In Städten mit Häfen
Kettcar haben den vorletzten Auftritt vor ihrer Bandpause am Freitag im fast ausverkauften Pier2 gespielt.

Bremen. Eine besondere Atmosphäre liegt in der Luft. 19 Jahre nach ihrer Gründung, drei Jahre nach der letzten Rückkehr, legt die Hamburger Indie-Rock-Band Kettcar wieder eine Pause ein. Das vorletzte Konzert fand am Freitag im Pier2 direkt an der Weser statt. Das maritime Flair, die hanseatische Gelassenheit, die norddeutsche Ruhe, es gibt viele Dinge, die die Vorzeige-Band mit Bremen verbindet. Nun steht ein Abschied an – hoffentlich nur einer auf Zeit!
Zunächst steht Sänger und Songwriter Niels Frevert auf der Bühne, der schon auf dem 2008er-Kettcar-Album „Sylt“ im Song „Am Tisch“ als Gastsänger zu hören war. Elf Jahre später hat er mit „Putzlicht“ im letzten Herbst eines der von Kritikern am meisten gelobten Alben des Jahres veröffentlicht. Erstmals seit zehn Jahren ist er mit ganzer Band auf Support-Tour, um den 52-jährigen Sänger und Gitarristen gesellt sich eine vierköpfige Band. Sie eröffnen den Abend mit einem 45-minütigen Set, das sich zwischen Songwriter-Klängen und sanfter Rockmusik bewegt und ein passender Start in den Abend ist.
Kettcar beginnen ihr größtes Bremen-Konzert aller Zeiten mit den gefühlvollen Tönen von „Volle Distanz“, dem Opener ihres Debütalbums aus dem Jahr 2002. Ruhig bleibt es aber nicht lange, den beim dritten Song „Benzin und Kartoffelchips“ erklingen kräftige Gitarrenakkorde und die siebenteilige LED-Videowand im Rücken der Musiker springt an. Dort laufen zu einigen Singles die entsprechenden Musikvideos und unterstreichen somit die Aussage der Songs.
Wie auf ihrer kürzlich veröffentlichten Live-Platte „… und das geht so!“, haben sich Kettcar für ihre letzten Konzerte Verstärkung besorgt. Auf der Bühne im Pier2 stehen drei weitere Musiker, die viele Songs mit Posaune, Trompete, Saxophon, Querflöte oder Flügelhorn unterstützen. Das Trio verleiht den Songs einen ganz neuen Stil, was auch ruhigen Nummern wie „Rettung“ sehr gut steht. Auch „48 Stunden“ und „Balu“ werden direkt im Abschluss gefühlvoll dargeboten
Kettcar überzeugen mit begnadetem Storytelling in ihren Songs, viele Stücke fühlen sich an wie eine Geschichte, eine Reise, auf die der Zuhörer mitgenommen wird. Aber nicht nur mit musikalischer Untermalung, auch zwischen den Songs erzählen sie Geschichten aus ihrem Leben, dem Bandalltag und dem Umfeld ihres Labels „Grand Hotel van Cleef“.
Sänger und Gitarrist Marcus Wiebusch, Bassist Reimer Bustorff, Gitarrist Erik Langer, Keyboarder Lars Wiebusch und Schlagzeuger Christian Hake spielen eine große Auswahl an Songs ihrer fünf Studioalben, der jüngsten EP und auch zwei Stücke der Soloplatte „Konfetti“ des Frontmanns stehen auf der Setliste. Die Band nimmt die Besucher mit auf eine Zeitreise durch fast 20 Jahre Bandgeschichte.
Ihr Jubiläum im kommenden Jahr werden die Hamburger aber wohl im Stillen feiern. Das Konzert ist der Abschied in eine mehrjährige Pause, Kettcar wollen erst zurückkommen, „wenn sie ihr aktuelles Album „Ich vs. Wir“ übertreffen können“ – und legen die Messlatte damit verdammt hoch. Die fünf Musiker saugen den Applaus noch einmal auf, genießen die Augenblicke auf der Bühne und die Atmosphäre im Pier2. Die Besucher jubeln ihnen entgegen und feiern gegen Ende des Abends zu Band-Klassikern wie „Landungsbrücken raus“ oder „Deiche“.
Für eine zweite Zugabe kommt Marcus Wiebusch zunächst solo auf die Bühne und stimmt das selten live gespielte „Mein Skateboard kriegt mein Zahnarzt“ an. Nach und nach gesellt sich die ganze Band inklusive des Bläser-Trios dazu und setzt so den großen Schlusspunkt unter einen besonderen Abend. Kettcar – nehmt euch die Zeit, die ihr braucht und kommt irgendwann zurück – wir warten hier so lange auf euch. In Städten mit Häfen haben die Menschen noch Hoffnung!
Klickt euch hier durch unsere Bilderserie des Abends!
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