Alben des Jahres 2020 – von Pascal
Am meisten gehört, für gut oder sehr gut befunden, musikalisch überzeugend, nur die Stimme oder ist es das Gesamtkonzept? Eine Auswahl der besten Alben des Jahres.

Sie stand fest. Die Liste der zehn besten Alben hatte sich zurecht geruckelt. Doch dann kam da dieses eine Album dazwischen. Anfang Dezember nochmal reingehört, weil es ja schon im Oktober auf den Markt gekommen ist. Und es hörte nicht auf, das Verlangen danach, dieses Werk bis zum letzten Tag in 2020 zu hören. Es wirbelte die Top Ten durcheinander – Auflösung am Ende. Klar ist auch, dass die ausgefallenen Konzerte in diesem Corona-Jahr mit mehr Musikhören kompensiert werden mussten. Dabei ist es sicher einfacher sich bei einem Konzert auf neue Musik einzulassen, als über die Kopfhörer in den eigenen vier Wänden. Es ist also eine Liste mit Künstlern, von denen ich dieses Jahr keinen gesehen habe. Durchgehört statt live gesehen.
10. Mantar – Grungetown Hooligans II
Mantar covern sich mit „Grungetown Hooligans II“ quer durch die 90er und damit zu ihren Wurzeln. Das macht Spaß und zeigt, welche Einflüsse die beiden Bremer Musiker haben. Acht Songs, über die Claas alles hier in schöne Worte gefasst hat.
9. Laura Marling – Song for our daughter
Das ruhigste Album in dieser Liste. Harmonisch, seicht, weich und schön. Ja, fast schon kitschig. Die britische Songwriterin Laura Marling klingt, als hätte sie alles im eigenen Wohnzimmer eingespielt (war wohl tatsächlich der Keller), als träume sie vor sich hin, wenn sie ihre Songs präsentiert. Doch es ist alles so rau, so folkig, so intim, dass es eben nicht kitschig ist.
8. Biffy Clyro – A celebration of endings
Ja, das sind nicht mehr die Biffys, die es mal waren. Es ist anders. Nicht jeder alte Anhänger findet sich in den aktuellen Songs wider. Für den Vorgänger „Ellipsis“ gab es viel Kritik. Doch dieses Album der Schotten ist auf seine Weise auch ein Blick zurück auf die erflogreichen Alben „Puzzle“, „Only Revolutions“ und „Opposites“. Neben zwei Balladen auf dem Album gibt es auch schön vertrackte Stücke wie „Worst Type of Best Possible“.
7. Fynn Kliemann – Pop
Alles im Alleingang, in Eigenregie und nur per Vorbestellung. Irgendwo zwischen Deutsch-Pop und Deutsch-Rap macht Kliemann feine Musik. Und nicht nur, weil der gute Typ aus der Nähe von Zeven kommt und dort auch bleiben will, ist das alles mega sympathisch. Es ist durchweg gut anzuhören.
6. Turbostaat – Uthlande
Es hat diesen unverwechselbaren Sound, diesen bestimmten Klang, diese kantigen Melodien, die so typisch für die Herren aus Flensburg sind. Turbostaat haben es geschafft, mit bewusst gewählten, kryptischen Texten trotzdem einen guten Tiefgang in den Songs zu schaffen. Ein schnörkelloses, astreines Album.
5. 13 Crowes – Solway star
Ok, an diesen Whiskey-geschwängerten Stimmorganen geht kein Weg vorbei. Frontmann Cammy Black hat ein ganz besonders ausgeprägtes. So dass es nach Karriere in Pubs, nach Kettenraucher-Laufbahn, nach harter Arbeiterklasse, Fabrikarbeit oder stürmischer Seefahrt klingt. Schreien, brüllen. Brachial. Toll. Sehr, sehr hörenswert. Geradeaus. Schön nach vorne.
4. Red City Radio – Paradise
Red City Radio gehen mit „Paradise“ den Schritt vom rotzigen Punk-Gefilde hin zum Stadionrock. Es ist insgesamt mehr Protz als Rotz, mehr Rock als Punk, mehr Stadion als dreckiger Club, aber es ist ein durchweg ausgereiftes Album. Schade, dass die Herren nicht mehr beim Bremer Label Gunner Records sind. Anspieltipp: Love a Liar
3. Be Well – The weight and the cost
Eine richtig feine Mischung aus Harmonie und Geschrei, aus Melodie und dem nötigen Dreck, aus Gewicht und Leichtigkeit. Aus Wut und Gefühl. Aus Depression und Zuversicht. Was die Herren aus Baltimore, Maryland, mit „The Weight And The Cost“ als Debüt abliefern, bleibt hängen. In den Gehörgängen. Im Kopf.
2. Spanish Love Songs – Brave faces everyone
Mit diesem Album ging das Jahr gut los. Mit dem Song „Routine Pain“ katapultieren Spanish Love Songs die Hörer in ein sich emotionales abreagierendes Album, das vielleicht zu erwarten, aber nicht voraussehbar war. Unzählige Male gehört vor allem im ersten Lockdown. Die Band setzt diese Melancholie, diese durchdringende Dramatik, diese triefende Theatralik und energische Energie einfach großartig um.
1. Get Dead – Dancin with the Curse
Tja, damit war nicht zu rechnen. Auf einmal war dieses Album da. Und es wollte nicht mehr aus dem Kopf. Erst verstörend durch die Abwechslung und den Variantenreichtum. Doch dann funktionierte diese Mixtur aus Punk, Ska, Rap-Elementen, Sprachgesang, Western-Klängen, diverse Soundeffekten und Spielereien, ruhigeren Tönen und Geschrei so richtig. Jeder Song ist anders, jedes Stück hat seine eigene Story. Toll.
Auch für gut befunden, aber nicht in die Top Ten geschafft haben es:
Less than Jake – Silver Linings
Body Count – Carnivore
Slime – Wem gehört die Angst
Brian Fallon – Local honey
Sleaford Mods – All that glue
Tim Vantol – Better days
Bob Dylan – Rough and rowdy ways
Trixsi – Frau Gott
NOFX & Frank Turner – West Coast vs. Wessex
100 Kilo Herz – Stadt Land Flucht
Idles – Ultra mono
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