Zeit zusammen verbracht hat. 2019 haben wir so viel live gespielt und auf einmal brach das weg. Das Album war der Klebstoff, der uns kreativ und emotional zusammengehalten hat. Jetzt erscheint es endlich, die Tour steht an und wir können alles nachholen, was in den letzten zwei Jahren gefehlt hat. Wir können es wirklich kaum erwarten!

Wer sind die im Albumtitel angesprochenen, heiligen Dämonen?

Das sind die Dämonen, die wahrscheinlich jeder von uns in sich trägt. Sie sind sinnbildlich für Konflikte, die man mit sich austrägt und die einem im Weg stehen, oder irrationale Ängste, die man nur schwer überwinden kann. Bei mir war es ein Trauerfall, den ich nicht überwinden konnte. Irgendwann war diese Trauer für mich fast schon eine Universal-Entschuldigung, wenn etwas nicht geklappt hat oder ich es gar nicht erst versucht habe. Ich habe mich da sehr reinziehen lassen und dadurch ist mir dieser Dämon, diese innere Kampf, auf eine Art heilig geworden.

Deshalb ist auf unserem Albumcover auch der Boxer, der von einem Dämon gehalten wird. Songs zu schreiben ist gleichzeitig der Austausch innerhalb unserer Band, darüber zu sprechen, was uns gerade bewegt und was wir fühlen. So habe ich es wieder geschafft, die Position des Boxers einzunehmen und mich aus der Starre und der düsteren Lage gelöst und herausgearbeitet. Auf dem Album haben mehrere Tracks damit zu tun, wie man mit inneren Konflikten umgeht. Deshalb ist „Holy Demon“ am Ende der Titel des Albums geworden.

Die zweite Single „Record Store“ besingt das Auseinanderdriften zweier Menschen. Wie schwer fällt es euch loszulassen, sei es an Menschen, Ideen oder Wünschen?

Mir persönlich fällt es extrem schwer, loszulassen. Ich denke eher daran, was ich verliere und nicht daran, was ich vielleicht gewinnen könnte. Nicht nur, wenn eine Beziehung zu Ende geht. Ich bin jemand, der eher festhält.

„Stealing All The Air“ ist der Soundtrack des Nicht-Vorankommens. Hattet ihr im Entstehungsprozess des Albums Momente des Scheiterns und wie habt ihr sie gelöst?

Schreibtechnisch hatten wir dieses Gefühl nicht. Wir mussten durch den leichten Stilwechsel und neue Einflüsse auf den Schreibprozess zwar herausfinden, wohin es gehen soll, aber dabei sind wir relativ produktiv geblieben. In die Kerbe des Nicht-Vorankommens schlägt, dass wir im Songwriting und der Albumproduktion die ersten beiden Lockdowns erlebt haben. Damit hat das bedrückende Gefühl der Pandemie auch Einzug in das Album erhalten.

Welchen Einfluss hat euer Produzent Sebastian „Zebo“ Adams, der schon für Bilderbuch das ikonische Klangbild von „Schick Schock“ entwickelt hat, auf eure Musik?

Auf jeden Fall einen großen Einfluss. Bevor die Aufnahmen richtig losgegangen sind, kam Zebo für eine Woche in unseren Proberaum nach Dortmund und wir haben die Songs auseinandergenommen. Zebo achtet sehr auf Details und hat schnell verstanden, in welche Richtung die Musik gehen soll. Dass die Songs reifer wirken, hat auch etwas mit ihm zu tun. Gerade soundtechnisch hat er extrem tolle Vorstellungen gehabt, die wir gemeinsam gegangen sind.

Die Single „All My Friends Got Time” eurer vorangegangenen EP wurde im Soundtrack von „How To Sell Drugs Online” verwendet. Wisst ihr noch, wie es zu der Zusammenarbeit kam oder wie ihr davon erfahren habt?

Wir kannten die Serie vorher, haben sie geguckt und fanden sie cool und auf einmal wurden wir gefragt, ob unsere Musik darin verwendet werden kann. Das war ziemlich krass für uns. Als die Staffel erschienen ist, waren wir gerade alle zerstreut im Urlaub und hingen trotzdem an unseren Handys, weil an dem Tag einfach so viel passiert ist. Ich saß gerade auf einem Campingplatz in Frankreich und habe mich einfach gefreut, das war ein schönes Gefühl.

Ich habe euch im November 2018 als Vorband von Brett im Tower Musikclub und genau ein Jahr später an gleicher Stelle als Vorband von Van Holzen gesehen. Welche Erinnerungen habt ihr noch an die Auftritte?

Bei beiden Konzerten war es schön, dass sich Leute dafür interessiert haben, was wir machen und danach noch lange beim Merch standen. Generell haben wir Bremen als sehr offenherzig erlebt. Das Team vom Tower war auch super lieb. Dementsprechend freuen wir uns, im September wieder nach Bremen kommen zu dürfen, dann endlich mit eigener Tour. Wir wissen die Supports sehr zu schätzen, aber auf eigener Tour ist es noch ein anderes Level.

Am 15. September tretet ihr selber in Bremen im Kulturzentrum Lagerhaus auf. Gibt es abgesehen von den beiden Support-Auftritten noch eine Verbindung nach Bremen oder Anekdote oder Erinnerung im Zusammenhang mit der Stadt?

Es gibt in Bremen die Rollos, so einer wird auf jeden Fall wieder verputzt, wenn wir da sind. Nach einem der letzten beiden Konzerte sind unser Bassist Patrick und ich damit noch lange durch die Stadt gelaufen. Es war einer dieser Abende, an denen alles fertig und erledigt war und wir uns richtig befreit unterhalten konnten. Wir saßen lange am Deich und konnten links in der Ferne das Weserstadion sehen. Ansonsten denke ich regelmäßig an Bremen, da ich großer Fußball-Fan bin und mir die Sendung von Arnd Zeigler immer anschaue.

Am 15. September stellen Drens ihr Debütalbum „Holy Demon“ live im Kulturzentrum Lagerhaus vor. Tickets für das Konzert gibt es im Vorverkauf.

 


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