Alben des Jahres 2022 – von Pascal

Tipps, Hits und viel Musik: Eine Auswahl der besten Alben des Jahres. Mit Reihenfolge.

Frank Turner. Foto: pfa

Es waren einige. Einige gute Alben, die dieses Jahr auf den Markt gekommen sind. Doch was waren die besten? Klar, das ist immer sehr subjektiv. Und wer hört in Zeiten von Spotify und Streaming überhaupt noch ganze Platten? Bei vielen sind es oft nur noch einzelne Songs. Das zeigen auch meine Spotify-Listen. Aber es gibt sie, die Platten, die von vorne bis hinten gehört werden. Vor allem, wenn es Künstler sind, die man ohnehin schon lange hört. Hier meine Liste mit den Alben des Jahres 2022. Eine  Top Ten.

10. Machine Gun Kelly – Mainstream sellout
Ok, einige werden an meinem Musikgeschmack zweifeln. Aber das tun sie ja sowieso. Ich habe keine Ahnung, warum mich dieser Pop-Punk-, Hip-Hop-, Rock- oder  Irgendwas-Mischmasch überhaupt anspricht. Ja, Machine Gun Kelly ist irgendwie ein seltsames Teenie-Idol, andere würden sagen eine „Witzfigur des Pop“. Und dann ist der Typ auch noch mit US-Schauspielerin Megan Fox liiert. Sie soll hin und wieder sein Blut trinken. Abgefahrene Scheiße. Und dann sind da Drogen, Depressionen, Emo-Kram und Starallüren. Also mit Punk, wie ich ihn eigentlich verstehe, hat da so gar nichts zu tun. Musikalisch ist das auch irgendwie so eine 2000er-Resteverwertung, Schreibt zumindest auch Plattentests. Aber: Ich mag irgendwie mehr als den Song „Emo Girl“ feat. Willow. Ich habe das Album dieses Jahr immer wieder gehört. Dafür habe ich sogar einige echt gute Platten aus der Liste geworfen. Also richtig gute Scheiben. Ich weiß nicht warum. Aber dieses Album musste noch in die Top Ten gequetscht werden.

9. Shoreline – Growth
Das Album lag lange bei mir rum. Das erste Hören hatte mich nicht überzeugt. Auch beim zweiten Mal funkte es nicht so richtig. Ja, gute Jungs. Ja, gute Songs. Aber irgendwie wollten Kopf, Herz oder Gefühl einfach nicht. Und dann: Dann sah ich die Jungs im Bürgerhaus Weserterrassen. Und auf einmal machte alles Sinn. Mit offenen Mund stand ich da, das Konzert haute mich um und knallte mir die Songs in den Kopf. „Konichiwa“ überzeugte mich am meisten – gehört zu meinen meist gehörten Liedern in diesem Jahr. Ich sollte einfach häufiger auf die Tipps von Uncle-M-Chef Mirko hören. Mitreißender, moderner Emo-Punk-Rock, der thematisch halt auch mal richtig in die Tiefe geht. Klimakrise, kritischen Konsum oder anti-asiatischer Rassismus. Stark.

8. Press Club – Endless Motion
Im Prinzip meine Neuentdeckung des Jahres. Press Club haben mich allerdings mit ihrem 2019er Album „Wasted Energy“ überzeugt. Zumindest sagt das meine Playlist und das Album habe ich auch bereits seit Anfang des Jahres. Das neue Werk „Endless Motion“ habe ich mir erst später gekauft, aber es begeisterte mich sofort. Die australische Punkband um Sängerin Natalie Foster schreibt kraftvolle, intensive Songs, die alle ein ganz eigenes Gefühl transportieren können. Und Live ist diese Band einfach überragend.

7. Grillmaster Flash – Komplett ready
Grilli, Christian oder eben Grillmaster Flash gehört nicht nur in diese Liste, weil er Bremen-Norder ist. Weil er im Viertel rum rennt, beim Grand Hotel van Cleef seine Platten rausbringt und so oder so ein guter Typ ist. Nein, Grilli hat das Talent zwischen Ernst, Anspruch und Melancholie richtig viel Spaß und Gute Laune zu verbreiten. Es sind die Geschichten aus dem Alltag, mit Augenzwinkern und dieser unnachahmlichen Flash-Attitüde. Toll ist das. Und sein Album auch. Und hey, sogar mein Vater bekommt den „Ruf der Taube“ nicht mehr aus dem Kopf.

6. Hot Water Music – Feel the void
„Killing Time“ als Vorbote des neuen Albums „Feel The Void“ rückte gleich mal ein paar Sachen zurecht. Hot Water Music sind wieder da. Auch wenn es ein paar Jahre nichts Neues gab, haben hier Idole, eine Referenzband ein neues Album vorgelegt. Da hatten ein paar Herren und Sänger Chuck Ragan mal so richtig Bock. Das hört man in fast allen Songs. Heraus sticht der Song “Habitual”. Ich mag das einfach.

