Die Besten des Jahres 2018 – von Claas

Eine Auswahl vom Redaktionsmitglied Claas. Und eine Danksagung an Freunde.

Das Jahr 2018 fing eigentlich bereits im Herbst 2017 an, als GLEN HANSARD sein Album „Between Two Shores“ ankündigte und gleich dazu eine wahnsinnige Version vom Albumtrack „Time Will Be The Healer“, aufgenommen bei einer Aufzeichnung von TV Noir, auf die gängigen Videoplattformen veröffentlichte. Gleich in der zweiten Woche des Jahres erschien das Album, voller wunderbar poppigen Folk Songs, die allzu oft in Vergessenheit geraten, aber jedes Mal aufs Neue zu überzeugen wissen, sobald die Platte aufgelegt wird. „Thunder Road blasting out of E-Street-Radio!“

Das Schönste an meinen Lieblingsplatten dieses Jahres ist, dass ich die Ehre hatte, über fast jedes Album aus dieser Liste schreiben zu dürfen. Und noch viel schöner ist es, dass ich aus fast jeder Band mit einem oder mehrere Mitglieder Freundschaften oder zumindest Bekanntschaften pflege. Da wären dieses Jahr das „Bremen-Trio“. Als Erstes ist hier STUN zu nennen. Ebenfalls im Herbst 2017 begann ich ein Porträt über die Band, für das Fanzine TRUST, zu schreiben. Da lief der fertige Album-Mix bereits seit ein paar Wochen bei mir zu Hause. Zunächst für ein Release in April geplant, folgte die Veröffentlichung von „Today, We Escape“ schließlich im August. Dem vorausgegangen war eine Crowdfunding Kampagne, um die Produktion einer limitierten weißen Vinyl zu stemmen. Zudem durfte ich ein Bandinfo zu dieser wundervollen Platte schreiben. Deswegen kann ich hier keine weiteren Wörter verlieren. Ich habe bereits alles gesagt, was gesagt werden muss.

Im Sommer folgte das neue Album von MANTAR „The Modern Art Of Setting Ablaze“. Damit einhergehend unzählige Telefonate und E-Mails mit Sänger Hanno, weil er unzufrieden mit einem Text von mir über das Album war und sich falsch interpretiert fühlte. Dabei kann eine Interpretation eigentlich nicht falsch sein, handelt es sich doch um die Meinung des Autors alleine, die er sich oftmals nachts, alleine, beim Hören des Albums zurechtgelegt hat und damit dem Künstler Respekt zollt, weil der Schreiber Zeit und Energie in eine Sache steckte, die er mit einem schnöden Interview viel leichter haben kann. Ich tat Hanno den Gefallen trotzdem und änderte den Text und muss sagen, es ist schlussendlich sogar durch die Änderungen besser geworden. Ich finde, zum Albumrelease ist kaum ein besserer Text zu der Band entstanden, jedenfalls nicht viele. Strenggenommen habe ich das Album seitdem kaum gehört, aber während des heißen Sommers war „The Modern Art“ ständiger Begleiter und Herausforderung zu gleich, so mächtig, so bombastisch, so aufgeladen.

Und schließlich GRILLMASTER FLASH mit „Stadion“. Wie auch bei den beiden zuvor genannten Bands, schrieb ich viel über und für Grilli. Mein Albuminfo fand bei Künstler und Label Anklang und liegt seitdem bei jeder Bemusterung bei. Da kann die VISIONS noch so oft vernichtende drei von zwölf Punkten bringen, die haben es einfach nicht verstanden, sollen weiter oberflächliche Texte über Künstler schreiben, ohne auch nur einmal in die Tiefe zu gehen. Bloß keine kritische Distanz (oder eben das genaue Gegenteil davon, dafür ein ekeliges anbiedern an den Künstler) zeigen. Egal! Und vor allem nicht meine Sache. Ansonsten gilt auch hier, ich habe alles geschrieben, mich wie einen Pickel ausgequetscht (ja, das ist geklaut bei MUFF POTTER – wohl das Comeback des Jahres – aber das ist ein anderes Thema). Es ist alles nachzulesen, dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Im Mai forderte FRANK TURNER „Be More Kind“ – wie immer bei FRANK TURNER Platten, brauchte ich ein paar Durchgänge. Normalerweise finde ich seine neuen Alben zunächst grundsätzlich schlechter, als die da vorigen, ebenso regelmäßig ändere ich meine Meinung. Das war auch dieses Mal nicht anders. In der aktuellen Ausgabe des TRUST habe ich in meiner Kolumne ausführlich das Album seziert. Den ganzen Januar 2019 kann das Magazin, für läppische 3 EUR im Bahnhofszeitschriftenhandel oder bei Hot Shots in der City bzw. im Viertel im Golden Shop erworben werden. Das nur am Rande. Kaum einen Künstler habe ich dieses Jahr öfter live gesehen und wie es im Moment aussieht, wird sich daran auch im Jahr 2019 nichts ändern. Die Pläne sind geschmiedet, Anzahlungen geleistet, das neue Jahr kann kommen.

