Der Sonntag beim Hurricane Festival: Feurige Rockmusik und italienisches Flair

Die Festival-Fans bestaunen am letzten Tag spektakuläre Auftritte von Sum 41 und Headliner Bring Me The Horizon und genießen „La Dolce Vita“ mit Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys.

Sum 41, Foto: Jörg Kröger

Scheeßel. Das war das 26. Hurricane Festival – bei sonnigem und trockenem Wetter endete das Spektakel auf dem Eichenring nach vier Tagen und etwa 80 Konzerten mit einem fulminanten Auftritt von Bring Me The Horizon. Gleich zwei Sänger holen im Laufe des Tages ihre Väter bzw. einmal sogar beide Elternteile auf die Bühne. Die Füße schmerzen, die Ohren klingeln, doch das tut der Euphorie und der friedlichen und ausgelassenen Stimmung keinen Abbruch. Unsere Eindrücke chronologisch sortiert.

13:00 Uhr: Deine Cousine auf der Mountain Stage: In der Mittagssonne startet unser Tag bei der Rocksängerin Ina Bredehorn und ihrer Band mit dem temporeichen Mitsing-Song „St. Pauli“. Mit klarer Direktheit versprüht sie große Energie, die ansteckt und mitreißt. Die niedersächsische Künstlerin schafft es, die schon jetzt zahlreich anwesenden Besucher*innen zu animieren, startet riesige Polonaisen, sogar in den hinteren Bereichen und kommt zu ihren Fans nach vorne runter in den getrockneten Schlamm zum Springen. Als sie das Schild „Darf ich für dich singen?“ von ihrem Fan Mithras entdeckt, holt sie ihn kurzentschlossen auf die Bühne und sie performen gemeinsam das Stück „Der Himmel ist ne Kneipe“, das sie im Original zusammen mit Sondaschule herausgebracht hat.

14:15 Uhr: Adam Angst auf der Mountain Stage: Bevor hier später Rap-Musik dominieren wird, bleibt es zunächst rockig auf der Mountain Stage. Wie schon mit ihren ersten beiden Alben, darf die Punkband um Sänger Felix Schönfuss auch mit ihrer neusten Veröffentlichung „Twist“ in Scheeßel auftreten. Auch sie können sich auf die Unterstützung des Publikums verlassen, während sie gesellschaftskritische Themen mit Wortwitz in eingängige Melodien verpacken. Wütende Texte, wilde Musik und noch wildere Moshpits.

15:00 Uhr: Editors auf der River Stage: Wie viele Facetten deiner Musik willst du in einer Stunde zeigen? Die britische Rockband spielt zur Freude vieler Fans vor allem ältere Stücke und zeigt ihr ganzes Können. Viele Einflüsse rund um New Wave und Post-Punk haben die sechsköpfige Gruppe geprägt, Sänger Tom Smith wechselt immer wieder ans Klavier oder nimmt die Akustik-Gitarre in die Hand. Emotional ist sein Solo-Beginn von „Smokers Outside The Hospital Doors”, zum feierlichen, elektronischen Abschluss gibt es – natürlich – „Papillon“.

16:00 Uhr: Feine Sahne Fischfilet auf der Forest Stage: Kontrastprogramm mit der Punkband aus Mecklenburg-Vorpommern – aber mitunter nicht weniger berührend. Feine Sahne Fischfilet reißen eine Stunde lang mit politischen Texten und eingängigen Melodien zwischen Punk und Ska ab. Viele grölen die kämpferischen Hymnen in der Nachmittagssonne mit, die Menge tobt. Wie im Rausch werden immer wieder Bengalos gezündet, Max surft auf einem Bananenboot über die Hände im ersten Wellenbrecher. Neben Bierduschen gibt es aber auch Gänsehautmomente – Monchi holt zum Song „Niemand wie ihr“ über seine aufwühlende Jugend seine Eltern auf die Bühne. Auch jemand aus der Seenotrettungscrew „Iuventa“ kommt während des Konzerts als Gast dazu, denn Menschen lässt man nicht ertrinken. Punkt. Darf und muss auch bei einem Festival dieser Größenordnung immer wieder gesagt werden.

16:45 Uhr: Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys auf der River Stage: Die River Stage steht im Zeichen der Amore, als der Schlagerpapst Roy Bianco und Gitarrist Die Abbrunzati Boys mit ihrer Band ebenjene betreten. Bei praller Nachmittagssonne liefert die Italo-Pop-Band ein sechzigminütiges Feuerwerk der Sommergefühle. Auf einem Laufband kommt Sänger Roy Bianco richtig auf Betriebstemperatur, während die Zuschauenden beim „zivilisierten Schlagerstrudel“ oder auch bei der „Wand der Begegnung“ ins Schwitzen kommen. Bei mittlerweile drei veröffentlichten Alben und einem Zeitslot von einer Stunde findet leider längst nicht mehr jeder Hit Platz. Dafür werden Songs wie „Sophia Loren“ oder „Quanto Costa“ performt, letzterer sogar in Überlänge. Die Antwort auf die in diesem Song gestellte Frage liefert Roy Bianco gleich mit: Liebe kostet nur ein kleines bisschen Mut.

