Grillmaster Flash – Komplett Ready, Grand Hotel van Cleef, 2022

Vom Stadion zurück in die Clubs. Grillmaster Flash hat mit Komplett Ready ein neues Album am Start.

Mit dem letzten Album wollte Grillmaster Flash mit allen Konsequenzen das „Stadion“ erobern. Powerballade, Feuerzeuge, Flying-V, jede Menge 80er Jahre Referenzen, all das war auf dem 2018er Album vertreten. Doch im ersten Pandemiejahr blieben die Stadien der Republik leer. Das galt sowohl für die Fußballvereine als auch für die wenigen Rockstars, die es überhaupt noch schaffen, ein Stadion ausverkaufen. Ein undenkbar schlechter Zeitpunkt für einen Künstler wie Grillmaster Flash um durchzustarten. Nun ist der Bremen Norder wirklich komplett ready.

Erwachsener klingt Komplett Ready, vielleicht auch differenzierter, sicherlich etwas abgeklärter als der Vorgänger. Noch immer wird ironisch auf das eigene Schaffen geblickt. „Schaut Euch an, wo ich jetzt bin“ sei an dieser Stelle exemplarisch genannt. In diesem Stück heißt es unter anderem: „2000 Youtubeklicks ist wenig, aber auch nicht nichts.“ Die Entscheidung, ein Leben als Künstler zu führen, kann mitunter eine schwere (und auch folgenreiche) sein. Vor allem dann, wenn am Ende eines Konzertes entweder nur drei Zahlende kommen oder 50 EUR an Gage rausspringen. Grilli versichert an dieser Stelle, dass er das eben immer wieder tun würde und behauptet, „optimistisch wie ein Kind“ zu sein. Gerade dieser Optimismus, gepaart mit einer gesunden Portion Euphorie trägt durch das Album, selbst durch die nachdenklicheren Passagen.

Ein Album übrigens, welches sich wie Tunnel of Love zu Born in the USA verhält. War Stadion noch voller Hymnen zum Mitgrölen, so lädt Komplett Ready zum Zuhören ein. Akustische Rhythmusgitarren treiben in der Regel die Lieder an. Gerne hätte der Bass etwas deutlicher im Vordergrund sein können, aber das ist sicherlich Geschmackssache. Immerhin in „Albtraum“ wummert dieses Instrument schön durch die Boxen. Übrigens ein weiterer Song über das Leben als Künstler. Und statt über „Zsa Zsa Gabor“ wird nun über „Vivien“ gesungen. Und nun fragt sich Grilli „Was macht Bennie jetzt“, der in „Hängen mit den Jungs“ noch eine Spinne für einen Zehner gefressen hat und stellt fest, „bleib bei deinen Leuten.“

Wer will, kann sogar, natürlich untermalt von diesen typischen Grillmaster Flash Humor, in „Da geht die Nachbarschaft“ Sozialkritik raushören. „Es parken überall neue Wagen, wo früher alte Spritzen lagen“, wird die Gentrifizierung der/des Viertel(s) exemplarisch beschrieben und gehört sicherlich zu einem Highlight auf dem Album. Um „Autos“ bzw. ihre Fahrer (und meistens sind es halt Typen) geht es auch in dem gleichnamigen Song. Das waren schon immer suspekte Leute, die sich auf Burger King Parkplätzen trafen und sich über ihre getunten Fahrzeuge unterhielten. Ein motorisierter Untersatz hat eigentlich nur Sinn, wenn es dafür genutzt wird, um aus einer Kleinstadt zu fliehen – Paderborn zum Beispiel, denn niemand ist „Born to die in Paderborn.“

Es ist der erzählende Ansatz, der Komplett Ready so sympathisch macht. Grillmaster Flash erzählt Geschichten, mal aus dem eigenen Leben, mal allgemeingültig, mal ausgedacht oder einfach nur gut gereimt, alles gespickt mit vielen Referenzen, von denen ich sicher bin, längst nicht alle entdeckt zu haben.

Komplett Ready ist das Sommeralbum des Jahres und Begleiter für Campingfahrten mit der Jugendgruppe oder Familienurlaube in Dänemark. Jeder Ton, jedes Wort auf Komplett Ready ist mehr Paderborn, Bremen, Wuppertal, als Hamburg, Berlin oder Leipzig. Komplett Ready ist die Kleinstadt unter den Rockalben und nirgendwo leben in Deutschland mehr Menschen als in Kleinstädten. Und genau diese Menschen werden sich auf Komplett Ready wiederfinden.

 


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