„Eine spezielle Tradition in Bremen“ – Tonbandgerät im Interview

Das neue Album steht in den Startlöchern und bald steht ein Konzert im Schlachthof an - vorher haben wir Tonbandgerät zum Interview getroffen.

Foto: Dennis Dirksen

Bremen. Diesen Freitag veröffentlichen Tonbandgerät ihr drittes Studioalbum „Zwischen all dem Lärm“ Darauf erzählen die Hamburger von Ungewissheit und Übergängen – und das mit zwölf höchst eingängigen Popsongs, die federleicht euphorisieren und tiefgründig nachschwingen. Mit dem Album geht es auf der anschließenden Tour am 19. Oktober ins Kulturzentrum Schlachthof. Wir haben Sänger und Gitarrist Ole Specht, Bassistin Isa Poppensieker und Schlagzeuger Jakob Sudau zum Interview getroffen und dabei ein spezielles Ritual in Bremen herausgefunden.

Am 7. September erschient euer neues Album „Zwischen all dem Lärm“. Welchen Lärm nehmt ihr wahr?

Ole: Anders als bei den ersten beiden Alben, hat es diesmal für uns sehr lange gedauert. Bisher haben wir Songs geschrieben und ausgearbeitet, sind ins Studio gegangen und haben sie schließlich veröffentlicht. Beim dritten Album gab es jetzt plötzlich Krach mit der Plattenfirma, bis zum großen Knall und der Trennung. Jetzt sind wir von Universal zu Sony gewechselt und in dieser Zeit war um uns herum im übertragenen Sinne viel Lärm.

Hat man versucht, euch in eine Richtung zu beeinflussen, die ihr selbst nicht einschlagen wolltet?

Isa: Es war eher so, dass Universal andere Vorstellungen hatte, was wir an Songs schreiben sollen. Mit Sony können wir besser zusammenarbeiten. Es hat einfach nicht mehr funktioniert, uns wollte aber niemand beeinflussen.

Ole: Es gab keinen großen Streit, nur irgendwann war klar, es wird so nicht mehr funktionieren. Wir haben uns die Hand gegeben und hatten keinen Stress miteinander.

Wie habt ihr diese Zeit wahrgenommen?

Ole: Für uns war es eine ziemlich anstrengende Zeit, in der dafür ganz viele tolle Songs entstanden sind. Sophia hat kürzlich gesagt, Lärm ist ja nicht nur etwas negatives, sondern kann sogar etwas sehr positives sein. Grundsätzlich beschreibt es einfach den Prozess vom zweiten zu diesem Album. Viele Dinge haben sich verändert.

Der Albumtitel ist nachdenklich und es lässt sich viel hineininterpretieren. Wie spiegelt sich das in eurer Musik wieder?

Ole: Wie schon bei den ersten beiden Alben ist vieles dabei, was nicht auf den ersten Blick durchschaubar ist. Vor allem Fans, die die ersten beiden Platten gut kennen, werden viel entdecken können. Als mit „Reisegruppe Angst & Bange“ der erste Song herauskam, waren wir sehr aufgeregt und gespannt, wie unsere Fans ihn finden. Gerade mit Jan (Windmeier, Sänger der Punkband Turbostaat, Anm. d. Red.) als Featuregast im Refrain ist es mal etwas ganz anderes.

Es ist das erste Feature überhaupt auf einem Album von euch. Warum habt ihr euch für Jan entschieden?

Isa: Wir finden Turbostaat schon lange sehr gut. Als wir überlegt haben, was zu diesem Song passt, fanden wir den Kontrast zum etwas anderen Stil von Turbostaat sehr schön. Unser Produzent hat zudem mal mit ihnen zusammengearbeitet und den Kontakt hergestellt.

Im Albumsong „Brennnesselblumen“ singt ihr von einer Auszeit. Blickt der Song auf eure freie Zeit zurück oder ist die Situation eher ein Ziel?

Ole: Ich finde es so toll, dass der Song auf dem Album gelandet ist. Er beschreibt dieses Gefühl, das wir bei diesem Albumprozess alle irgendwann mal hatten. Nichts tun ist richtig scheiße. Wir mussten oft warten und wurden hingehalten. Wenn man gerade viel zu tun hat, denkt man häufig, jetzt mal ganz lange nichts zu tun haben, das wäre das größte. Aber wenn das wirklich passiert, ist es das allerschlimmste. Nichts tun zu können hat uns alle aufgefressen.

