An der Nordseeküste: Watt En Schlick Samstag

Mit ungewohnt sonnigem Wetter begrüßte Dangast die Festivalbesucher am vergangenen Wochenende.

OK KID / (c) lw

Dangast. Drei Tage Watt, Musik und Gezeiten sollten den Besucher des Watt En Schlick Fests erwarten. Und Rhabarberkuchen aus dem anliegenden Kurhaus. Wir haben uns am Samstag aufgemacht, das Fest zu erkunden. Während sich die männliche Fraktion auf dem Deichbrand Festival rumtümmelte und auf dem überdimensionalen Holz-Hirsch Jägermeister trank, ging es knappe 100 Kilometer westlich friedlicher und familienfreundlicher zu. Wusste man am Morgen bei strömendem Regen und Abfahrt in Bremen nicht so Recht, was man einpacken sollte, wurde einem gegen Mittag schnell klar: Petrus war diesem Tag wohlgesonnen. Sonnenbrille auf die Nase und Jacke aus. Auch den Regenponcho konnte man getrost im Beutel verstauen.

Nach schneller Ankunft am Zielparkplatz dank ausreichender Beschilderung vor Ort, war der Weg bis auf das Festival-Gelände nicht mehr weit. Mögen es gute 200 Meter gewesen sein, kurz das Ticket gegen ein Tagesbändchen eingelöst und in die Tasche geguckt, schon konnte es losgehen. Zu Beginn lief man auf die Zeltbühne des Watt En Schlick zu, auf der später noch Bartek, Maeckes oder die Parcels spielen sollten. Direkt daneben war die Foodmeile mit reichlicher Auswahl. Süß oder salzig? Fleischig oder vegetarisch? Für jeden Geschmack war etwas zu haben. Lokale Gastronomen reihten sich hier dicht an dicht und das Wasser lief einem im Munde zusammen.

Nach kurzer Überquerung des Deiches erreichte man die Hauptbühne, vor der sich einige Bierbuden und auch das Merch-Zelt befanden. Ging man ein paar Schritte weiter wurde man erneut zu kulinarischen Köstlichkeiten verleitet. Leckerer Kaffee von „Käthe“ oder vegane Eiskreationen aus Frucht, Limettensaft und Kokosmilch. Dahinter lag die Palettenbühne, auf oder zumindest um die sich stets Immo Wischhusen aka Flowin Immo tummelte. Hatte er jeden Tag seinen festen Platz im Programm, stand er bei Ankunft auch gerade auf der Bühne und rappte freestyle mit Worten aus dem Publikum. Kurz danach kam noch die schwimmende Floß-Bühne, die bei Flut eben schwamm und bei Ebbe seicht im Watt landete, aber stets bespielbar war.

Kaum benetzte das erste Alster die Kehle, stand auch schon die Mannschaft von The Ruffcats auf der Hauptbühne. Kennt man sie als Band von Flo Mega, liefern sie auch solo eine sehr gute Show ab. Die Besucher gesellten sich vor die Bühne, viele saßen auf mitgebrachten Decken im Sand oder auf Liegestühlen und lauschten der Musik. Die soulige und jazzige Musik der Band traf den Nerv des doch sehr gemischten Publikums. Viele Familien waren mit ihren Kindern vor Ort und nutzten den Tag als Familienausflug, aber auch viele Anwohner und Rentner waren gekommen, um sich das Spektakel anzugucken. Natürlich gab es auch junges Publikum, das sich vom Teenager-Alter bis Ende 20 zog, doch war es querbeet gemischt, was der Stimmung und der Ausgelassenheit guttat. Selten hat man auf Festivals ein so buntes, wie auch fröhliches und entspanntes Publikum erlebt. Keine alkoholischen Eskapaden, sondern familiäre Atmosphäre.

Doch genug geschwärmt und zurück zum erwähnenswerten Programm. Nachdem sich an einem der zahlreichen Essensstände gestärkt wurde und im kleinen Merchandise-Zelt wunderbare Festival-Mitbringsel erworben wurden, ging es ab an den Deich. Wasser gucken. Oder eher Watt. Denn das Wasser hatte uns bereits verlassen als wir nicht mal das Ortsschild passiert hatten. Doch so gab es viel mehr zu sehen. Mutige Menschen, die sich mal mehr, mal weniger scheu ins Watt wagten und sich hin und wieder auch eine Ganzkörperpackung Schlamm gönnten. Für die Zuschauer am Deich war das ein gelungenes Spektakel, während nebenan Alice Phoebe Lou die Hauptbühne bespielte. Frische Luft, gute Musik, Nichtstun. Guter Tag.

