Superfunkypartytime – Zwischen Hip Hop und Indie

So war der Samstag beim Deichbrand Festival 2018 in Cuxhaven/Nordholz.

Deichbrand Festival (c) lorenz

Cuxhaven/Nordholz. Wer um 12 Uhr noch müde ist, kann sich jetzt zu Le Fly wach tanzen. Zwar ist das Publikum zu früher Stunde noch überschaubar, dafür geht dieses umso mehr zur Musik ab. Der Stil von Le Fly erinnert an eine Mischung aus Seeed und den 257ers. Auf der Bühne sind zwei Schlagzeuge und verschiedene Bläser zu sehen, die immer wieder bekannte Melodien zum Besten geben, zum Beispiel „Ghostbusters“. Spätestens nach diesem Auftritt sind dann alle Zuschauer wach.

Rogers – Deutschsprachiger Punkrock vor einigen Besuchern, die sich früh aus ihren Zelten in die Mittagshitze gewagt haben. Die Sonne knallt, am Himmel ist nicht eine Wolke. Springende Fans mit Pyro-Stangen feiern ganz vorne vor der Bühne. Bei einem Solo-Song mit Akustik-Gitarre setzen sich dann plötzlich alle Besucher auf den Boden. Ein ruhiger Punkt mitten in einem lauten Konzert. Es folgt Crowdsurfing mit Gitarre und eine riesige Polonaise durch den vorderen Pit.

Die Bilder vom Samstag gibt es hier, Texte und Fotos aller anderen drei Tage in unserem Deichbrand-Dossier.

Um 14 Uhr gibt es dann im Palastzelt die zweite Vorrunde vom Poetry Slam zu sehen. Insgesamt können die neuen acht Künstler nicht an das Niveau vom Vortrag anknüpfen, den einen oder anderen guten Text bekommen die Besucher des Zeltes aber zu hören. Jetzt stehen alle Teilnehmer für das Finale fest und wir sind gespannt, wer sich am Sonntag gegen seine Konkurrenten durchsetzen kann.

Nach dem Poetry Slam geht es im Palastzelt mit Monsters of Liedermaching weiter. Zumindest mit fünf Mitgliedern der eigentlich sechsköpfigen Gruppe. Schon bevor die Künstler die Bühne betreten, gibt es immer wieder „Monsters“-Schlachtrufe aus dem Publikum zu hören, hier finden sich sehr viele Fans wieder. Die Stimmung im Zelt ist sehr gut, es gibt Pogo im Sitzen und selbst ein Security singt einige Lieder mit. Im Anschluss an den Auftritt von Monsters of Liedermaching spielen sich kuriose Szenen ab. Ein Security lässt sich bestechen: für eine Massage verteilt er im Publikum Wasserflaschen.

Von Wegen Lisbeth: Eines Tages Headliner? Die Berliner Band wird frenetisch bejubelt und der Platz vor der Hauptbühne ist nach hinten brechend voll. Alle wollen die jungen Durchstarter sehen. Es ist ein erfrischendes und leichtes Konzert, das uneingeschränkt Spaß macht.

Im Anschluss wandern die Massen weiter zu Kontra K. Als der weiße Vorhang fällt, erscheint eine alte Häuserfassade als Kulisse, davor die Live-Band des Rappers. Hip-Hop ist dieses Jahr gefragter denn je.

Der nächste Auftritt im Palastzelt. Der Rapper Yung Hurn ist motiviert, hüpft auf den Boxen vor der Bühne herum und spritzt Wasser ins Publikum. Auch sich selbst übergießt er des Öfteren mit Wasser, sodass es nicht lange dauert, bis das erste Mikrofon kaputt geht. Diesen Fauxpas überspielt der Österreicher aber gut, indem er zum Publikum an den Zaun geht und sich feiern lässt. Man kann von seiner Musik halten, was man möchte, aber es macht auf jeden Fall Spaß, Yung Hurn bei seinem Auftritt zuzusehen. Gegen Ende spielt er dann mit „Bianco“  seinen bisher größten Hit.

