Mantar – Grungetown Hooligans II, Mantarecordings 2020

Nach drei Studio-Alben, einer Live-Scheibe und einer EP in nur fünf Jahren war es an der Zeit sich selber bei Laune zu halten. Mantar veröffentlichen eine Coverplatte.

www.bandcamp.mantar.com

Wird Mantar Sänger Hanno nach seinen Lieblingsplatten für die einsame Insel gefragt, würde er vermutlich die „Learning English“ von den Toten Hosen nennen. Was lege da näher, als sich einmal selber an eine Coverplatte zu versuchen? Mantar Learning German, wäre sicherlich ein interessantes Projekt, bis es aber soweit ist, verneigen sich Mantar zunächst vor den Helden der eigenen Jugend. Statt Punksongs, wie bei den Hosen, liegen die Wurzeln der beiden Bremer in einem Genre, das irgendwann mal jemand als Grunge bezeichnet hat. Wie der Titel der Platte unschwer vermuten lässt, handelt es sich genau um den sogenannten Seattle-Sound rund um das Sub Pop Label. Bei solchen Genres werden allerdings gerne verschiedene Bands in eine Schublade gesteckt, die überhaupt nicht zusammen passen.

Sonic Youth, L7, Jesus Lizzards, Mazzy Star, 7 Year Bitch, Babes in Toyland und Mudhoney seien hier genannt, Bands, die allesamt auf dieser E.P. vertreten sind, deren einzige Gemeinsamkeit aber der kreative Höhepunkt Anfang der 90’er Jahre ist. Mit Grunge im engeren Sinne hat, wenn überhaupt, nur Mudhoney, als erste Band auf Sub Pop überhaupt, zu tun. Neben Grunge stehen die frühen 90’er Jahre auch für die Riot Grrrl Bewegung, zu denen einige Bands auf Grungetown Hooligans II eher gezählt werden können (ne, auch nicht so richtig, aber ihr wisst, was ich meine), jedenfalls sind die Aggression, Message und Kompromisslosigkeit von Bands wie Bikini Kill, Babes In Toyland, 7 Year Bitch, L7 und diversen anderen bis heute unerreicht. Wie es auch gedreht und gewendet wird, die 90er Jahre waren für nischige Rockmusik und Bands jenseits der großen Rockstarpose eine wunderbare Zeit. Und die daraus resultierende “Anti-Haltung” eine leicht zu kopierende Idee. (Eine Anti-Haltung übrigens, die heute allzu oft bei Bands vermisst werden kann. Rockstarposen kommen selbst bei vielen aktuellen Punkbands, so genannte, vor, ohne die Problematik dabei und damit zu erkennen.)

Ein gutes Cover zu spielen ist ein Kunststück. Auf keinen Fall darf ein Lied einfach nachgespielt werden, sondern gilt es, mit dem eigenen Stil einem Song zu interpretieren. Trotzdem bleibt es unabdingbar, dass das Original unbedingt erkennbar bleibt. Genau dies gelingt Mantar auf ihrer Platte, prominentestes Beispiel ist vielleicht, das von einem markanten Gitarrenpicking durchzogenen, „Ghost Highway“ von Mazzy Star. Aber auch die dahin gerotzten ersten Zeilen: „plastic people with their plastic lives, plastic lips tell plastic lies“, rufen sofort L7 ins Gedächtnis. Das haben Mantar bei der Songauswahl geschickt gemacht, und sich Lieder mit Momenten der hohen Wiedererkennung rausgesucht. Die ganze Geschichte ist allerdings, dass sich diese Stücke allesamt auf einer Mixkassette (für die jüngeren unter den Lesern, so was ähnliches wie eine Playlist, nur zum mitnehmen) befanden, die Drummer Erinc dem jungen Hanno vor dem Wehrschloss in Bremen in die Hand gedrückt hatte und scheinbar nachhaltig Eindruck gemacht hat.

Grungetown Hooligan II ist ein Fest für alle! Für diejenigen, die die gecoverten Bands schon lange kennen, für Fans von Mantar sowieso und wer sich auf eine musikalische Entdeckungsreise begeben (und nebenbei etwas über Feminismus und Anti-Sexismus lernen) will, ist bei diesem Minialbum an der richtigen Adresse.

Tracklist:

L7 – The Bomb
The Jesus Lizzard – Puss
Sonic Youth – 100%
Mazzy Star – Ghost Highway
L7 – Can I Run
Babes In Toyland – Bruise Violet
Mudhoney – Who You Drivin‘ Now
7 Year Bitch – Knot


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