Fjørt– nichts, Grand Hotel van Cleef, 2022

So klingt das neue Album der Aachener Hardcoreband mit dem Titel "nichts"

Düster fängt es an, das neue Album von Fjørt mit dem dystopischen Titel „nichts“, nur eine Keyboardfläche und dann ein mit viel Hall unterlegter Schlagzeugbeat, bis diese kratzige Fjørt-Stimme dazukommt, mehr erzählend als singend. So baut sich der Titelsong langsam auf, steigert sich und bricht schließlich nach ungefähr drei (von sechs) Minuten aus. Und schon hat das neue Fjørt Album einen in den Bann gezogen. „Nichts nimmt dich in Kauf, nichts ist, was du brauchst“– was ist das jetzt? New School Hardcore, Post-Core, Punk oder alles zusammen? So richtig klärt sich die Frage auf dem gesamten Album nicht, denn „nichts“ (der Song) schleppt sich eher langsam dahin, doch gleich das nächste Stück mit dem seltsamen Titel „sfspc“ bricht zunächst brachial los, ehe nach der ersten Strophe das Schema durchbrochen wird und (mit einer zweiten Stimme?) die Wut einer Melancholie weicht. Gut, diesen Break haben sich Fjørt vielleicht bei der Band „mit K“ zu offensichtlich abgeschaut, aber sei es drum. „Ich weiß nicht, warum, ich weiß nur, dass es so ist“, heißt es am Ende des Songs, bevor „Salz“ den wohl typischen Fjørt-Sound aufwartet.

Eins der Highlights ist sicherlich „feivel“ (der Mäusewanderer? Erinnert sich noch jemand daran?) mit seinen vielen Reimen und dem zweifelnden Text, verbunden mit dem Wunsch nach Ankunft. Und dann ist da natürlich das selbstkritische „kolt“, das mit den Zeilen: „Ich bin ein Kind von 85, weil ich Wacker gebaut, weil ich immer alles hatte, mehr als was man so braucht“ beginnt, erinnert natürlich Thees Uhlmann mit seinem, „Ich kam auf die Welt in einem Kadett / Ein Poster von Littbarski über meinem Bett / Im Frühling ’74, Sternzeichen Widder“, nur geht es bei Fjørt nicht mit dem Kalten Krieg weiter, sondern mit Nordkorea und der Einsicht, das andere Menschen mehr in dieser Welt leisten, als in einer Band zu singen (oder zu versuchen, ein Album für einen Blog zu beschreiben).

Das Instrumental „Wasser“ schließt den ersten Teil ab (oder eröffnet den zweiten). Abwechslungsreicher und irgendwie auch poppiger, wenn dieser Begriff bei dieser Musik überhaupt erlaubt ist, geht es auf den nächsten Liedern weiter. Häufig werden bekannte Phrasen in den Texten benutzt und an der einen oder anderen Stelle Einspieler verwendet. In „lakk“ geht es um Kapitalismuskritik und überrascht mit einer zarten Kinderstimme. Die Stücke weisen nun eine längere Spieldauer aus. Vom ersten Stück abgesehen, knackten die Stücke bislang selten die Drei-Minuten Marke. Das ändert sich zum Ende hin.

Und schließlich das Finale! Noch einmal Dampfwalzen-Sound bei „lod“ – „nichts hat mehr Bestand“ – das zweite Mal wird auf dem Album mit dem Tod kokettiert. Noch einmal wird alles gegeben, ehe das Ende (der Platte) naht und sich der Kreis zum Titelsong irgendwie schließt.

Dicht es geworden dieses Album „nichts“ dicht und rund, ein Gesamtkonzept, was in diesen Tagen selten vorkommt. Ein Album mit Haltung, was ebenfalls nicht immer der Fall ist in diesen Zeiten.

Live am 21. Januar 2023 im Kulturzentrum Schlachthof zu erleben


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