This boy is more than Tocotronic

Rick Mc Phail hat neben Tocotronic mit dem Mint-Mind-Album "Thoughtsicles" ein wahnsinnig starkes Album rausgehauen und präsentiert es auch im Lagerhaus.

Richard Arthur „Rick“ McPhail ist der vierte Tocotronic. Er hat er mir seiner Teilnahme an der Kapelle den Sound maßgeblich verändert. Mit seinem aktuellen Nebenprojekt Mint Mind wollte er eigentlich nach Bremen ins Lagerhaus kommen, das Konzert wurde aber abgesagt. Am 10. Januar hat er mit „Thougtsicles“ eine neue Platte herausgebracht.Wir haben mit dem Alleskönner der Hamburger Indie-Helden gesprochen.

Thoughtsicles

Eigenvertrieben, selbst geschrieben und selbst aufgenommen und abgemischt – bei Mint Mind ist alles selbstgemacht, von Rick McPhail und seinen wechselnden Mitmusikern. Thoughtsicles geht im Song „Alcoholicity“ gleich mit einer treibenden Gitarre und einem Ozzy-artigen Gezeter los. Aber auch „Brother, you’re not my Brother“, „The Hassle from the Man“ oder der Titelsong „Thoughtsicles“ sind echte Knaller. Die Scheibe ist Indie, irgendwie roh, irgendwie Garage und englischer Punk. Der Ami Rick McPhail hat sich an dem heißen Indie-Sound der 70er und 80er orientiert, weshalb die Platte so wahnsinnig authentisch, roh und dynamisch kracht. Der Sound klingt nach früher, aber nicht nach Abklatsch, sondern nach dem Original. Immer wieder diese treibenden Gitarren und diese maßlos coole Stimme und hin und wieder Laser-Schwerter. Tatsächlich. Und wäre das alles sowieso nicht schon der Wahnsinn für eine völlig unterschätzte Band, dazu hat der gebürtige Neu-Engländer noch eine wunderschöne Version von Billy Bragg  „A New England“ serviert. Ein Album, das man für die HB -people-Top-10 des Jahres im Hinterkopf behalten sollte.

 

 

Rick McPhail im Interview

Machst Du bei Mint Mind alles selbst oder mit wem arbeitest Du zusammen?
Nee, nicht alles. Ich schreibe die Stücke und mache viel von dem Business (Label, manches Booking und Merch), aber ich habe bei jeder Veröffentlichung mit anderen Besetzungen die Platten aufgenommen. Auf der „Near Mint“ waren es Sven janetzko und Frank Stöckling, bei der „My new skateboard E.P.“ Jil Hesse und Hendrik Boehne, das Sterne-Cover „Stell die Verbindung her“ habe ich mit Zac Johnson gemacht und jetzt bei der „Thoughtsicles“ sind Tim Wenzlick und Christian Klindworth neu dabei.

 

Bei deinem Vorgänger-Projekt Glacier of Maine war es ruhiger, düsterer, melancholischer, teilweise verletzlich. Bei Mint Mind geht es rockiger und härter zur Sache. Hat sich in den letzten Jahren auch Deine Persönlichkeit gewandelt oder wie kam es zu dieser Veränderung?
Es war mehr eine musikalische Entscheidung. So eine musik wie bei glacier (of maine) zu schreiben und zu arrangieren (wir waren zu fünft) hat viel Zeit und Energie gekostet. Nachdem wir uns aufgelöst haben hatte ich Lust wieder etwas einfaches auszuprobieren. Nachdem ich „Near Mint“ in nur zwei Wochen geschrieben habe, hab ich schnell gemerkt das solche Musik mir näher liegt und dass es mehr meine Stärke ist solche Musik zu machen.

 

 

Deine Stimme erinnert mich an Ozzy Osbourne, der Sound an Garagen und irgendwas zwischen Led Zeppelin und The Doors, das ich in den 70er verorten würde, wie würdest Du Eure Musik beschreiben?
Lustig, das hab ich noch nicht gehört, dass ich wie Ozzy klinge, aber das nehme ich als Kompliment an. Ich habe in letzter Zeit versucht alle von Ozzy‘s Black Sabbath LP’s auf Vinyl zu kaufen. Ich habe fast alle inzwischen. Obwohl Bands wie Sabbath, Zeppelin oder Doors sicher Einflüsse sind, wegen ihrer Stärke sofort wiedererkennbare Riffs zu schreiben, ist unsere Musik schon mehr von Indie Musik der späten 70er bis Mitte der 80er beeinflusst. Zu der Zeit gab es viele Bands die aus mehreren Einflüssen ihren eigenen Sound kreiert haben, statt copy paste mäßig Sachen nachzubauen. Heutzutage sind viele Retro beeinflusste Bands, egal ob 60’s, 70’s oder 80’s einfach 1-zu-1-Kopien ihrer Einflüsse, das finde ich langweilig und hör lieber The Cure, als eine neue Band, die so klingen möchte. The Cure machen schließlich immer noch Platten und touren, also wieso nicht lieber das Original unterstützen.