Eigentlich wäre „Be More Kind“ mein Album des Jahres. Wäre da nicht eine kleine (große) Hamburger Band namens MATULA gewesen, die im Sommer ihr viertes Album „Schwere“ rausbrachte. Über kein anderes Album habe ich mehr philosophiert, geredet und geschrieben. Eine ganze Interpretation und im Gegensatz zu anderen wurde es in diesem Fall von der Band abgesegnet. Dafür bin ich sehr dankbar, weil ich mir im Vorfeld Sorgen gemacht hatte, mit meiner Idee völlig daneben zu liegen. Um es offiziell zu machen, wäre dies hier eine Liste, stände „Schwere“ auf Platz eins. Mein Album des Jahres, nicht nur weil ich es wohl so häufig, wie kein anderes gehört habe, sondern weil mich kein anderes Album mehr gefordert hat. Am (wirklich) letzten schönen Tag des Jahres, im Oktober fuhr ich mit meinem Freund Matthias nach Hamburg zum „Zeitstrafe“ Geburtstag, auf dem auch MATULA spielten. Mit Matthias war ich am ersten richtig schönen Tag des Jahres (im April) ebenfalls in Hamburg und zwar auf dem Noel Gallagher Konzert, über das ich für diesen Blog schrieb. Wie ich finde, einer der besten Texte, den ich dieses Jahr für HB-People geschrieben habe. (Und nebenbei eins der besten Konzerte des Jahres)

Aus demselben Umfeld wie MATULA kommen ATERIALS, die zwar bei „Gunner Rec“ aus Bremen ihr Debüt „Constructive Summer“ rausgebracht haben und sich damit als THE HOLD STEADY Fans geoutet haben, weil sie ihr Album nach einem der besten Songs der Band benannt haben, aber mir vor allem durch eine mehr oder weniger Zufallsbegegnung in einem Pub in London, nach einer HOLD STEADY Show in Erinnerung geblieben sind. Zweifelsfrei ist „Constructive Summer“ ein hervorragendes Album, verbindet es doch alles, was ich an den verschiedenen Subgenre des Punkrocks mag, nicht zuletzt einen guten Schuss Mid 90ies Emocore.

Und wenn wir schon bei THE HOLD STEADY sind, etwas außerhalb der Konkurrenz, weil es sich erstens nicht (nur) um Songs aus dem Jahr 2018 handelt und zweitens auch kein richtiges Album ist, sondern vier Singles mit jeweiliger B-Seite, die bisher nur digital erschien und lediglich einzeln zu erwerben waren. Wer sich aber die Mühe macht, die acht Stücke bei iTunes zu kaufen und in eine sinnvolle Reihenfolge bringt, der hält die wohl besten 30 Minuten Musik der letzten Jahre in der Hand, zumindest seit Sänger Craig Finns letzten Soloalbum. Bei mir noch immer auf Hot Rotation.

ROB MOIR lernte ich nach dem FRANK TURNER Konzert in Hamburg kennen. Wir gingen was trinken, und wie der Zufall es so wollte, spielte Rob zwei Tage später in Bremen, wo wir uns wieder trafen. Am Tag unseres Kennenlernens veröffentlichte das sehr gute Label MADE MY DAY Records (SOULMATE? Anybody?). Ich kannte Robs Musik zuvor nicht, aber sein neues Album „SOLO RECORD“ (was für ein Titel!), das zwischen Singer-/Songwriter Folk und Pop pendelt, überzeugte mich sofort. Genau das Richtige für einen nassen und ungemütlichen Herbst.

Das sind jetzt zwar nur neun Alben, mehr fällt mir gerade aber nicht ein, ich könnte noch PANIKRAUM nennen oder TITUS ANDRONICUS oder BRIAN FALLON, sogar GASLIGHT ANTHEM haben eine neue/alte Platte rausgebracht. Alles gute Dinger, aber sie gehören nicht in diese Liste, weil die Musik im Verlauf des Jahres bei mir etwas untergegangen ist und von den oben genannten Alben deutlich überstrahlt wurde.

 


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