Jamie Lenman – The Atheist, Big Scary Monster, 2022
Der Ex-Reuben Frontman überzeugt auf seinem fünften Soloalbum mit sonnigen Melodien mitten im Winter.

Es gab mal eine Zeit, da konnte der Name Frank Turner nicht ausgesprochen werden, ohne vorher oder hinterher Jamie Lenman zu erwähnen. Damals gehörte Jamie mit seiner Band Reuben zur Speerspitze des englischen Hardcores und ein gewisser Francis Turner eiferte Reuben mit seiner Band Million Dead nach. Beide veröffentlichten seiner Zeit bei dem britischen Indie X-tra Mile, doch das ist lange her, beide machen bis heute Musik.
Normalerweise versuche ich Vergleiche in Texten wie diesen zu vermeiden, manchmal allerdings ganz selten, da geht es nicht anders. Wer jemals die großen Melodien und Hooks von Weezer geliebt hat, muss mindestens dem Refrain von Talk Hard verfallen! Zwar ist der Song schon eine Weile draußen, blicke ich aber heute, am 22. Dezember 2022, nach draußen in ein tristes und graues Wetter, dann strahlt in meinem Zimmer trotzdem die Sonne. Und das dank diesen Liedern. Doch das ist nicht die einzige große Melodie auf dem Album. Im Grunde strotzt das ganze Werk nur so von sonnigen Riffs und Hooks, als läge der Strand von Malibu oder Newport Beach nur ein paar Meter vor einem, ohne dabei dieses bestimmte Britische in der Musik und den Texten zu verstecken.
Dabei verdeckt die fröhliche Musik die teils nachdenklichen Texte über toxische Freundschaften, Sozioökonomie oder, wie der Titel nahelegt, Religion. Trotzdem darf in Zukunft ein ganzes Stadion gerne „Lena Don’t Leave Me“ aus vollem Hals mitgrölen. Denn The Atheist ist im Grunde für die ganz große Bühne geschaffen. Ob es so weit kommt, ist ungewiss. Im Grunde hat Jamie Lenman alles, was es braucht, um ein Popstar zu sein. Einen exzentrischen Look, stets in Anzug und mit Schnauzer, ganz gewiss die richtigen und starken Songs und eine Stimme und Attitüde, die einen hohen Wiedererkennungswert aufweist. Ach, wäre es nicht schön, in einer besseren Welt zu leben?!
The Atheist ist schon nach dem ersten Hören wie ein neuer Freund, der dir in irgendeiner Bar zufällig über den Weg gelaufen ist und bei dem du nach nur wenigen Minuten so viele Gemeinsamkeiten feststellst, dass du dich fragst, wieso ihr euch nicht schon viel früher begegnet seid. Ihr teilt dieselben Lieblingsbands und -songs und seit von nun an unzertrennlich wie zwei Brüder.
„Jamie, this one is for you!” Thanks man.
The Atheist ist bereits am 25. November 2022 erschienen. Wie es in dieser Zeit nun mal so ist, bin ich erst jetzt dazu gekommen, dazu etwas aufzuschreiben. Viel Spaß mit diesem tollen Sommeralbum im Winter.
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