Erzähl mir nichts von Punkrock

Slime und Bitume traten am Freitag vor einem begeisterten Publikum im ausverkauften Schlachthof auf.

Slime-Sänger Tex Brasket. Foto: pfa

Ihr kennt es wahrscheinlich von der Arbeit. Es gibt immer diese eine Person, die seit 40 Jahren schon diesen Job macht, aber in den letzten Jahren offensichtlich nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit ist, Erneuerungen nicht mehr so richtig mitbekommt und maximal noch durch Erfahrung punkten kann, die dann zumeist wirksam, aber blass ist. Hin und wieder passiert es hingegen, dass diese Person es am Ende der Karriere nochmal schafft, durch einen Motivationsschub neue Höhen zu erreichen.

So lief es mit Slime auch. Richtig schlecht waren sie nie. Richtig weg vom Fenster waren sie auch nie. Aber an die Großtaten der 80er und 90er Jahre konnten sie zuletzt nicht mehr anknüpfen. Sie schienen ebenfalls etwas aus der Zeit gefallen. Dann der neue Sänger Tex, neue Themen, neue Texte und eine neue Energie. Dabei verlieren Slime weder ihren Fokus oder Markenkern, noch biedern sie sich irgendwelchen Trends an. Die Mitglieder von Slime stammen aus einer anderen Zeit und haben einen anderen Blick auf die Welt als viele jüngere Menschen der Punkszene. Slime wissen, wo der größte Feind steht (rechts) und singen weiterhin dagegen an. Dafür braucht es aber kein „Nazi raus“, wie der Song „Safari“ beweist. Und Slime wissen, was gegen diesen Feind am ehesten hilft (soziale Gerechtigkeit), was wiederum im Lied „Taschenlampe“ aufgegriffen wird. Beide Stücke gehören jetzt schon mit zum Besten, was Slime jemals produziert haben.

Und während draußen vorm Schlachthof beim Rauchen vor, während und nach dem Konzert diskutiert wird, was eigentlich Punkrock ist, wird auf der Bühne erst „Erzähl du mir nichts von Punkrock“ und später „Fickt euch alle“ angestimmt. Sowieso fanden sich glücklicherweise viele der neuen Lieder vom Album „Zwei“ auf der Setlist wieder. Tex Brasket als neuer Sänger ist das Beste, was Slime passieren konnte. So waren wohl die Hälfte des Publikums tatsächlich wegen der neueren Songs gekommen, während die andere Hälfte die alten Klassiker hören wollte, die vor allem im Zugabenteil geboten wurden. Die Stimmung war bei beiden Fraktionen gleichgut. Pogo, Fäuste in die Luft und Stagediven inklusive.

Für die einen Höhe- und für andere Tiefpunkt der Show war das kurze Akustikset mit den Schweineherbstklassikern „Zweifel“ – der wohl beste Slime Song überhaupt – und „Gewalt“. Ich fand das gut und könnte mir sogar ein Konzert im kleinen Rahmen komplett so vorstellen.

Vorweg spielten die HB-People Lieblinge von Bitume ihren flotten von Asphalt und Nordsee beeinflussten Punkrock. Dabei hatte das Trio das Glück, zunächst vor einem sich langsam füllenden Schlachthof zu spielen, der sich dann aber tatsächlich füllte und schon nach wenigen Minuten sangen die ersten Leute vorsichtig mit, fingen an, sich zu schubsen und so ging es Song für Song weiter, bis zumindest der vordere Teil der Kesselhalle eine gute Party hatte. Auf den Treppen hingegen blieben die Leute sitzen. Da ist die Frage erlaubt, was mit diesen Menschen los ist? Ich finde, es gehört zum Respekt gegenüber einer Band, sich wenigstens mal für ein paar Lieder oder gleich fürs ganze 40-minütige Set zu erheben. Das hat bei Slime ja auch funktioniert. Der Stimmung tat es zum Glück keinen Abbruch und auch Bitume schienen am Ende ihres Auftritts glücklich zu sein.

Eigentlich handelt es sich bei dem Trio fast um Local Heroes. Stammen sie zwar aus Oldenburg, sind aber zumindest teilweise in Bremen ansässig. Mit mehreren Platten auf dem renommierten Label Rookie und diversen Touren durch Deutschland, Brasilien und Europa sollte die Band zumindest in Bremen eigentlich Kultstatus besitzen. Vielleicht hat der Auftritt im Schlachthof den Jungs ein paar neue Fans beschert.

Seht euch hier unsere Konzertfotos an:


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