Zur Landung berechtigt

Triebwerke an: Jan Böhmermann & Das Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld sind am Sonntagabend im ausverkauften Pier2 gelandet.

Bremen. Unter dem Motto „Ehrenfeld Intergalactic“ und mit musikalisch hochwertigem und politisch bissigem Entertainment sind Jan Böhmermann und das Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld im Pier2 aufgetreten. Der in Bremen-Nord aufgewachsene Satiriker und Moderator und die aus seiner Fernsehsendung ZDF Magazin Royale bekannten Musiker*innen waren zuletzt vor vier Jahren auf Tour und nutzten nun wieder die Winterpause der TV-Show für ihre Konzertreise. Bei ihrem Heimspiel haben sie Eigenkompositionen, die aus dem Öffentlich-Rechtlichen bekannten Stücke und mehrere Cover-Songs dabei.

Stücke wie das Intro „Can You Feel It” von Jackson 5, „Hymn“ von Ultravox oder das mottogetreue „Intergalactic“ von den Beastie Boys spielt das aufsteigend angeordnete, hochklassige Orchester unter der Leitung von Lorenz Rhode solo, sie bekommen an diesem Abend viel Freiraum und eine große Bühne geboten. Bei den meisten Stücken steht Jan Böhmermann am Mikrofon, der den Auftritt als „politischen Liederabend“ bezeichnet und beim zehnten Tourstopp ironisch eine „Achterbahn der Gefühle“ verspricht. Es ist ein Abend voller Satire, Parodie und Provokation.

Mit gedanklichen Flashbacks zum Pandemie-Anfang legt der Entertainer mit FFP2-Maske und „Ischgl-Fieber“ als Andreas Gabalier-Parodie los – die Schlager-Gesten sitzen! Als Böhmermann abfragt, aus welchen Städten seine Besucher*innen angereist sind, ist außer das Kliemannsland fast jeder Ort vertreten. Mit Augenzwinkern erzählt der 41-jährige, er wolle bescheiden bleiben trotz seines unlängst enthüllten Bronze-Händeabdrucks in der Bremer Lloyd-Passage. Fernseh- und Grimme-Preise würden ihm nichts bedeuten, wohl aber der Titel als „Playboy-Mann des Jahres 2022“. Dies kann er sich nur erklären, da er „Style & Das Geld“ hat – den gleichnamigen Klassiker aus ZDFNeo-Zeiten trägt er mit dem Chor „Jadebuben“ lyrisch unverändert vor. Umso absurder kommt es rüber, Botschaft angekommen.

Weg vom „Festzelt-Niveau“ und hin zu ernsten Themen wird der Song „Meinst du, die Russen wollen Krieg“ aus dem Jahr 1961 vorgetragen. In „Rainer Wendt“ prangert Böhmermann die Doppelmoral des sich immer noch im Amt befindenden Polizeigewerkschaftlers an, der Weg zur AfD sei nicht mehr weit. Das „Kampflied der Paketkuriere“ trägt er gewohnt bissig und mit pointiertem Gesang vor, während das Orchester bunte Mützen von DHL, DPD, Hermes & Co trägt. Auf wahren Tatsachen beruht der Song „Hallo, Herr Scherzanwalt“.

Besonders beliebt sind die Rap-Songs als „Pol1z1stens0hn“ mit Kapuze und Sonnenbrille. In dieser losen Reihe sind fünf Songs entstanden, „drei über die Staatsgewalten, einer über seine Feinde und einer über seine Wurzeln“. „Menschen, Leben, Tanzen, Welt“ zählt ebenfalls zu den Klassikern und wurde einst von Schimpansen aus dem Gelsenkirchener Zoo als Parodie auf die deutschsprachige Popmusik geschrieben.

Nach 90 Minuten abwechslungsreicher Unterhaltung und lang anhaltendem Applaus, startet das Rundfunk-Tanzorchester mit einem aus sieben Stücken bestehenden Daft Punk-Medley. Als dann Blaulicht ertönt, weiß jeder was folgt: Mit „Ich hab Polizei“ das mit Abstand bekannteste Stück als „Pol1z1stens0hn“. „Micha (Was hast du mir nur angetan?)“ thematisiert den Schlager-Manager Michael Jürgens und das „Fick-Fest der Volksmusik“, der Disco Fox sei endlich auch etwas für die umliegenden Dörfer dieser Stadt. Der Liederabend endet politisch mit „Licht an!“ über die Geburtstagsfeier von Matthias Matussek“, bei dem die Gästeliste mit vielen Mitgliedern der rechten Szene gefüllt war.

Seht euch hier unsere Konzertfotos an:

 


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