Ein ganz großes Wohnzimmerkonzert

Mine ist mit ihrem neuen Album „Baum“ in stimmiger und persönlicher Atmosphäre im Kulturzentrum Schlachthof aufgetreten.

Mine

Bremen. Nur 18 Monate nach ihrem letzten Gastspiel, ist Mine mit ihrer Band am Montagabend wieder im Bremer Schlachthof aufgetreten. Ihr neues, bisher erfolgreichstes Album „Baum“ hat viele Besucher*innen ins Kulturzentrum gelockt, das sehr gut besucht ist. Nachdem Mine im letzten Sommer noch mit ganzem Orchester auf Festivalreise war, fasst ihre Live-Band auch fünf Musiker*innen. Ein satter, abwechslungsreicher, dynamischer Sound also, den die Fans auf dem zehnten Abend ihrer Tour zu hören bekommen.

Zunächst darf Lie Ning als Support-Act ein gut halbstündiges Set spielen. Der Berliner Sänger steht mit seinem Keyboarder Jan auf der Bühne und spielt gefühlvollen, experimentellen Pop mit Soul- und R’n’B-Einflüssen. Die in Nebel getauchte Bühne mit rotem und blauem Licht hüllt die Musik mit elektronischen Elementen in eine stimmige Atmosphäre, dafür sorgen auch zwei Spotlights von oben sowie Licht von der Seite. Zwischen den Stücken berichtet Lie Ning über seine Erfahrungen als farbige, queere Person in Deutschland und hinterlässt so einen über die Musik hinaus gehenden Eindruck.

Schon bevor Mine auf die Bühne kommt, beeindruckt das Bühnenbild mit riesigem Backdrop in Baumwurzel-Optik, einem großen, weißen Baum in der Mitte der Bühne sowie passender Verkleidungen vor den drei Keyboards. Die fünf Live-Musiker*innen um Mine tragen ebenfalls entsprechende Shirts, somit ergibt es optisch ein sehr stimmiges, einheitliches, tolles Gesamtbild.

Mines neues Album „Baum“ steht ganz klar im Mittelpunkt des Abends, die Sängerin präsentiert fast alle Stücke ihres neuesten Werks. Unterstützt wird sie von ihrer extrem vielseitigen, talentierten und wandelbaren Band, die nicht nur regelmäßig zwischen den Instrumenten wechselt, sondern zu der gleich zwei Drums-Sets gehören, wobei einmal der Fokus eher auf Percussion liegt. Ein wahnsinnig beeindruckendes, abgestimmtes Bild nahe der Perfektion.

Schon nach dem zweiten Stück „Elefant“ brandet von allen Seiten lauter, kräftiger Applaus auf, der gar nicht mehr abebben will. Mine lobt die private Atmosphäre des Schlachthofs, obwohl sie vor ihrem bisher größten Publikum in Bremen spielt, fühle es sich an wie auf einem ganz großen Wohnzimmerkonzert. Von dieser Stimmung wird sie durch ihr gut zweistündiges Set getragen. Zuckersüße Pop-Songs reihen sich an temporeiche und tanzbare Stücke und auch ruhige und nachdenkliche Stücke wie das einst titelgebende „Klebstoff“ gehören zum Konzert. Darin geht es um den Tod ihrer Mutter, ebenso wie im neuen „Staub“, das Mine solo und ganz ruhig am Piano vorträgt – ganz emotional und berührend!

Beim Titeltrack „Baum“ singt die gebürtige Stuttgarterin über sphärische, elektronische Sounds, während „Hinüber“ mit den voll ausgespielten, doppelten Drums sowie drei Toms in vorderster Reine eine ganz große, dichte Dymanik erzeugt. Ein doppeltes Drum-Solo gibt’s bei „s/w“ und das sehr Bilderbuch-esque „Fesch“ überzeugt mit prägnanter Basslinie. Die zweite Strophe von „Danke, gut“ darf Lie Ning singen – der ganze Abend wechselt spielerisch zwischen Pop, Electro und Hip-Hop, da die Musik von Mine so vielseitig beeinflusst ist.

Gegen Ende des Abends teilt Mine ihre Gedanken über das Musikbusiness, das viel diverser und progressiver gefördert werden könnte, aber spätestens mit dem Börsengang von Universal nur noch auf kommerziellen Gewinn und schnellstmögliche Klicks ausgelegt ist. Ihr passender Song dazu heißt „Audiot“ – die Wortkombination erschließt sich wohl. In der Zugabe gibt es nach großem Chor bei „Ich weiß es nicht“ als letztes Stück den mit Abstand ältesten Song im Set für die eingefleischten Fans: „Das Ziel ist im Weg“.

Seht euch hier unsere Konzertfotos an:

 


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