Thorsten Nagelschmidt liest in der BEGU
Muff Potter Frontmann „Nagel“ hat sein neues Buch „ARBEIT“ veröffentlicht und kommt damit nach Lemwerder. Wir haben mit ihm gesprochen.

Am Samstag, 27. Juni 2020, um 20:00 Uhr liest Thorsten Nagelschmidt im Garten der BEGU Lemwerder. Trotz Abstands- und Hygiene-Regeln finden rund 60 Zuschauer Platz im lauschigen Grün des Kulturhauses.
Thorsten Nagelschmidt ist vielen noch unter seinem Punk-Namen NAGEL bekannt, den er als Frontmann der Band MUFF POTTER trug und natürlich nie ganz abgelegt hat. Seit er „Der Abfall der Herzen“ 2018 beim Verlag S. Fischer veröffentlicht hat, firmiert er als Autor nun unter seinem eigenen Namen. Mit „ARBEIT“ legt er jetzt den autobiografischen Fokus ab. Wir haben mit dem Punkrock-Autoren gesprochen:
Lemwerder ist eine alte Arbeiter-Gemeinde, Werften und Flughafen prägten jahrelang das Geschehen, wieso können sich gerade die Lemwerderaner*innen besonders mit Deinem Buch und den vermeintlich unsichtbaren Arbeitern der Nacht identifizieren?
Weil es in meinem Roman auch um die „neue Arbeit“ und das überall wachsende Dienstleistungsproletariat geht, das an vielen Orten die alte zerbröselnde Arbeiterschicht ablöst und oft mit sehr prekären Arbeitsbedingungen zu kämpfen hat.
Deine Geschichte spielt in einer März-Nacht in Berlin, Berlin ist arm aber sexy. Kann Arbeit sexy sein?
Meine Arbeit ist das Schreiben und Musizieren, und das empfinde ich schon häufig – wenn auch längst nicht immer – als sinnstiftend und sexy.
Dein Roman scheint so aktuell wie noch nie, es gibt zahlreiche Parallelen zur aktuellen Corona-Zeit, schließlich sind Deine Protagonisten ja auch „systemrelevant“, wie siehst Du das?
Das habe ich jetzt öfter gehört, auch wenn das natürlich Zufall ist, da ich von Covid-19 nichts wusste als das Buch fertiggestellt wurde. Die Bedeutung der Jobs einiger meiner Hauptfiguren wird plötzlich offensichtlich (Rettungssanitäter etwa, Essensauslieferer oder Polizisten), andere hingegen hätte die aktuelle Situation schwer getroffen: Hostelbetreiber, Taxifahrer, Taschendiebe.
Wie meinst Du wird sich unsere Arbeitswelt nach der Corona-Krise verändern?
Es wäre schön, wenn sich durch die aktuelle Situation ein neues Nachdenken über den Wert der Arbeit entwickeln würde und wenn mehr Menschen sich zusammenschließen, um für bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Und am Ende schaffen wir endlich diesen schon viel zu lange als alternativlos geltenden Kapitalismus ab.
Wie sah Deine Recherche zum Buch aus? Was hast Du im Rahmen der Recherche gelernt?
Ich habe viel gelesen, mit sehr vielen sehr unterschiedlichen Menschen gesprochen, einige der beschriebenen Jobs selbst ausgeführt oder Menschen bei ihren Tätigkeiten begleitet. Und bei all dem einen ganz neuen Blick auf Berlin, aber auch auf die spätmoderne deutsche Arbeitsgesellschaft im Allgemeinen gewonnen.
Du bist hauptberuflich Musiker und Autor, was machen fast drei Monate Corona mit Dir?
Eine gewisse Demut vielleicht? Mein Buch ist Ende April erschienen, im Mai und Juni hätte ich über 20 Auftritte gehabt, die nun größtenteils wegfallen oder nur mit deutlich eingeschränkter Besucherzahl stattfinden können. Ansonsten arbeite ich viel von zuhause aus, habe keine kleinen Kinder zu unterrichten/bespaßen und bin mir meiner Privilegien durchaus bewusst. Andere hat es härter getroffen und ich bin froh über alles, was jetzt doch noch passiert.
Du hast eine besondere Beziehung zu Bremen, wie kommt das?
Ich habe mein erstes großes Livekonzert in Bremen gesehen – Jennifer Rush, Mitte der 80er, mit meiner Mutter und ihrem neuen Freund. In den 90ern waren es dann Punk- und Hardcore-Bands im Schlachthof, Wehrschloss, der Friesen- oder der Grünenstraße. Bremen hatte damals zumindest von meiner Heimat Rheine aus betrachtet eine derart lebendige Musikszene, dass ich eine Weile mit dem Gedanken gespielt habe, dorthin zu ziehen.
Wenn Du ein paar Zeilen Platz hättest, wie würdest Du die Bremer*innen und Oldenburger*innen einladen extra für Deine Lesung nach Lemwerder zu kommen?
Es wird natürlich super und hey, es ist doch sonst eh nichts los!
Der Trailer zum Buch
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