17:45 Uhr: Sum 41 auf der Forest Stage: Eine der letzten Gelegenheiten, die kanadische Punkrock-Gruppe zu erleben. Nach ihrer laufenden Welttournee werden sich Sum 41 nach fast 30-jähriger Bandgeschichte auflösen. Heute bringen sie unter strahlend blauem Himmel nochmal den ganzen Platz zum Springen, eine feurige Bühnenshow bringt Fans und Musiker noch mehr ins Schwitzen. Die fünfköpfige Band hat seit ihrem 2001er-Debütalbum „All Killer No Filler“ viele Anwesende durch ihre Jugend begleitet, heute wird noch einmal alles rausgelassen – zwischen Abschieds-Nostalgie und Feiern des Moments.

18:30 Uhr: Giant Rooks auf der River Stage: Die deutsche Band mit der spannendsten, internationalen Entwicklung in den letzten Jahren, steht heute sogar als Co-Headliner im Line-Up. Giant Rooks aus Hamm haben den Durchbruch in vielen Teilen der Welt geschafft, spielen große, ausverkaufte Konzerte in ganz Europa und Nordamerika. Heute treten sie vergleichsweise nahe an ihrer Heimat auf – und das, obwohl Schlagzeuger Finn sich erst vor kurzem den Fuß gebrochen hat. Giant Rooks starten ihr Konzert wie ihr aktuelles Album „How have you been?“ mit der Single „For You“, sie stehen ab dem ersten Ton mit großer Präsenz und voller Energie vor ihren Fans. Unermüdlich läuft Sänger Fred Rabe über die Bühne, springt auf die Erhöhungen, verausgabt sich an der für ihn aufgebauten Percussion. Eine Band, die in Charisma und Performance ihresgleichen sucht und dem Publikum 75 wunderschöne Minuten beschert.

19:45 Uhr: The Offspring auf der Forest Stage: Die US-Punkrocker verbinden Generationen vor der Hauptbühne – klar, bei einer fast 40-jährigen Bandgeschichte. Wie schon bei Sum 41, kommt auch hier der Nostalgie-Faktor nicht zu kurz. Energiegeladene Drums und eingängige Riffs mit Klassier-Status – und unzähligen Refrains, die von den Massen in der Abendsonne mitgesungen werden.

20:50 Uhr: Deichkind auf der River Stage: Die Hamburger Partygaranten bekommen den längsten Slot des Wochenendes und wissen diesen abwechslungsreich zu füllen. Die Hitdichte ist enorm, einige Begrifflichkeiten („Leider geil“) fast in den Sprachgebrauch übergegangen. Es ist traditionell mehr Show als Konzert, Instrumente gibt es auf der Bühne nicht, dafür aber verrückte Kostüme, aufwändige Bühnenbilder, wilde Choreografien und politische Statements – ein tanzbares Erlebnis mit visuellen Highlights.

22:30 Uhr: Bring Me The Horizon auf der Forest Stage: Der Auftritt der britischen Metalcore-Band folgt dem Konzept des aktuellen Projektes „POST HUMAN“. Vor, während und nach dem Auftritt sind auf den Leinwänden immer wieder Einspieler zu sehen, die an ein Videospiel erinnern. Die Songauswahl des Auftrittes gleicht allerdings eher einem Best-of der letzten zehn Jahre. Frontman Oli Sykes performt jeden Song als wäre es der letzte, den er spielt. Umrahmt wird der Auftritt von spektakulären Laser- und Pyro-Effekten. Das macht richtig Spaß. Im ersten Wellenbrecher wird durchgehend gemosht, geheadbangt und gesprungen. Besonders wird es dann, als Sykes seinen Vater für einen Song mit auf die Bühne nimmt. Quittiert wird das vom Publikum mit einer Wall of Death. Auf die Frage, welcher Song als nächstes gespielt werden soll, heißt es aus dem Publikum „Medicine“, worauf Sykes entgegnet: „Even I think that song is shit.“ Stattdessen wird „Drown“ gespielt. Mit „Throne“ geht nach 90 Minuten nicht nur der Auftritt von Bring Me The Horizon, sondern auch das Hurricane Festival 2024 zu Ende. Was für ein würdiger Abschluss!

Seht euch hier unsere Bildergalerie des Tages an:


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