 

Welches sind Deine persönlichen Lieblingsstücke auf dem Album, warum und wie würdest Du sie beschreiben?
Ich lieb sie alle, das ist wie ein Vater fragen, welches Kind er am liebsten mag. Das kann ich nicht, such du dir eins aus.

 

Geht es mit Mint Mind auf Tour? Welche Ziele habt ihr?
Wir fahren am 17. Januar los auf Tour und spielen erstmal 18 Konzerte. Mehr folgt im Mai und hoffentlich noch ein paar Festivals. Ziel ist irgendwann aus dem Deutschland, Österreich, Schweiz Gebiet rauszukommen und in ein paar anderen Ländern zu spielen.

 

Stört es Dich, dass Du in den Musikmedien immer als musikalischer Alles-Könner von Tocotronic beschrieben wirst?
Gar nicht, aber es ist ein bisschen Quatsch. Ich kann zwar ein paar Instrumente spielen, aber ich beherrsche keines.

 

Du hast mit Mint Mind nun, nach Glacier (of Maine), das zweite Projekt neben Tocotronic. Was geben dir diese Ausritte in eine andere musikalische Welt?
Glacier ist endgültig auf Eis (excuse the pun), ich hab aber noch eine neue Band hawel/mcphail, wo ich Schlagzeug spiele. Bei toco und mint mind muss ich mich so viel konzentrieren und Geräte schalten/spielen, dass ich immer etwas körperlich festgenagelt bin. Ich habe Lust gehabt wieder Schlagzeug zu spielen, weil es komplett körperlich ist. Mit Tocos haben wir so einen Rhythmus „Platte-Tour-Festivals“ und dazwischen mit viel Freizeit. Ich habe das Glück, dass ich dazwischen weiter Musik machen kann und nicht arbeiten muss, wie viele andere Musiker. Also mache ich so viel Musik, wie es zeitlich geht.

 

Wie unterscheiden sich der Schaffens- und der Aufführungsprozess von Tocotronic und Mint Mind?
Bei Mint Mind schreibe ich wirklich alles, alle Parts und gebe es der Band zum Lernen. Dann nehmen wir es bei mir auf und ich mische es noch selber. Da wird wenig aus der Hand gegeben. Bei Toco schreibt Dirk die Lieder, aber gibt uns die Freiheit unsere Parts uns selbst auszudenken. Wir arbeiten mit einem Produzenten, gehen ins Studio (obwohl manchmal nehmen wir Parts bei mir auf) und die Platten werden von jemand anders abgemischt. Also wir geben viel ab. Es ist quasi „macht es selbst“ vs. „macht es nicht selbst“.

 

Bist Du manchmal froh, dass Du bei eigenen Projekten Texte ohne die Schlusskorrektur von Dirk von Lotzow schreiben kannst?
Quatsch, erstens macht Dirk das nicht. Wie gesagt er gibt uns viele Freiheiten und zweitens selbst wenn er das tun würde, hätte ich kein Problem damit. Es sind schließlich seine Lieder. Ich habe mit 10 angefangen im Orchester zu spielen und habe früh gelernt, das man für das Lied spielt. Manchmal verderben zu viele Köche den Brei.

 

Nervt es Dich, dass Du bei Interviews zu Mint Mind ständig auf Tocotronic angesprochen wirst?
Nee, solange es bei ein paar Fragen um Mint Mind geht, ist es völlig ok.

 

Rauchst Du eigentlich noch oder können Thees Uhlmann und wir alle endlich aufhören?
Ich weiß gar nicht, ob Thees noch raucht, ich hab ihn lange nicht gesehen. Ich tue es leider noch.

Mint Mind live könnt ihr in Bremen erleben:

Wolf Mountains & Mint Mind – 21.02.2020, 20:00 Uhr, Kulturzentrum Lagerhaus – Etage 3

 


Mehr Beiträge aus" Musik" zur Startseite

This boy is more than Tocotronic teilen auf: