Ein Auftakt nach Maß – mit Sternchen

Am Mittwochabend eröffnet Nina Chuba ihre erste große Headliner-Tour im Pier 2 in Bremen. Für einen schönen Abend gesorgt hat Veranstalter Hafensänger Konzerte.

Nina Chuba (Foto: Malte Löhmann)

Bremen. Die Erfolgsgeschichte Nina Chubas dürfte vielen bekannt sein: Erste (ausverkaufte) Headlineshows in 2021, die erste eigene Tour im Frühjahr 2022 (ebenfalls ausverkauft) und die Veröffentlichung des Nummer-1-Hits Wildberry Lillet im August desselben Jahres. Für 2023 wird dann die erste richtig große Tour in 14 Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz angekündigt – pünktlich zum Release des Debütalbums Glas im Frühjahr. Sämtliche Shows sind restlos ausverkauft, der Tourtauftakt in Bremen wurde dreimal (!) hochverlegt – vom Tower Musikclub ins Modernes, vom Modernes in die Aladin Music-Hall und schließlich von der Aladin Music-Hall ins Pier 2.

Die Wurzeln dieser Erfolgsgeschichte liegen natürlich weit länger zurück. Man denke an Ninas erstes Erscheinen in der Öffentlichkeit durch ihre Rolle bei Die Pfefferkörner von 2008 bis 2009. Auch der musikalische Grundstein wurde durch Klavierunterricht bereits in der Kindheit gelegt. Zwischen 2016 und 2018 war Nina Sängerin der in der Musikschule ihrer Heimatstadt Wedel gegründeten Band BLIZZ. Schlagzeuger dieser Band war ein gewisser Momme Hitzmann, der Nina auf ihrer Tour in diesem Jahr ebenfalls an den Drums begleitet.

Endlich vereint – NUGAT und Nina

Auch der Name des Supportacts dieser Tour könnte denjenigen, die Nina bereits seit mehreren Jahren verfolgen, bekannt vorkommen. Mit NUGAT sollte Nina bereits in 2021 eine gemeinsame Show auf dem Court Yard Festival in Stuttgart spielen, bevor diese pandemiebedingt ausfallen musste. Über 30 Minuten präsentiert der Emsländer Rapper seine Songs, deren Texte von seinen Erfahrungen im Zusammenhang mit seiner psychischen Erkrankung geprägt sein dürften. Das verleiht dem Auftritt zum einen eine gewisse Atmosphäre, auf der anderen Seite stimmt der melodische Synthie-Sound auf den nachfolgenden Auftritt ein und lässt die Vorfreude steigen. Hört unbedingt selbst mal rein – Future Shit 1 ist ein garantierter Ohrwurm! Viel Schnickschnack benötigt NUGAT übrigens nicht. Ein zurückhaltendes Erscheinungsbild, kein aufwändiges Bühnenbild, ein DJ – der Sound überzeugt, mehr braucht es nicht.

Support NUGAT sorgt für einen atmosphärischen Einstieg (Foto: Malte Löhmann)

Lediglich bei den letzten beiden Shows dieser Tour in Hamburg und Hannover wird NUGAT von Levin Liam, der gerade durch die Single Für dich da, die in Zusammenarbeit mit KitschKrieg und Trettmann erschienen ist, größere Bekanntheit erlangt hat, als Support abgelöst.

Um 20:30 Uhr setzt im Pier 2 eine spannungsgeladene Geräuschkulisse ein. Leises Bassdröhnen, vereinzelt der Sound von Blasinstrumenten – es kündigt sich die zuletzt veröffentlichte Single Mangos mit Chili durch ein stilvoll verlängertes Intro an. Zunächst betreten Drummer Momme sowie Gitarrist Wanja Bierbaum, der an über der Hälfte der auf Glas erschienenen Songs mitgeschrieben hat, die Bühne. Schwungvoll komplettiert Nina das Trio und eröffnet die Show mit einer dynamischen Performance ihres aktuell erfolgreichsten Hits. Auch an diesem Abend trägt Nina ihre Haare, wie man es von ihr kennt, zu zwei langen Zöpfen gebunden – ein Look, den man in der Menge häufig wiederfindet.

