Satire, Musik und Revolution

Musikalisch hochwertiges und politisch bissiges Entertainment: Jan Böhmermann ist mit dem Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld im ausverkauften Pier2 aufgetreten.

Bremen. Heimspiel für Jan Böhmermann! Der in Vegesack aufgewachsene Satiriker und Moderator ist mit seinem Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld aktuell auf Hallentour. Dabei trägt er vor allem die aus dem Neo Magazin Royale bekannten Stücke vor, hat aber auch Eigenkompositionen dabei.

Es ist ein Abend voller Parodie, Satire und Provokation als Diskurs. Böhmermann selbst bezeichnet das Konzert als „politischen Liederabend“ und bezieht mehrfach Stellung. Das Orchester unter der Leitung von Albrecht Schrader und Lorenz Rhode sitzt identisch zum Aufbau in der ZDF-Show und legt mit einem langen Intro los. Die mit großem Spielwitz ausgestatten, erstklassigen Musiker bekommen im Laufe des Abends neben den Songs mit Sänger Jan Böhmermann viel Zeit, um Instrumentals zu präsentieren.

Der Entertainer selbst betritt zunächst mit Pelzmantel, Glitzerhose und Sonnenbrille die Bühne. Im Song „Rainer Wendt“ prangert er früh die Doppelmoral des Polizeigewerkschaftlers an. Gewohnt bissig und mit pointiertem Gesang trägt er ebenfalls das Stück „Versandsoldaten“ vor, das Lied der ausgebeuteten Paketkuriere, bei dem das Orchester Arbeitskleidung von Foodora, Hermes & Co. trägt.

Als Gäste sind die aus dem Neo Magazin Royale beliebten Florentin Will und Guilia Becker dabei, die jeweils auch eigene Songs präsentieren. In gutem Wissen um die Rivalität der beiden Städte zieht Jan Böhmermann über das Hamburger Publikum her und erzählt, dass sein Management beim dortigen Konzert wie immer die Bild-Zeitung ausgesperrt hat. Deren Redakteure hätten sich daraufhin Karten gekauft und schlechte Kritiken geschrieben. Mit Augenzwinkern attestiert er dem Bremer Publikum eine Stimmung „als hätte es mit zehn Losen in der Bürgerpark-Tombola eine Packung Kellogg‘s gewonnen“.

Sein persönlicher Höhepunkt des Konzertabends ist seine Parodie auf glatte Popsongs namens „Menschen, Leben, Tanzen, Welt“, die er passenderweise Matthias Schweighöfer widmet. Wenige Tage zuvor wollte dieser ebenfalls im Pier2 auftreten, das Konzert wurde aber ersatzlos gestrichen, da er sich „beim Blick auf die Vorverkaufszahlen glatt einen Halswirbel ausgerenkt hat“, so Böhmermann. Als das Publikum den ironischen Text sogar mitsingt, kann er sich ein Grinsen nicht verkneifen.

In Kapuzenpulli und mit Sonnenbrille rappt Böhmermann einige Hip-Hop-Songs mit Orchester, als Highlight gibt es „Ich hab Polizei“ in der Zugabe. Insgesamt stellt er an diesem Abend nicht nur sich selbst in den Mittelpunkt, sondern lässt auch seinen Feature-Gästen und vor allem dem starken Orchester viel Spielraum. Dieses ist „für ihren besonderen Beitrag zur musikalischen Fernsehkultur“ übrigens frisch für den Grimme-Preis nominiert.

Bilder von Max Hartmann:

 


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