Kmpfsprt: „Schweigen ist einfach keine Option“

Im Interview: Warum es kmpfsprt immer noch nicht in die Kneipe der Slime-Bassistin geschafft haben, warum sie den Bremer Tower mögen und warum sie nicht anders können, als sich gegen Rechts zu positionieren.

KMPFSPRT Foto: Michael Winkler

Bremen/Weltweit. Sie können nicht anders. kmpfsprt sind laut, direkt und klar in ihren Aussagen. Die feinen Kölner von Kmpfsprt gehen mit ihrem aktuellen Album „Gaijin“ auf  Tour. Am Freitag, 12. Oktober, spielen sie im Tower Musikclub – präsentiert von hb-people.de. Im Interview spricht Gitarrist David Schumann (auf dem Foto rechts) über Bremen, die neue Platte, Politik und Social Media, das Positionieren gegen Rechts und warum die Band schon wieder einen neuen Drummer hat.

Viele Bands machen einen Bogen um Bremen. Warum kommt ihr in den Tower?

David Schumann: Da frage müsste ja eher lauten: Warum machen viele Bands einen Bogen um Bremen? Verstehen wir nicht, wirklich nicht. Wir waren auf jeder Tour in Bremen und hatten jedes Mal so viel Spaß, dass wir uns gar nicht vorstellen könnten, da nicht zu spielen. Auch wenn wir es noch immer nicht in die Kneipe geschafft haben, in der die SLIME-Bassistin arbeitet. Das ist unser nächsten Ziel in Bremen. Aber im Tower war es einfach immer zu nice, da wollten wir nie weg.

„Gaijin“ ist seit gut einem halben Jahr draußen. Wie fühlt es sich an und wie kommt es draußen an?

Jede Platte fühlt sich immer irgendwie wie eine Geburt an. Man arbeitet ja teilweise Jahre hinter den Kulissen daran, und wenn es dann soweit ist, fällt erstmal eine Riesenlast von einem ab. Ich habe aber ehrlich gesagt nicht erwartet, dass GAIJIN gut ankommen wird. Zu hart, zu düster, zu wenige offensichtliche Pop-Hits. Deshalb war ich auch wirklich überrascht, als wir auf einmal in Bochum oder Düsseldorf mehr als doppelt so viele Leute auf den Konzerten hatten, wie vorher. Scheint also so, als käme das Album ganz gut an. Was mich darin bestärkt, weniger Pop-Songs zu schreiben, haha!

Warum ist es so wichtig, in der Musik politische Themen anzusprechen?

Wenn nicht da, wo dann? Wir haben durch die Band die großartige Möglichkeit, gehört zu werden, und Menschen etwas mit auf den Weg zu geben. Genauso, wie es uns selber ging, als wir mit 15 auf einmal durch PROPAGANDHI oder GORILLA BISCUITS mit Themen konfrontiert wurden, die uns dazu brachten, unser Leben zu überdenken, und die bis heute Sinn machen. Ob es Politik oder Dinge wir Vegetarismus sind. Wenn wir es schaffen, etwas ähnliches in manchen jungen Menschen heute auszulösen, sind wir schon sehr glücklich. Das ist eben einer der größten Unterschiede von Punk zur meisten anderen Musik: Es gibt starke Inhalte, die den Status Quo herausfordern.

Textlich und auch musikalisch seid ihr eher so die Haudrauf-Typen mit der Brechstange. Oder? Ist das wichtig?

Sind wir das? Ich weiß es gar nicht. Bei uns schreiben mit Dennis, Richard und mir ja drei sehr verschiedene Typen Texte, die sehr verschiedene Ansätze haben, dies zu tun. Wir wurden wegen der Texte, von Menschen, denen sie nicht Brechstange genug waren, auch schon als Studentenpunks bezeichnet. Es liegt also immer im Auge des Betrachters. Ich denke aber schon, dass wir mit GAIJIN nochmal ein Stück direkter und klarer geworden sind, einfach, weil wir verstanden werden wollten, und uns in Zeiten wie diesen, mit einem wiedererstarkten Rechtsradikalismus, nicht in verschwurbelter Poesie verlieren wollten.

Ich hab mal mit Dir ein Interview über Twitter geführt. Wo müsste man das heute führen? Über eine Instagram-Story? Über Xing?

