„Früher war mehr dem Zufall überlassen“

Beim Summertime Festival haben wir die Indie-Rocker von The Fog Joggers aus Krefeld zum Interview getroffen.

Foto: Sönke R.

Bremen/Wolfenbüttel. Vergangene Woche fand im Seelinger Park in Wolfenbüttel das Summertime Festival statt. In schöner Atmosphäre feierten über 3000 Besucher zu Tonbandgerät, Herrenmagazin, Von Wegen Lisbeth und weiteren Bands. Hier könnt ihr unseren Bericht und unsere Fotostrecke ansehen. Am Start waren auch The Fog Joggers aus Krefeld. Im Jahr 2011 erhielten sie deutschlandweit Aufmerksamkeit und Bekanntheit, da ihr Song „Waiting in the Wings“ im Werbespot einer bekannter Biermarke verwendet wurde. Im gleichen Jahr erschien ihr Debütalbum, dessen Nachfolger im Jahr 2014 veröffentlicht wurde. Wir haben die sympathische Band zum Interview getroffen.

Seit zehn Jahren macht ihr bereits gemeinsam Musik, gibt es ein Highlight in eurer Bandgeschichte?

Das ist schwer zu sagen! Die ersten dieser zehn Jahre waren natürlich die kompletten Anfänge. Wir waren teilweise noch Schüler und haben uns gelegentlich getroffen und ausprobiert, wie unsere Instrumente funktionieren und was wir überhaupt alles machen können. Seit 2010 spielen wir überall in Deutschland Konzerte. Wir haben schnell festgestellt, dass wir unbedingt rumfahren und Konzerte spielen möchten und das nicht nur in unserer Heimatstadt, sondern im ganzen Land. Das hat gut geklappt und war natürlich sofort ein Highlight. Es fühlt sich einfach gut an, alle Sachen in unseren damaligen Golf III. zu schmeißen und als Band gemeinsam loszufahren. Recht schnell haben wir in München ein Konzert gespielt, obwohl wir vorher noch nie dort gewesen sind. Mit der Zeit werden die Konzerte dann größer, man reist noch häufiger durch Deutschland und es gibt immer neue Highlights während man sich weiterentwickelt.

Dann gibt es ja noch den Werbespot, in dem euer Song „Waiting in the Wings“ verwendet wurde…

Das war ziemlich verrückt, als wir auf einmal im einem Fernseh-Werbespot unser Lied hören konnten. So etwas ist ganz anders, das hat man als Band nicht alltäglich. Am Anfang haben wir Listen bekommen, wann der TV-Spot ausgestrahlt wird. Dann haben wir uns unsere Handywecker gestellt, um jedes Mal kurz auszurasten. Nach zwei Wochen war es dann auch nicht mehr so spannend, aber  das war schon ein krasses Highlight.

Habt ihr euch inzwischen also daran gewöhnt?

Wir zucken immer noch ein bisschen zusammen, wenn wir den Werbespot im TV sehen oder im Radio hören. Das ist immer noch etwas surreal. Ich bin großer Fan von Borussia Mönchengladbach und häufig im Stadion. Da läuft der Spot auch und ich schreie immer kurz auf und keiner rafft, warum. Das ist schon ziemlich verrückt! Erstmal ist das Stück ein Song wie jeder andere für uns. Ein Song, den wir geschrieben haben und den sich eine Firma dann halt rausgesucht hat. Auf einmal zu wissen, dass die Nationalspieler den Song bestimmt auch alle kennen, ist eine verrückte Vorstellung. Ich habe mal versucht, Kontakt  zu einem Spieler aufzunehmen, der in dem Spot auch auftaucht. Bisher hat sich aber niemand gemeldet.

Den Song „Waiting in the Wings“ kennen viel mehr Leute als euch als Band. War er trotzdem mehr Segen als Fluch für euch?

Ganz klar! Der Song hat uns als Band eindeutig weitergebracht, auch finanziell, um ganz ehrlich zu sprechen. Dadurch haben wir als Band die Chance bekommen, das zu machen, was wir wollen und unabhängig zu sein. Wir mussten niemandem gefallen, der uns vielleicht sponsert oder bezahlt. Wir konnten ein Album rausbringen, wie wir es wollen und uns einen Produzenten aussuchen mit dem wir ins Studio gehen und eine Platte aufnehmen. Das ist ein unheimlicher Luxus. Ein Fluch würde mir jetzt gar nicht einfallen. Am Anfang macht man sich schon Gedanken, ob man jetzt die Bier-Band ist. Aber jede Band ist doch froh über jede Aufmerksamkeit. Jeder will doch spielen und einem möglichst großes Publikum beim Konzert einen schönen Abend bereiten. Die allermeisten Besucher auf Festivals kennen bestimmt nur diesen einen Song von uns. Aber ich glaube wir sind eine Band, die es schafft, die Leute dann abzuholen und ihnen einen gelungenen Abend zu machen.

