Derbysieger!

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Bremen. Werder ist Derbysieger und man darf gespannt sein, wann der HSV die Chance zur Revanche bekommt. 9 Punkte trennen die beiden Konkurrenten nun und die Wahrscheinlichkeit wächst, dass der HSV in der kommenden Saison zwar die Chance zur Derbyrevanche haben, es dann allerdings gegen den FC St. Pauli gehen wird. Werder sollte sich allerdings auch nicht sicher fühlen, nur 2 Punkte auf den Relegationsplatz sind zu wenig, um am letzten Spieltag beruhigt nach Mainz zu reisen.

Das Spiel gegen den HSV verlief so, wie man es nach den Leistungen der Hamburger aus den vergangenen Wochen erwarten konnte – es war unschön. Unter Bernd Hollerbach spielt man in Hamburg einen Fußball, der eine Beleidigung für alle Liebhaber dieses Sports ist. Nach vorne passiert herzlich wenig, die wenigen Aktionen sind unstrukturiert, ein Spielaufbau findet nicht statt und Torgefahr entsteht höchstens zufällig. Nach hinten allerdings stellt der HSV auch spielerisch starke Gegner vor Probleme, eine in diesem Bereich noch lernende Mannschaft wie Werder umso mehr. Das Mittelfeld wird wahnsinnig eng zugestellt, das Motto lautet „Hauptsache weg mit dem Ball“ und notfalls wird gefoult. Ein attraktives Fußballspiel ist so absolut unmöglich und als Gegner kann man da eigentlich nur schlecht aussehen. Es bleibt aber festzuhalten, dass diese Spielweise in den allermeisten Fällen nicht erfolgreich ist, da sich dann doch entscheidende Fehler einschleichen oder der Gegner irgendwann ein Mittel für zumindest einen Treffer findet, der dann im Normalfall für 3 Punkte ausreicht.

Werder fand dieses Mittel spät im Spiel und es war einmal mehr Philipp Bargfrede, der in der entscheidenden Szene das Derbyfieber personifizierte. Ballgewinn mit vollem Risiko und Einsatz gegen den schläfrigen Hamburger Wood, eine schnelle Bewegung in Richtung Strafraum, trotz vermeintlichen Foulspiels in aussichtsreicher Freistoßposition dann im Fallen der mit Übersicht gespielte Pass auf Johannsson – wenn alle Bremer über 90 Minuten so gespielt hätten, wäre der HSV wohl tatsächlich wie auf DAZN prophezeit an die Wand geklatscht worden. Johannssons mutiger Abschluss trudelte durch Torwart Mathenia hindurch in Richtung Torlinie, wo Ishak Belfodil im Verbund mit van Drongelen dem Ball den letzten Schubser über die Linie gab. In den offiziellen Statistiken taucht der Treffer noch als Eigentor von van Drongelen auf, Werder zeigt durch eine über dem Tor angebrachte Kamera zeigen, dass der letzte Kontakt eventuell doch von Belfodil ausging. Dieser Treffer war ohnehin sehr eventuell und einmal mehr der Beweis dafür, dass noch so viele Kameras nicht jede Szene auflösen können. Abseits? Vielleicht einen Zentimeter, je nach Kameraeinstellung. Torschütze? Vielleicht van Drongelen, vielleicht Belfodil. Am Ende ist das egal – Werder ist Derbysieger.

Vor dem Spiel habe ich hier bei HB-people.de ein paar Vorzeichen zum Spiel aufgeschrieben, die ich gerne wieder aufgreife.

Vorzeichen 1: Der Blick auf die Tabelle.
Wie erhofft sind es nun 9 Punkte und 11 Tore, die Werder vor dem HSV liegt. Das Ende in der 1. Bundesliga ist nah für den HSV, bei noch 30 zu vergebenden Punkten müssten es schon mindestens 15 sein, um überhaupt noch eine Chance auf den Relegationsplatz zu haben. Das traue ich persönlich dem HSV nicht zu. Für Werder war der Sieg umso wichtiger, da Mainz am kommenden Wochenende zum direkten Duell nach Hamburg fährt – der Relegationsplatz ist nach wie vor in gefährlicher Nähe.

Vorzeichen 2: Hamburg zwischen Selbstzerstörung und Hoffmann-Aufbruchstimmung.
Nach dem Spiel kann man sagen, dass die Selbstzerstörung gesiegt hat. Die Aktionen im Gästeblock wirkten wie der Versuch, einen Spielabbruch zu erzwingen und es verwundert mich, dass keiner der Hamburger Verantwortlichen den Gang ans Stadionmikrofon antrat, um den eigenen Fans ins Gewissen zu reden. Ans Mikrofon trat nach dem Spiel dann Heribert Bruchhagen, der trotz gegenteiliger Fernsehbilder fest von einem Abseitstor ausging und die Videoschiedsrichter beschimpfte. Schuld muss in Hamburg scheinbar wer anders sein, ansonsten müsste man sich ja um die eigenen Fehler kümmern.

Vorzeichen 3: Explosive Stimmung.
Das wurde in der Hamburger Kurve zu wörtlich genommen. Über bunte Pyros, die wie z.B. am Millerntor am Sonntag stimmungsvoll abgebrannt werden, kann man geteilter Meinung sein, zumindest darf man sie schön finden. Bei Feuerwerk, das in andere Blöcke oder auf das Spielfeld fliegt, sieht die Sache anders aus. Das sah wie gesagt danach aus, dass man einen Abbruch provozieren wollte. Nach Werders Führung flogen noch diverse andere Gegenstände in den Unterrang, das Fangnetz vor dem Oberrang war anscheinend da schon nicht mehr ansatzweise intakt. Da mag es noch so viele sympathische HSV-Fans geben, mit denen man bei einem Abstieg bei aller Derbyschadenfreude noch ein wenig Mitleid hätte – solche Aktionen sorgen dafür, dass man den HSV in der Bundesliga und als Werderfan sogar das Nordderby nicht vermissen wird.

Vorzeichen 4: Es geht für Werder darum, den guten Trend zu retten.
Das hat Werder geschafft. Trotz Hamburger Spielzerstörung hat Werder am Ende ein Mittel gefunden und das Spiel gewonnen. Kohfeldt bleibt im Weserstadion ungeschlagen und 3 Siege aus den letzten 4 Bundesligaspielen sind für eine Mannschaft im Abstiegkampf ein deutliches Statement.

Nun geht es für Werder am kommenden Freitag nach Mönchengladbach, anschließend steht das Duell mit dem dann vielleicht nicht mehr Tabellenletzten aus Köln am Montagabend an. Zweimal Flutlicht, zweimal nicht Sonnabend 15:30 Uhr, zweimal ruckeliger Eurosport Online-Stream mit 40 Sekunden Zeitverzug statt Fernsehlivebild in HD, zweimal die Chance auf einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt. Die DFL hat 5 Montagsspiele eingeführt, um angeblich die Europapokalteilnehmer zu schonen und nun spielt am 12. März Werder gegen Köln, die bei der Ansetzung schon lange aus Europa ausgeschieden waren. Wundern tut das wahrscheinlich niemanden mehr, da es DFL und somit den an der damals einstimmigen Entscheidung beteiligten Bundesligaclubs offensichtlich ziemlich egal ist, was die Fans davon halten. In Bremen haben einige Ultragruppen einen Boykott des Spiels angekündigt, mir persönlich hat der laute und sichtbare Protest im Frankfurter Stadion besser gefallen als die leere Stille in Dortmund.

 


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