Die Alben des Jahres 2021 – von Marcel

Es ist wieder Zeit für die traditionelle, persönliche Rückschau auf die besten musikalischen Veröffentlichungen des letzten zwölf Monate.

Frank Turner. Foto: pfa

Bremen. Am Ende eines ungewöhnlichen Jahres steht nun der Rückblick auf die besten Erscheinungen und Neuheiten im Plattenregal. Obwohl Konzerte in der zweiten Jahreshälfte zwischenzeitlich weitgehend möglich waren, lag der musikalische Fokus über das ganze Jahr betrachtet doch vermehrt auf dem Audio-Erlebnis zu Hause über Kopfhörer, Lautsprecher und Boxen. In den letzten zwölf Monaten sind viele starke Alben erschienen – zu viele, um sie wie in den letzten Jahres auf eine Top-10 zu komprimieren. Um euch an meiner Lieblingsmusik teilhaben zu lassen und einige Tipps zu präsentieren, gibt es deshalb dieses Jahr die Top-20-Alben des Jahres. Wie gewohnt findet ihr hier zu jeder Platte ein wenig Text und ein Musikvideo.

20. Antilopen Gang – Antilopen Geldwäsche Sampler 1

„Antilopen Geldwäsche – Weltmusik für Weltfremde“ – auf dem ersten Sampler ihres bandeigenen Labels bringt das Hip-Hop-Trio neue Songs ihrer Band sowie Solo-Tracks der Gangmitglieder. Ihre eigenen Stärken spielen sie voll aus und bei der Auswahl der Gäste beweisen sie ein glückliches Händchen. Obwohl das Album erst an Weihnachten erschienen ist, schafft es noch den Sprung in die Bestenliste des Jahres.

19. Broilers – Puro Amor

Auf ihrem bereits achten Studioalbum merkt man den Broilers ihre Spielfreude ab der ersten Sekunde an. Zwischen Punkrock-Gitarren und Ska-Bläsern liefern die Düsseldorfer 14 Songs, die wie kaum ein anderes Album in diesem Jahr unglaublich Bock auf die Live-Momente machen. Mitgrölen, Springen, Schwitzen und Bier – „Puro Amor“ ist wie ein Versprechen für kommende Sommer.

18. Van Holzen – Aus der Ferne

Mit „Schlafen“ hat das junge Alternative-Rock-Trio aus Ulm bereits Anfang des Jahres einen absolut herausragenden Song veröffentlicht. Das dazugehörige Album folgte schließlich im November. „Aus der Ferne“ ist textlich und musikalisch hart und laut, legt den Finger in Wunden und haut drauf. Die Wucht, die es von Zeit zu Zeit einfach mal braucht.

17. Blackout Problems – Dark

Das Münchener Quartett hat seinen Alternative- und Punk-Rock auf „Dark“ um poppige und elektronische Elemente erweitert. Mutig, zielgerichtet und selbstbewusst liegen ihre Stärken mehr als zuvor im Songwriting. Mal kratzig, an anderen Stellen fast schon hymnenartig toben sie sich aus und haben ihren Sound nun wohl endgültig gefunden. Empfehlenswert sind auch die Musikvideos.

16. Mine – Hinüber

Mine ist mit ihrem vierten Soloalbum nach wie vor eine Besonderheit in der Musiklandschaft, da sie alle ihre Songs selbst schreibt und auch produziert. Diesmal sind ihr Stücke zwischen zuckersüßen Melodien wie „Eiscreme“ und dramatisch-alarmierenden Momenten wie im Titeltrack gelungen. Solch intelligente Popmusik mit Inhalt kann man aktuell gar nicht hoch genug schätzen.

15. Rin – Kleinstadt

Dem 27-jährigen Rapper aus dem baden-württembergischen Bietigheim-Bissingen, das in den letzten Jahren zur Metropole des deutschsprachigen Hip-Hops geworden ist, gelingt mit „Kleinstadt“ ein facettenreiches Album mit spürbaren Gitarren-Einflüssen. In oberflächlicheren Songs kann man ihm immerhin seine Selbstironie nicht absprechen, in ehrlichen Momenten singt er sogar von seinen jahrelangen Panikattacken, Perspektivlosigkeit und Einsamkeit. Respekt für diese Offenheit!