„Stolpern und Fallen ist manchmal ein Glücksfall“ heißt es im neuen Song „Blau“. Gab es Momente, deren Besonderheit ihr erst im zweiten Blick erkannt habt?

Ole: Den Song hat Sophia ein paar Tage geschrieben, nachdem wir mit unserer Plattenfirma auseinander gegangen sind. Es war ein besonderes Gefühl, weil es davor lange sehr ungewiss war und wir uns nicht gut gefühlt haben. Nach der Trennung waren wir allerdings nicht wie gedacht am Boden zerstört, sondern eher froh, dass wieder etwas passiert und es weitergeht. Darauf beziehen wir uns im Text. Nicht immer klappt alles direkt und manchmal ist genau das gut.

Am 19. Oktober spielt ihr wieder im Schlachthof, den ihr inzwischen gut kennt. Was sind eure Erinnerungen an die letzten Konzerte?

Jakob: Vor dem ersten Konzert dort vor drei Jahren erzählte unser Booker uns, der Schlachthof sei eine der Locations in Deutschland, in denen man auf jeden Fall gespielt haben muss. Es ist dort sehr schön und besonders. Die Atmosphäre ist einfach super durch das Publikum auf mehreren Ebenen halb um die Bühne herum.

Ole: Wir lieben Bremen auch durch eine spezielle Tradition in der Stadt. Nach dem Konzert gehen wir immer ins Viertel und essen den mega scharfen Rollo bis die Tränen kommen. Da reden wir schon wieder seit einem halben Jahr drüber. Wie heißt der Laden noch gleich?

Ihr meint sicher Arabic, da hat sich wohl jeder schon den Mund verbrannt.

Ole: Genau, das ist wirklich eine der schärfsten Sachen, die ich in meinem ganzen Leben gegessen habe. Ich habe beim ersten Mal leichtfertig einen richtig scharfen Rollo bestellt, der ist bis heute unerreicht. Ich weiß nicht, was die da machen.

Seit heute seid ihr meine persönlichen Interview-Rekordhalter, ich hatte viele Bands zweimal, aber bisher noch keine Band dreimal im Interview. Da ihr gerade auch zu dritt hier seid, erzählt doch mal ein bisschen aus eurem Tourleben. Wer von euch war denn heute Mittag als erstes am Buffet?

Ole: Isa war die erste und einzige von uns, die vor dem Konzert überhaupt schon etwas gegessen hat.

Wer ist später als erstes an der Theke?

Ole: Durch die früh geschaffene Grundlage ist das heute vermutlich auch Isa.

Wer bleibt bis zum Schluss auf der Aftershow-Party?

Ole: Das ist schwer, weil es sehr unterschiedlich ist. Heute ist dann wahrscheinlich auch Isa, die letzte, die da bleibt und die letzte, die überhaupt noch etwas bekommt.

Wer hatte den schlimmsten Tourkater?

Ole: Ganz klar Sophia. Obwohl es mich auch schon schlimm erwischt hat. In Süddeutschland hatte ich mal einen Wahnsinns-Kater, lag nur herum und konnte mich gar nicht mehr bewegen.

Wer hatte das peinlichste Live-Erlebnis?

Jakob: Bei einem Konzert hatte Sophia im Outro des letzten Songs, wo wir alle nochmal richtig abrocken, einen kompletten Blackout. Sie hat alles vergessen und anstatt so zu tun oder ein bisschen mitzumachen, ist sie komplett eingefroren und für den gesamten Part von gut 30 Sekunden einfach stehengeblieben.

Ole: Wie ein Reh wenn man es nachts auf der Autobahn anleuchtet. Es war super lustig und wird immer noch oft thematisiert.

Hier findet ihr unsere Bilderserie vom Auftritt von Tonbandgerät auf dem diesjährigen Hurricane Festival.

Tickets für das Konzert am 19. Oktober im Kulturzentrum Schlachthof gibt es im Vorverkauf.

 


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