Nahost so nah – Bukahara wühlen auf

Das Konzert wird politisch: Die Kölner Band Bukahara mit emotionalem Statement, Zusammenbruch und berauschendem Auftritt im Bremer Pier 2

Bremen. Krass, aufwühlend, emotional. Aber auch authentisch, mit- und umreißend. Dieses Konzert, dieser Auftritt von Bukahara im Pier 2 war vieles. Zu viel für einen Abend? Zu viel für die Band? Zu viel für viele Besucher:innen? Das Konzert wurde politisch. Hoch politisch. Aber mal von vorne. Den ganz harten Brocken gibt es am Ende.

Da ist die Musik. Live ist diese vierköpfige Folk-Pop-Band aus Köln so viel besser als auf Platte. Weil der Gesang von Sänger Soufian Zoghlami nicht verzerrt ist. Weil die Stimme eindringlicher, klarer, schöner als die produzierte ist. Die Musik dieser Multi-Instrumentalisten ist live auf der Bühne so berauschend, weil sie handgemacht, echt und emotional ist. Weil hier auch alles mal etwas rauer, eckiger und mal mit kleinen Fehlern sein darf. Und zwischen den Zeilen sind die Texte dazu noch gesellschaftskritisch. Auf der Bühne spielt die multikulturelle Gruppe ihre Stärken aus, zelebriert ihre Soli (unter anderem ein unglaublich gutes Geigen-Solo). Und alle Bandmitglieder performen einfach. Die Hits kommen früh in ihrem Set: „Border“ gleich zum Start. Dann „Afraid no more“ und „In my Mind“. Und „Happy“ bereits in der Mitte des ganzen Auftritts. Da kommen die Hits-Hörer:innen gleich auf ihre Kosten. Und ab dem dritten Song singt auch das ganze Umland – und die Bremer und Bremerinnen – bereits mit.

Auch über das Publikum könnte man viel schreiben: Vielseitig trifft es wohl am besten. Um ein paar Klischees zu bedienen: jüngere und ältere Bremen-Zwei-Hörer:innen, internationale Cosmo-Radio-People, Festivalgänger:innen , viele Frauen und das in allen Altersklassen.

Doch die Geschichte des Abends ist eine andere: der Nahost-Konflikt und der Umgang damit. Bukahara ringen als Band mit dem Thema. Sie haben Mitglieder mit Verbindung nach Palästina und nach Israel.

Ahmed Eid (Bass, Percussion) ist Palästinenser aus Ramallah. Daniel Avi Schneider (Geige, Mandoline) ist jüdisch-schweizerischer Herkunft – sein Vater ist Israeli. Die beiden treten gemeinsam auch als Duo auf.

Inmitten der extrem aufgeheizten Stimmung zu der jüngsten Eskalation im Nahosten wollen und müssen sie sich äußern. Das führt am Ende sogar zum Zusammenbruch.

„Wir haben Empathie für alle Menschen, egal woher sie kommen“, sagt Avi. Es dürfe nicht sein, dass Juden und Jüdinnen Angst haben, durch die Straßen zu gehen, wenn sie erkennbar sind. Der menschenverachtende Krieg müsse aufhören. Man müsse den Palästinensern zuhören, sagt er.

Daraufhin spricht Ahmed: Es sei super, super schwer gerade auf Tour zu sein, während ein „Genozid in Gaza“ passiere. Das müsse sofort gestoppt werden. „Free Palestine“ ruft Ahmed laut in die Menge. Nach einem Song des Duos kommt dann der Zusammenbruch für die beiden. Sie bleiben kurz hinter der Bühne. Sänger Soufian Zoghlami spielt weiter. Er sagt: „Es ist so fucking intensiv alles“. Leider könne man nicht verhindern, dass das Weltgeschehen hier in die Halle komme.

Bei Instagram hat Bukahara geschrieben: „Als Israeli und Palästinenser, die wir für gemeinsame Werte einstehen, für den Frieden, die Würde und die Freiheit aller, ist es für uns unerträglich mit anzusehen, wie sich fast die gesamte deutsche Politik- und Kulturlandschaft nun bedingungslos an die Seite Israels stellt, während die dortige rechtsextreme Regierung einen Angriff gegen die Menschen in Gaza begonnen hat, von dem viele befürchten, dass er sich zu einem Massenmord genozidalen Ausmaßes entwickeln wird.“

Und in dem langen Statement heißt es am Ende: „Gegen anti-palästinensischen Rassismus, Antisemitismus und jegliche Unterdrückung! Wenn wir wollen, dass diese Gewalt endet, dürfen wir nicht mehr leise sein! Stoppt den Krieg in Gaza!
Jetzt!“

Heimfahren, Ankommen, Einschlafen – nach dem Abend sehr schwierig.

PS: Das Bier- und Becher-Thema im Pier 2 thematisieren wir dann mal an anderer Stelle.

Schaut euch hier unsere dazugehörige Bildergalerie an


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