Uhlmanns Dauerdienst: Doppelschicht im Tower

Es sind kollektive Urschrei-Konzerte: Thees Uhlmann präsentiert sein „100.000 Songs“-Live-Album im Bremer Tower Musikclub

Thees Uhlmann im Tower. Foto: pfa

Bremen. Ihr kennt das. Mehr als zwei Jahre Corona-Pandemie haben uns in den eigenen vier Wänden Musik hören lassen. Vielleicht auch mal leise mitsingen lassen. Und jetzt? Auch wenn es schon seit Monaten wieder Konzerte gibt, sind da immer noch die Menschen, die das erste Mal wieder einen Live-Auftritt sehen. Und dann ist da Thees Uhlmann. Im Dauerdienst. Zwei Konzerte an einem Sonntag im Bremer Tower Musikclub. Beide Konzerte ausverkauft. All das führt dazu, dass es im Prinzip ein kollektives Urschrei-Konzert wird. Fast schon hypnotisch, kommt es zu diesem erlösenden, lauten Zustand: ein gemeinschaftliche Mitgrölen, Mitsingen. Ab dem ersten Song, der ersten Zeile.

Uhlmann stellt sein Live-Album „100.000 Songs – Live in Hamburg“ in Bremen vor. Und ab dem ersten Wort des Songs „100.000 Songs“ singen im Tower alle mit. Klingt nach einer Phrase, ist aber so. Noch lauter wird es beim zweiten Stück „Danke für die Angst“ und sowieso, später bei den alten Tomte-Songs „Ich sang die ganze Zeit von dir“ und „ Schreit den Namen meiner Mutter“. War das vor Corona auch schon so krass? Also dieses Massensingen?

Uhlmann spricht ja auch nur von einer Masse. Immer wieder ist die Ansprache an den Tower gerichtet. Hier werden also mit Absicht nicht die Menschen, die Gäste, die Besucherinnen und Besucher, die Bremerinnen und Bremer angesprochen. Nein. Der Club. Der Laden. „Ey Tower, darf ich rappen?“ Es ist halt das Kollektiv gemeint. Die mit dem Club verschmolzenen Menschen. Das alles, was zur zur Anlage, zur Bar, zum Inventar gehört. Die Gesamtheit ist gemeint. Die Wände, der Boden, das Licht. Der Schweiß, der Geruch. All das. Alles gehört dazu. Die Geschichte, die zum Tower gehört. Und alle, die das Einatmen. Alles eine Einheit. Der Tower.

Zur Begrüßung bepöbelt Uhlmann die Bremer trocken aber liebevoll. „Gott schuf das alles an sieben Tagen. Und so sieht Bremen auch aus“, sagt er. Oder: „Wenn man durch den Hauptbahnhof läuft, denkt man doch, die Welt geht unter“, sagt er. Doch dann sehe er die ganzen normalen Gesichter und fühle sich einfach wohl. Und er stimmt an: „Ich werde nie, einen Glühwein vorm Hauptbahnhof in Bremen trinken“, um dann den Song Avicii zu spielen.

Es sind die Ansagen, die Interaktion, das Entertainment das neben der Musik die Konzerte von Uhlmann so einzigartig sein lässt. Geschichten über das Altern, über seine Tochter, die Zahnlücke, seine Zeit als Dorfpunk, die Storys aus Hemmoor. Darauf ein Bier. Für Uhlmann einen Weißwein. Und dann die Frage: Wer interessiert sich eigentlich noch für Rock‘n‘Roll? Es sind vor allem die Ü40-Besucher, darunter viele Eltern.

Übrigens: Es sind die letzten beiden Konzerte der Thees-Uhlmann-Minitour. Auch zuvor oft mit zwei Konzerten am Tag. Der Dauerdienst hat Spuren hinterlassen. Sagt der Sänger auch selbst. Aber es ist alles besser als ne Kniffel-Runde oder der Tatort am Sonntag.

Auch besser: Shitney Beers als Support. Sie wird laut eigener Aussage in Hamburg für eine Bremerin gehalten. Sie begeistert an diesem Abend einige. Zumindest schleppen viele ihr neues Album aus dem Tower. Sie sagt ironisch, dass sie sofort nach Bremen ziehen würde, wenn jemand eine Wohnung für sie hat. Nur Bier trinken ist mit ihr nicht drin: Sie trinkt nur noch Wasser. Und: Ein Interview mit Shitney Beers haben wir hier.

Die Setliste
100.000 Songs
Danke für die Angst
Die Toten auf dem Rücksitz
Zugvögel
Die Nacht war kurz (ich stehe früh auf)
17 Worte
Das Mädchen von Kasse 2
Kaffee & Wein
Lat: 53.7 Lon: 9.11667
& Jay-Z singt uns ein Lied
Ich sang die ganze Zeit von dir (Tomte song)
Katy Grayson Perry
Avicii
Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf

Zugaben
Römer
Fünf Jahre nicht gesungen
Schreit den Namen meiner Mutter (Tomte song)
Ein Satellit sendet leise

Seht euch hier unsere Konzertfotos an:


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