5. Phantom bay – S/T
Die Überraschung des Jahres. Und dann auch noch aus Bremen. Trotz der sehr frühen Rezension von Claas und dem Hinweis, dass es da eine sehr spannende, neue Band gibt, dauerte es, bis ich mich darauf einließ und dem Album nicht nur einen Durchgang gönnte. Und dann: Dann wurden es mehr und mehr. Das Kuriose an der Musik: Ich kann mich voll und ganz auf diesen Hardcore-Punk konzentrieren und in ihm verlieren. Ich kann das Album aber auch einfach nur nebenbei hören, beim Schreiben, beim Machen. Schön laut und herrlich hektisch, aber auch melodisch und emotional. Ruhig und explosionsartig. Großer Sport.

4. Frank Turner – FTHC
Es gab da diesen Wunsch. Frank Turner mal wieder mit schnelleren, härteren, raueren Songs zu hören. Und siehe da: Mister Turner brachte FTHC raus. Es ist diese von ihm im Song „Four Simple Words“ und zu jedem Konzert angekündigte Punkrock-Show. Schön auf die zwölf. Die angestaute Energie durch Lockdown und viel Zeit in den eigenen vier Wänden sind deutlich rauszuhören. Herrlich, wie Turner auch einfach mal nur Brüllen kann („Non Serviam“).

3. Axis of – Bella Pacifica
Drei Freunde aus Nordirland. Von der Küste. Karohemden. Natürlich. Bislang unbekannt. Die Musik soll im Bereich Post-Punk und Hardcore liegen. Dabei ist es eher Indie, Alternative. Das Album? Eine kleine Offenbarung. Schön verspielt, frisch, feine Melodien, toller Gesang. Und die Texte, teilweise herzzerreißend. Es geht um schlechte Zeiten und insbesondere auch um die lange und schwere Krankheit von Sänger Niall. Und: Großartige Gitarrenwände kommen hinzu.

2. Between Bodies – Electric Sleep
Es war nur ein beiläufiger Tipp. Hör dir doch mal Between Bodies an. Und wenn der geschätzte Kollege Jens Otto als absoluter Musik-Liebhaber und Experte für gute Musik das sagt, dann sollte man das tun. Denn dann entdeckt man Platten wie diese. Eine Emo-Punk-Großtat, sagt der Kollege. Und ja, es ist ein ergreifendes, mitreißendes, saustarkes Album. Musik, die befreit. Musik, die tief im Inneren ganz groß ist. Die stimmliche Vielfalt, die großartige Melodien – das ist musikalisch wie textlich richtig gut.

1. Slime – Zwei
Eigentlich sollte dieses Album nicht auf Platz eins landen. Nein, das war nicht geplant. Das war nicht absehbar. Denn ist Slime etwa einen Kritikerband? Eher nicht. Aber mit dem neuem Sänger Tex Brasket wurde allerdings alles anders. Also aus meiner Sicht. Und wenn Slime schon den Sänger ersetzt, muss es anscheinend auch knallen. Ergebnis: Der ehemalige wohnungslose Berliner Straßensänger Brasket lieferte ab. Songs wie „Komm schon klar“, „Heute nicht“ oder vor allem „Sein wie die“ sind einfach so sehr Punkrock, wie ich schon lange nichts mehr gehört habe. Früher haben Slime all die Slogans gesungen, die eine ganze Bewegung (Generation?) mitschreien konnte. Damit war irgendwann Schluss, die Band traf nicht mehr so richtig den Nerv der Zeit. Doch jetzt durch Frontmann Tex und seine Geschichte, haben die Songs wieder eine Relevanz, eine Tiefe und vor allem eine riesige Ehrlichkeit. Von der Straße, auf die Bühne, in die Ohren. Wie heißt es so schön in „Sein wie die“: „Doch aus der Scheiße wächst die Blume und selbst Beton bringt manchmal Glück“.

Ganz knapp nicht geschafft haben es folgende Platten:

Mantar – Pain is forever and this is the end
Anxious – Little Green House
KMPFSPRT – Euphorie und Panik
Mad Monks – „El Loko Karacho“
Kaffkiez – Alles auf Anfang
No fun at all – Seventh Wave
Love A – Meisenstaat
Flo Mega – Über das Grau
The Flatliners – New ruin
Tocotronic – Nie wieder Krieg
NOFX – Double album
Petrol Girls – Baby
Dan Mangan – Being somewhere
Craig Finn – A legacy of rentals
Billy Talent – Crisis of faith
Amyl & The Sniffers – Comort To Me
Fjørt – Nichts
Titus Andronicus – The will to live
Vizediktator – Was kostet die Welt
Emilie Zoé – Hello future me
Die Nerven – Die Nerven
Shitney Beers – This is Pop
Pale – The Night, The Dawn And What Remains

 


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