14. Biffy Clyro – The Myth Of The Happily Ever After

Die Schotten liefern ab! Nur 14 Monate nach ihrem letzten Studioalbum, veröffentlichten sie im Oktober bereits ihren zehnten Langspieler – und was für einen! Gekonnt verbinden sie Schönheit und Explosion, laute Rockmomente mit zarten Melodien. Über allem steht dabei die fantastische Single „A Hunger In Your Haunt“.

13. Royal Blood – Typhoons

Vier Jahre hat sich das britische Garage- und Bluesrock-Duo Zeit für sein neues Album gelassen. Die ungeheure Dynamik, durch die sich die Band schon seit ihren ersten Songs auszeichnet, wurde um elektronische Elemente erweitert. Temporeich, verzerrt, kantig und explosiv bleibt es dennoch – und eben noch vielseitiger.

12. Tristan Brusch – Am Rest

Dem Berliner Tristan Brusch ist mit „Am Rest“ ein intensives, beachtliches Werk gelungen, das besonders durch die unmittelbare, schonungslose, direkte Art zu texten auffällt. In Form kleiner, emotionaler Geschichten im Liedermacher-Stil mit Chanson-Referenzen erzählt er von der Welt und vom Leben in seiner ungefilterten Wahrheit. Das sticht heraus, das schmerzt, das ist im Jahr 2021 noch wahre, musikalische Kunst.

11. Fluppe – Blüte

Das Hamburger Indie-Rock-Quartett mit Wurzeln im Landkreis Rotenburg präsentiert mit „Blüte“ ein starkes Debütalbum, das schöne, für sich stehende Gitarrensongs bereithält, vor allem aber auch als Gesamtwerk funktioniert. Am 28. Mai gibt es die Band endlich live beim Mit Freunden Festival in Scheeßel.

10. Drangsal – Exit Strategy

Mit großem Hang zur Perfektion kombiniert Drangsal auf seinem dritten Album die fortwährende Suche nach persönlicher und künstlerischer Identität mit leichtfüßiger Musik. Diese Selbstfindung wird begleitet von einem spannenden Mix aus Indie-Pop und New Wave und macht dabei einfach nur Spaß.

9. The Snuts – W.L.

Mit lockerer Unbekümmertheit und jugendlichem Tatendrang ist der einstigen Schülerband The Snuts aus Schottland der Sprung an die Spitze der britischen Charts gelungen. Auf ihrem Debütalbum bilden sie mit massentauglichem Sound alle Facetten des Indie-Rocks ab – von gezupfter Akustik-Gitarre, über verzerrte E-Gitarren bis hin zu mehreren hymnenartigen, fesselnden Tracks. Wie gut, dass es auch in 2021 noch einen Platz für neue Rockmusik gibt.

8. The Luka State – Fall In Fall Out

Mit The Luka State hat eine weitere Rockband aus Großbritannien in diesem Jahr ihr Debütalbum veröffentlicht, wobei die vierköpfige Gruppe noch weitaus unbekannter ist. Dabei besticht „Fall In Fall Out“ mit hohem Energielevel, lauten Gitarren, eingängigen Hooks und einer kraftvollen, leicht kratzigen Stimme. Das ist packend und mitreißend!

7. Danger Dan – Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt

Das titelgebende Stück des zweiten Soloalbums von Danger Dan wurde schon Ende März zum Song des Jahres – gar keine Frage! Doch das Klavieralbum überzeugt auch über die volle Distanz. Neben den prägenden Tastenklängen ist die Musik sparsam mit gelegentlichen Streichern instrumentiert. So liegt der Fokus umso mehr auf den sehr direkten Texten – und die erzeugen auch neun Monate später immer wieder Gänsehaut.