Gegen 17:00 Uhr wurde man aber neugierig. Hatte man sich vorher den ein oder anderen Geheimtipp aus der Spotify-Liste gezogen, zog es uns nun zu Keshavara, der auf der Bretterbühne spielte. Er überzeugte mit einer interessanten Mischung aus diskokompatiblem 80er Jahre Pop, Hip-Hop Beats und Multikulti-Einflüssen. Wer sich gefragt hat, woher er die Stimme kennt: Keshav Purushotham war ehemals Sänger der Band Timid Tiger. Fancy Auftritt. Direkt nach dem Kölner Sänger stand Megaloh, seines Zeichens deutscher Rapper mit eindringlichen deutschen Texten, auf der Hauptbühne des Watt En Schlick. Seine Show schaffte es auch Leute zu überzeugen, die ihn vorher noch nie gehört hatten. Ausdrucksstarke, ehrliche Texte aus Megaloh’s Leben, das Publikum hat es gefeiert. Direkt im Anschluss gab es schweißtreibende Tanzeinlagen von den Hamburgern Ace Tee und Kwam.e. Amerikanischer R’n’B mit eingeschleusten Rap-Parts. Dazu eine Hand voll Tänzerinnen, die synchron auf der Bühne tanzten. Was abgedroschen klingt, war eine euphorische, elektrisierende Show.

Primetime auf dem Watt En Schlick. Pünktlich um 20:15 Uhr stehen OK KID auf der Bühne. Sie liefern über eine Stunde ihre Songs ab, erzählen Anekdoten aus dem Privatleben und feuern das Publikum an. Ihre „Kaffee warm“-Trilogie wird an einem Stück gesungen und erzählt die Geschichte so erstmals komplett. Für ihren Song „5. Rad am Wagen“ holen sie sich Megaloh zurück auf die Bühne, mit dem sie diesen Song auch eingespielt haben. 90 Minuten ziehen sie ihre Fans in den Bann und werden anschließend mit großem Applaus belohnt und gefeiert.

Endspurt. Es geht stark auf 22:30 Uhr zu. Headliner Bilderbuch sollen dann auf der Hauptbühne spielen. Doch war Petrus diesem Tag wohlgesonnen, ziehen dunkle Wolken am Abendhimmel auf, in der Ferne über dem Meer sind zunächst Wetterleuchten, anschließend Blitze zu sehen. Skepsis kommt auf. Was kommt da auf uns zu? Zieht das vorbei? Ungewissheit. Doch mit jeder Minute vor der Bühne wird klarer: Bilderbuch spielen nicht wie geplant. Als begonnen wird die Boxen und Lichtanlagen auf der Bühne mit Folie abzukleben und dann auch noch die Instrumente unter dickem Plastik verschwinden, ist die Gewissheit da. Veranstalter Till Krägeloh betritt die Bühne und evakuiert das Festival. Er sagt da komme nun eine Stunde was runter, ordentlich was runter. „Geht in eure Autos und Zelte und in einer Stunde sehen wir uns wieder und gehen zusammen mit Bilderbuch so richtig ab.“ Auf erste Ernüchterung folgt die Vernunft. Hunderte Besucher strömen geordnet und gelassen wie selten vom Platz und gehen in ihre Autos, Wohnwagen oder Zelte. Das erwartete Unwetter bleibt aus, Blitze gleißen immer wieder am Himmel auf und es regnet moderat. Nach einer Stunde dann die erlösende Nachricht. Lautsprecher verkünden, das Gelände sei wieder offen. Also zurück zur Bühne, Bilderbuch warten. Nachdem sich alle nach und nach eingefunden haben und der Himmel ein letztes Mal so richtig aus den Vollen schöpft, kommen sie endlich auf die Bühne. Die Österreicher um Sänger Maurice Ernst haben Bock. Wird kurz über das Wetter sinniert, gehen sie auch schon in die Vollen. Songs wie „Maschin“, „Schick Schock“, „Sprit’n’Soda“ oder „Bungalow“ werden gespielt, das Publikum begeistert. Scheint es so als habe sich jeder Besucher aus der noch so kleinsten Ecke vor die Bühne gedrängt. So voll war es heute noch nicht. Über 90 Minuten spielen sie ihre koketten funky Popsongs und werden dabei von zwei Gospelsängerinnen begleitet. Bilderbuch wissen wie man Show macht.

Watt En Schlick das hat uns überragend gefallen. Wir kommen im nächsten Jahr gerne wieder. Wessen Interesse übrigens geweckt ist, das Watt En Schlick Fest 2018 findet vom 03.-05.08.2018 statt. Der Ticketvorverkauf hat bereits begonnen und über 50% des Kontingents sind bereits verkauft. Also ranhalten, Wattwürmer!


Mehr Beiträge aus" Musik" zur Startseite

An der Nordseeküste: Watt En Schlick Samstag teilen auf: