Clubs in der Corona-Krise: Gastfeld

Durch die Corona-Pandemie sind Bremer Clubs, Musikspielstätten oder Kneipen in ihrer Existenz bedroht - so sieht die Situation beim Gastfeld in der Neustadt aus

Das Gastfeld in der Bremer Neustadt.

Es sind schwere Zeiten für Clubs, Spielstätten, Kneipen und Festivals. Doch wie geht es den Bremer Einrichtungen eigentlich wirklich in dieser Club-Corona-Krise? Wie stellt sich ihre Situation dar? Wie kann eine Zukunft, eine Perspektive aussehen? Was passiert eigentlich, wenn die Läden dann wieder öffnen dürfen? Und was fehlt gerade besonders? Heute im Interview: Thorben Koehn vom Gastfeld in der Neustadt.

Wie schlimm, beschissen oder gerade noch gut ist eure/deine Situation gerade durch die Coronavirus-Zwangspause gerade?

Sie ist natürlich äußerst bescheiden. Das Gastfeld ist einerseits klassische Gastronomie, auch mit Außenbereich, wobei uns das gute Wetter nun gerade leider entgeht – und hat andererseits auch viele Veranstaltungen, die nun ausgefallen sind, von Konzerten der latestpop-Reihe über Jazzahead bis zu subkulturellen Veranstaltungen wie „Lesen für Bier“ und „Powerpoint-Karaoke“ oder unser „Livemusik-Quiz“. Zum dritten betreibe ich nicht nur das Gastfeld, sondern unternehme mit „Flixen“ Kickerevents und Kickerpartys für Lokale, Clubs aber vor allem auch für viele Firmen – da gab es seit Anfang März nun schmerzhafte Stornierungen von Events und Kickertischleihen. Alles in allem fehlt natürlich eine bedrückende fünfstellige Summe – auch trotz erhaltener Direkthilfen und Spenden, wofür ich mich an dieser Stelle bei allen Helfern und Helferinnen ausdrücklich und demütig bedanken möchte. Ich komme auch noch persönlich auf Euch zurück. Explizit geht ein Dank an den Verein „Clubverstärker“ aus Bremen, der unsere Interessen in Bremen hervorragend kanalisiert und bündelt und sammelt.

Wie geht das alles weiter? Habt ihr einen Plan?

Weiter Spenden sammeln, Gutscheine anbieten und Soli-Aktionen – unsere SupporterInnen können bei uns das Union-Lokal-Support-Bier mit Gastfeld-Etiketten kaufen, dabei und ganz tolle Partner sind außerdem, neben der Union-Brauerei, die Lila Eule, das Heartbreak Hotel, der Taubenschlag, das Rum Bumpers und der Tower Musikclub. Die Tage kommen Gastfeld-Masken dazu, außerdem Gastfeld-Shirts in sechs Versionen. Und die Hoffnung, bald unseren Außenbereich – mit einem bereits vorhandenen Hygiene-Plan – öffnen zu dürfen. Vielleicht sogar den Innenbereich. Wobei ich – nicht nur ich, sondern auch viele MitstreiterInnen – wichtige Anliegen haben – eine Wiederholung der Direkthilfen für die Gastronomie (und natürlich auch für die besonders gebeutelten VeranstalterInnen), eine Erlaubnis auch für die Bewirtung des Tresens sofern der Innenbereich eröffnet werden darf (hier kann man sehr wohl auf Abstände achten – und es ist eine wichtige Anlaufstelle für die Nachbarschaft und den Austausch untereinander) und keine zu knappen Öffnungszeiten, wie sie im Gespräch sind. Hier sehe ich einerseits die Chance uns draußen eine Öffnung bis 23 Uhr statt nur bis 22 Uhr zu erlauben – die Zeiten und das Wetter und das Ausgehverhalten hat sich über die Jahrzehnte in Deutschland nun einmal sehr verändert.

Und natürlich Steuererleichterungen und alle denkbaren Hilfen, die dafür sorgen, dass unser kulturelles Leben in Bremen nicht total abstirbt. Der Plan dahinter sähe dann leider so aus, mit einem reduzierten Team irgendwie diese Durststrecke zu überstehen, um dann ab 2021 oder 2022 wieder mit vollen Kräften das Lokal überhaupt weiterbetreiben zu dürfen. Und dann gibt es doch immer noch diese Hoffnung auf eine positive Überraschung – Medikamente, Impfstoff, eine Mutation des Virus zum Harmlosen, Entwicklungen, an die man noch gar nicht denkt. Die Chance, dass wir in Bremen die Epidemie eben doch mit konventionellen Maßnahmen gut in den Griff bekommen und schlicht weg kein Hot Spot waren und werden.

Solidarität, Videokonferenzen und ein anderer Umgang miteinander: Was ist aus dieser Corona-Krise zu lernen?

Was daraus zu lernen wäre, wurde oftmals betont – ich werde das jetzt nicht nochmal wiederkauen – nur davor warnen, zuviel Erleuchtung zu erwarten. Am Ende ist es doch so, dass zum Beispiel trotz der Betonung auf diverse Lieferketten am Ende das günstigste Produkt in unserem Wirtschaftssystem oft zählt, weil das Unternehmen, das teurer, diverser kauft, Marktanteile zu verlieren droht – und letztlich sogar die Übernahme durch zu geringen shareholder value und einen niedrigen Börsenkurs. Oder dass ich nicht dran glaube, dass der unselige Trend unser Gesundheitssystem zu privatisieren und mit ungerechten Fallpauschalen kaputt zu machen, Pflege mithin auch zu gering zu bezahlen, ein Ende finden wird. Das mal zum ganz großen Rad. Wir bewegen uns selbst natürlich in einem kleineren und haben uns mit unserem Lokal schon vorher, denk ich, sozial und solidarisch verhalten, es ist aber schön zu sehen, wie sich hier in Bremen eine Szene zusammen tut, man sich gegenseitig hilft, mit Gesprächen, Beratungen und gemeinsamen Aktionen.

Was ist das erste, das ihr machen werdet, wenn euer Club/Kneipe wieder aufmachen darf?

Wahrscheinlich leider unglaublich viel desinfizieren, immer wieder…

Welches Konzert, welchen Musiker wollt ihr in besseren Zeiten auf jeden Fall live sehen?

Ich freue mich am meisten auf Tiflis Transit und Berlin Syndrome, weil es dann ein Zeichen wäre, dass es schon 2020 wieder Konzerte bei uns gibt.

Spenden für die lokale Clubszene geht hier: www.clubverstaerkerunited.de


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