Im Moment arbeitet ihr ja an neuen Veröffentlichungen. Wie hat sich eurer Songwriting-Prozess seit dem Debütalbum von 2011 verändert?

Beim ersten Album, auf dem auch „Waiting in the Wings“ ist, sind alle Songs gesammelt, die wir bis dahin in unserer ganzen Bandhistorie geschrieben haben. Einige sind schon Jahre vorher entstanden, als wir noch eine Schülerband waren. Auf dem Debütalbum sind gesammelte Songs aus drei oder vier Jahren. Danach fängt man neu an und startet bei null. Man fragt sich, ob man sich jetzt an dem einen Song orientieren muss, der ein bisschen weitere Kreise gezogen hat und Ähnlichkeiten einbauen sollte. Aber genau das sollte man nicht machen. Ich glaube, wir schaffen es ganz gut, einfach die Mucke zu machen, die wir feiern und auf die wir Bock haben. Am praktischen Prozess ändert sich nichts. Irgendjemand sitzt zu Hause und hat eine Idee, bringt die mit in den Proberaum, wir reden darüber und spielen Sachen an. Dann wird irgendwann ein Song daraus. Ich glaube, das ändert sich nie! Wir müssen ein gutes Gefühl dabei haben, denn ob das Publikum es feiert, kann man nicht beeinflussen.

Wie habt ihr euch seitdem musikalisch verändert und wo wollt ihr noch hin?

Ich glaube, wir waren am Anfang rougher und bluesorientierter. Wir haben im Proberaum viel improvisiert, so sind auch die Songs damals entstanden. Das hat sich insofern verändert, dass wir da etwas strukturierter rangehen. Wir denken die Songs anders, sie entstehen nicht mehr aus ein Improvisation oder Gitarrenmelodie heraus und wir bauen etwas umzu, sondern es steckt schon von Anfang an eine größere Idee dahinter. Früher war mehr dem Zufall überlassen. Jetzt haben wir einfach schon Erfahrung im Songwriting und zwei Alben veröffentlicht. Wir wissen, was uns selber reizt und wie wir schneller zu einem guten Ergebnis kommen. Mir macht das nach wie vor riesigen Spaß! Es ist total verrückt, Lieder auf Konzerten zu spielen, die wir erst seit zwei Wochen fertig haben.

Welche Träume habt ihr als Band noch und welche habt ihr vielleicht schon hinter euch gelassen?

Ich habe schon so ein bisschen den Traum, mit der Musik so lange wie es irgendwie möglich ist, mein Leben zu bestreiten. Das ist für mich das bestvorstellbare Leben. Das erfüllt mich komplett, auch mit allen Strapazen, Anstrengungen oder Entbehrungen, die man da so hat. Für mich wäre es ein Traum, auch in zehn Jahren noch sagen zu können, ich kann davon irgendwie meine Miete bezahlen und ich kann hier rumfahren mit den Trotteln und in Wolfenbüttel Jägermeister trinken. Mir fällt gerade gar keiner ein, den ich schon hinter mir gelassen habe. Man muss die Ziele immer realistisch stecken.

Was macht für euch ein gutes Konzert aus, bei dem ihr hinterher sagt, das war stark?

Wir müssen von unserer Seite das Gefühl haben, wir haben das abgeliefert, was wir können. Wenn die Besucher das gleiche tun und unsere Musik gut annehmen, dann haben beide Seite eine gute Zeit. Das spüren wir relativ schnell, wir merken schon nach zehn Minuten, ob die Leute jetzt Bock haben, die nächste Stunde darauf abzugehen. Wenn dies so ist, haben wir natürlich nochmal umso mehr Spaß auf der Bühne.

Habt ihr eine junge Band, die ihr unseren Lesern zum Abschluss empfehlen möchtet?

Ja, auf jeden Fall! Wir kommen aus Krefeld am Niederrhein, dort und im Umkreis gibt es einige gute Bands. Linus ist eine klasse Truppe, die fallen mir so spontan ein.

Außerdem könnte man jetzt noch Torpus & The Art Directors aus Hamburg nennen. Die sind zwar nicht jung und unbekannt, aber das ist eine Band, die wir persönlich einfach unfassbar abfeiern. Wir sind so kleine Fanboys von denen. Wir haben auch schon ein paar Festivals zusammen gespielt und kennen uns mittlerweile ganz gut. Wir waren erst kürzlich auf einem Konzert von ihnen in Wuppertal. Das ist für mich einfach geschmacklich momentan eine der geilsten deutschen Bands. Die haben ein unfassbares Talent und eine super Qualität in ihren Songs. Das finde ich musikalisch irre! Da macht ihnen glaube ich kaum jemand was vor. Es ist natürlich nicht mit Hypes überschüttet, aber es ist einfach krass gut Mucke.

 


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