Twitter ist noch immer das beste Medium, auch wenn das leider kaum ein Mensch hierzulande so sieht. Also ja, Insta-Story, aber dafür muss man ja dann aus dem Bett aufstehen, wozu ich gerade, und auch sonst, überhaupt keine Lust habe.

Ihr seid präsent in den sozialen Netzwerken. Aber wie groß ist die Lust daran? Auf wen trifft der Song „Trümmer“ am meisten in der Band zu?

Wir gehen alle recht verschieden mit Social Media um. Während ich zum Beispiel sogar hauptberuflich mit Social Media arbeite, und auch alle Bandaccounts pflege, hat Richard nicht mal Facebook. Aber „Trümmer“ kritisiert auch gar nicht Social Media, sondern Menschen, die sich in der Oberflächlichkeit dieser Welt verlieren, und sich nicht mehr dafür interessieren, was um sie herum passiert. Hauptsache ein Hundefoto auf Insta, immer den stylischen 5-Euro-Kaffee in die Story, und dann noch ein Selfie mit geklautem, schlauen Spruch – während im Mittelmeer Menschen ertrinken und Nazis auf unseren Straßen Ausländer jagen.

Warum habt ihr eigentlich schon wieder einen neuen Drummer?

Weil der alte schon wieder keinen Bock mehr hatte. Was ist nur los mit denen?!

Ihr bezieht seit jeher Stellung gegen Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus. Kann man im Punkrock nicht anders? Warum ist das so wichtig?

Ich hoffe, man kann im Punkrock wirklich nicht anders. Aber auch außerhalb des Punkrock nicht. Wie könnte man sich NICHT gegen Rechts positionieren, wenn der brauen Mob überall Ausmaße annimmt, die man sich vor ein paar Jahren nicht mal in seinen kühnsten Alpträume hätte vorstellen können. Gerade als Deutsche, mit unserer Geschichte, MÜSSEN wir es einfach besser wissen, daher ist Schweigen einfach keine Option. Ich wünschte mir aber, viel mehr Menschen außerhalb von Punk und Hardcore würden auch den Mund aufmachen, so wie Helene Fischer neulich. Dann sähe die Welt gleich ein gutes Stück besser aus.

„Gaijin“ kann auch Außenseiter bedeuten. Warum mögt ihr Freaks und Außenseiter so gerne?

Wahrscheinlich, weil wir selbst immer welche waren. In der Schule, an der Uni, im Job… du suchst dir das Punk-Ding ja nicht aus, es findet dich irgendwann, und du denkst: Wo warst du mein ganzes Leben? Alle meine Freunde in der Schule waren Freaks und Nerds, über die die coolen Kids mit ihren Michael-Jackson-Platten und Dirty-Dancing-Soundtracks sich lustig gemacht haben. Wir saßen vor dem C64 oder vor Dungeons and Dragons, und konnten mit dem Mainstream einfach nichts anfangen. Dafür gab’s dann in der Schule Häme. Und irgendwann, als man schon dachte: „Ok, ich BIN vielleicht einfach nicht cool“, kamen dann die MISFITS und BLACK FLAG daher und sagten einem: Nicht du bist der Idiot, die Mainstream-Kids sind das! Und es macht Klick. Daher: Gaijin for life.

Wie hat sich KMPFSPRT in den Jahren seit dem ersten Album verändert? Wütender, dunkler, nachdenklicher?

Ja, vor allem wütender und dunkler. Obwohl das eigentlich gar nicht so geplant war, es ist einfach passiert. Musik ist ja auch immer eine Reaktion auf die Welt um einen herum. Und wenn man das Gefühl hat, dass nur Verrückte an der Macht sind, Trump, Erdogan, Orban und Co., hat man irgendwann keinen Bock auf Popsongs mehr. Das merkt man auf GAIJIN tatsächlich ganz schön deutlich. Es macht aber auch einfach mehr Spaß, härtere Songs live zu spielen, da kann man sich so richtig schön auf der Bühne zerreißen. Könnt ihr euch im Tower ja selbst von überzeugen.

Und die wichtigsten Fragen: Kölsch oder Becks? Effzeh oder Werder?

Veltins und Schalke. Oi!

 

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