6. Trümmer – Früher war gestern

Die hochgeschätzten Trümmer veröffentlichen nach fünf Jahren Pause neue Musik. Etwas ruhiger als auf früheren Werken, gelingt der Indie-Rock-Gruppe mit ganz feinem Sprachgefühl ein Spagat zwischen Optimismus und Melancholie. Musik, die schwermütig sein kann, aber auch Aufbruch vermittelt. Songs zum Genießen und live immer noch eine der spielstärksten Bands des Landes.

5. Jeremias – Golden Hour

Die vier jungen Musiker von Jeremias bringen auf ihrem rechtzeitig zum Sommer erschienenen Debütalbum sonnig-warme Indie-Sounds mit vielschichten Texten, die einer ganzen jungen Generation aus der Seele sprechen, zusammen. Sie klingen unbeschwert, frei und locker und erzählen dennoch nachdenkliche und zweifelnde Geschichten. „Golden Hour“ strotzt nur so vor Leichtigkeit, Ehrlichkeit und Emotionen und hat den Soundtrack dieses Jahres wesentlich geprägt.

4. Audio88 & Yassin – Todesliste

Das beste deutschsprachige Album des letzten Jahres! Audio88 & Yassin sind nach Solo-Ausflügen als Duo zurück – und sie sind wütender denn je. Bei den beiden Berliner Hip-Hop-Künstlern hat sich offenbar einiges angestaut, und so bekommen diejenigen nachdrücklich ihr Fett weg, die es am meisten verdient haben. Das Album ist durch und durch politisch, gesellschaftskritisch, autobiographisch und anspruchsvoll. Eine aufrüttelnde, eindrucksvolle Momentaufnahme!

3. Catapults – I’ll Be Honest

Für den dritten Platz im Jahresranking muss man nicht weit über die Bremer Landesgrenzen blicken. Catapults aus dem nahen Oldenburg zelebrieren auf ihrem Debütalbum mitreißenden und erfrischenden Emo-Rock und Skate-Punk. Die zehn Songs sind packend und energiegeladen, sodass „I’ll Be Honest“ insbesondere im Sommer in Dauerschleife lief.

2. Freindz – High Times In Babylon

Hinter dem unscheinbaren Bandnamen verbergen sich Beatsteaks-Dummer Thomas Götz, Matthias Sänger von Albert Luxus und als Kopf des Trios mit Aydo Abay eines der prägendsten Gesichter der deutschen Indie-Rock-Szene in den letzten Jahrzehnten. Ohne größere Ankündigungen haben die drei im Juli ein druckvolles und fesselndes Album veröffentlicht, in dem man sich vollends verlieren kann – ein Traum für Musikliebhaber. Auf „High Times In Babylon“ finden sich exzellente, abwechslungsreich arrangierte Gitarren-Tracks, eine Platte ausschließlich mit Volltreffern, die unbedingt am Stück gehört werden sollte.

1. Sam Fender – Seventeen Going Under

Das Album des Jahres hat ein „Wiederholungstäter“ erschaffen – wie schon vor zwei Jahren landet der Brite Sam Fender auf dem vordersten Platz der persönlichen Jahrescharts. Mit „Seventeen Going Under“ hat der 27-jährige ein fantastisches, sehr persönliches Konzeptalbum geschrieben, auf dem er prägende Momente seines Lebens aufarbeitet. Freudige, traurige und bewegende Erinnerungen verpackt er ebenso wie zeitgeistige, kritische Beobachtungen in mitreißende, euphorische und melancholische Songs. Der Sänger legt seine tiefsten Emotionen in ekstatischen Indie-Rock, macht die Tür zu seiner Seele auf und löst damit etwas bei seinen Hörern aus. Ein geschlossenes, ergreifendes und absolut besonderes Werk voller meisterhafter Hymnen.

In der Vorschau auf 2022 lässt auch das frisch angebrochene Jahr auf vielversprechende, neue Musik hoffen. Bereits im Januar erscheinen Alben von Tocotronic, Blood Red Shoes, The Wombats und Billy Talent. Später folgen neue Werke von Frank Turner, Placebo, Alt-J, Johnossi, Casper sowie das mit Spannung erwartete Debütalbum von Schmyt.

 


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