Tracks wie Solo, Tracksuit Velours und Ich hass dich erhalten das an den Tag gelegte Tempo aufrecht und regen das Publikum, das von einem niedrigen Altersschnitt sowie einem hohen Frauenanteil geprägt ist, zum Tanzen an. Die Performance von Alte Bilder läutet eine Phase von ruhigeren Songs ein. Mit Neben dir präsentiert Nina ihre erste deutschsprachige Single. Bei Glas wird Momme zum Pianisten, während Nina diese Rolle bei Nicht allein einnimmt und ihre beiden Weggefährten auf einem Podest Platz nehmen. Den Song, der auch in dieser Piano-Version veröffentlicht ist, hat Nina für eine ihr nahe stehende, an Depressionen erkrankten Person geschrieben. Obwohl lautstark mitgesungen wird, stellt sich während dieser Performance im Pier 2 eine andächtige Ruhe ein.

„Ist euch auch so warm? Ich glaub, ich hab Fieber.”

Lässt nicht nur das Publikum tanzen – Nina Chuba (Foto: Malte Löhmann)

Mit Freitag und Ich glaub ich will heut nicht mehr gehn gelingt Nina musikalisch der Bogen zu wieder tanzbarem Sound. Die Frage, ob dem Publikum auch so warm geworden ist, schlägt dann inhaltlich den Bogen zum nächsten Song: Fieber. Dann wird mit Wildberry Lillet (den Cocktail gibt es heute Abend natürlich käuflich zu erwerben), der am selben Tag die 100 Mio. Spotify-Streams knackt, der Publikums-Liebling gespielt, der auch in der Zugabe vermutet werden durfte. Nina traut sich nun ein bisschen mehr Interaktion zu und teilt das Pier 2 in zwei Hälften auf – die eine ruft „Ich will Immos”, die andere „Ich will Dollars”. Ansonsten hält sie sich mit Monologen eher kurz. Eine Anekdote, dass sie Bremen – trotz der Nähe zu ihrer Heimat – lediglich in Teenagerjahren für Shopping-Ausflüge zu Primark besucht habe, wird zum Besten gegeben. Außerdem eine kurze Stichelei, indem sie die Weser mit der Elbe „verwechselt” – das war’s. Vor 22 Uhr neigt sich der Abend bereits dem Ende zu – das ist bei dem Publikum auch obligatorisch. Femminello dient als Zugabe, gefolgt von dem bisher noch unveröffentlichten Song Waldbrand. Abgeschlossen wird mit einer Tanzchoreo, die sich das Trio im Laufe ihres Zusammenwirkens ausgedacht hat und die sich langsam zur Tradition entwickelt. Das Ergebnis könnt ihr hier sehen.

Zeit, ein Fazit zum zurückliegenden Abend zu fassen. Der Auftritt hatte Konzept – auf einen energiegeladenen Start folgt eine Phase, in denen die eher ruhigen Song der neuen Platte ihren Platz finden, bevor wieder ein Hit den anderen jagt. Am Ende bleibt kein Songwunsch offen. Die Live-Band will noch nicht zu 100 % in ihren Bann ziehen – zwei Instrumente im großen Pier 2 gehen vielleicht einfach ein wenig unter, im Tower hätte das Ganze bestimmt anders gewirkt. So kommt den Abend über doch noch einiges an Instrumental vom Tonband – zusammen mit den insgesamt drei nicht anwesenden Feature-Gästen fehlt der gewisse Live-Sound, für den wir alle zu Konzerten gehen. Die Interaktion mit dem Publikum lässt gemischte Gefühle zurück. Positiv: unangenehme Bierzelt-Animation bleibt aus. Negativ: kaum persönliche Interaktion will keine richtige Connection mit dem eigentlich so sympathischen Energiebündel aufkommen lassen.

Ein Auftakt nach Maß – mit Sternchen

Für die erste große Headliner-Tour – und dazu noch den Tourauftakt – fällt es allerdings leicht, diese Punkte zu verzeihen. Dass man den Umstand, dass es sich eben um die erste große Headliner-Tour handelt, immer wieder vergisst, spricht definitiv für Nina und die Souveränität, die sie trotz des so schnell gewachsenen Erfolgs ausstrahlt. Es fühlt sich nach einem Auftakt nach Maß an, objektiv betrachtet war es allerdings musikalisch eine einwandfreie Show, daher kann vielleicht noch ein Sternchen hinzugefügt werden.

Wir sind gespannt, welche Entwicklung diese junge Frau im Laufe des Jahres noch durchlebt, und freuen uns auf ihren Auftritt auf dem diesjährigen Hurricane-Festival und schließlich auf den Tourauftakt ihrer bereits für 2024 angesetzten Tour – wieder in Bremen.

Unsere Bilder des Abends findet ihr hier.


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