Editors: Die Briten ziehen anders als die Voracts nicht nur größtenteils jugendliches Publikum an, auch viele ältere Musikliebhaber sind nah an der Bühne. Insgesamt sind es aber weniger als bei den beiden Vorgänger-Acts. Sänger Tom Smith wirft seine ganze Energie in den Auftritt. Ein kraftvolles Konzert für Freunde von ehrlichem Indie-Rock. Der Gesang bei „No Harm“ und „Violence“ ist sehr gefühlvoll, energisch dagegen der Sound bei „Papillon“ und „Munich“. Ganz und gar Musik zum Versinken.

Kettcar, DIE Redaktionslieblinge spielen am frühen Abend, Sänger Marcus Wiebusch begrüßt das Publikum minimalistisch mit „Kettcar. Hamburg. Die Deiche brechen richtig“. Früh wird der Wahnsinns-Track „Sommer 89“ gespielt, Applaus und Sprechchöre gibt es für das folgerichtige Statement „Humanismus ist nicht verhandelbar. Niemals!“ Später herbeigesehnt wie befürchtet: Der Emo-Block. Soll heißen: Zwei Liebeslieder am Stück, die nicht alle gut ausgehen. Bei „48 Stunden“ steht am Ende der Fernbeziehung des Protagonisten die Trennung. Es kommt eine schöne Frühabend-Stimmung auf, man hat das Gefühl, hier sind Fans versammelt und das oft störende Festival-Saufpublikum bleibt draußen. Bei „Auf den billigen Plätzen“ setzen sich die Besucher auf den staubigen Boden, bei „Der Tag wird kommen“ von Marcus Wiebuschs Soloalbum machen sie die typischen Rap-Bewegungen. Der Sänger hat allerdings nicht seinen besten Tag, was sich in verpassten Einsätzen und einem Texthänger bemerkbar macht. Das große Finale bei „Landesbrücken raus“ setzt nach 60 Minuten den freudigen Schlusspunkt.

Nachdem das Palastzelt während des Auftrittes von Yung Hurn zum Bersten voll war, wird es vor dem Auftritt von Milliarden wieder etwas ruhiger. Das ist schade, denn die Band aus Berlin ist bereit, das Zelt abzureißen. Während des Songs „Berlin“ verschwindet Sänger Ben Hartmann im Moshpit. Auch Pianist Johannes Aue gibt am Mikrofon ordentlich Gas und schreit sich die Seele aus dem Leib. Die Spielzeit von 45 Minuten ist leider viel zu knapp, um alle guten Songs vorzutragen. Milliarden verweisen unter anderem deshalb auf ihre bald startende Tour, während der sie auch im Bremer Schlachthof spielen werden.

Warum spielt Joris eigentlich im Zelt? Es ist rappelvoll, vorne stehen die Besucher dicht gedrängt, um einige neue Songs des Popmusikers zu hören. Im Herbst erscheint das zweite Album des Singer-Songwriters. Bei der aktuellen Single „Signal“ wird kräftig mitgeklatscht.

The Killers: Sehr gut aufgebautes Set mit Konfettiregen zu Beginn und dem bekannten und beliebten „Somebody Told Me“ gleich nach dem Opener „The Man“. Sänger Brandon Flowers post viel und lebt die Musik. Abgerundet wird das Konzert durch eine facettenreiche Lichtshow mit Strobo-Effekten und Lasern, die die niedersächsische Nacht durchbrechen. Ideale Festivalmusik, die in keiner der 80 Minuten abflacht, gelungenes Spannungsfeld. Als Zugaben gibt es anschließend die beiden größten Hits „Human“ und „Mr. Brightside“, bevor sie sich mit einem Schlagzeugsolo verabschieden.

Bilderbuch: Der Late-Night-Act am Samstag spielt in einem Käfig, graue Stahlstangen grenzen die Bühne nach vorne ab. Sänger Maurice fordert bei „Sneakers4free“ die Besucher auf, ihre Schuhe auszuziehen und nach oben zu halten. Da diese im vorherigen Song „Spliff“ ihr Übriges getan haben, entsteht eine wohl einmalige Geruchs-Melange. Ansonsten steht das Konzert unter dem Motto des Songtitels „Superfunkypartytime“.


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