Tatort-Komponist Danny Dziuk kommt nach Lemwerder
Der Bandleader von Axel Prahls Inselorchester spricht im Interview mit dem Bremer Musiker Matthias Monka über ein Leben "Unterm Radar" und am Freitag in die BEGU.

Danny Dziuk kommt am Freitag, 24. Februar 2022, ab 20:00 Uhr in die BEGU Lemwerder. Das Konzert wird von der Agentur Oberdeich aus Ganderkesee organisiert. Nur absoluten Musikkennern ist der Name ein Begriff: Mit dem Leiter des Insel-Orchesters von TV-Star Axel Prahl und Filmmusik-Komponist, u. a. für den Münsteraner und Kölner Tatort, kommt am Freitag, 24. Februar 2023, dennoch ein absoluter Hochkaräter nach Lemwerder, der auch Songs für Stoppok, Axel Prahl und Annett Louisan geschrieben hat. Ein absoluter Insider der Mucker-Szene ist der Bremer Musiker und Pianoman des Nordens: Matthias Monka kennt Dziuk nicht nur, er ist sogar sein Fan. Eigentlich fragte er nur, ob man ihm ein Ticket zurücklegen kann, nun interviewt er Danny Dziuk höchstpersönlich.

Matthias Monka: Danny, dein neues Album heißt „Unterm Radar“ ist das die selbsterfüllende Prophezeiung, dass die Platte den Weg in die Charts nicht schaffen wird oder eine Ode an die Underground-Musik?
Danny Dziuk: Weder noch. Sondern vom Titel des Albums her eher ein Statement gegen die allgemeine Tendenz, alles immer positiver und vor allem erfolgreicher darstellen zu müssen, als es in Wirklichkeit ist. Was wiederum einen ungesunden allgemeinen Druck erzeugt, der dazu führt, dass man am Ende ständig hinter etwas her hechelt, das man sowieso nie erreichen wird. Und ist da ein Titel wie „Unterm Radar“, der diesem Druck von vornherein den Stöpsel zieht, nicht sehr naheliegend? Insofern find ich die Titelwahl sogar ziemlich clever. – Und bei dem Songtext selber („Unterm Radar“) geht’s dann eher um Zuversicht oder auch den Glauben daran, dass schon alles gut werden wird, solange man nur liebt, was man tut. Wer so arbeitet wie ich, ruft quasi in den Wald und weiß nie, von wo oder auch wann da etwas zurückrufen wird. Und nur, wenn man sich sehr sicher ist, dass einem wirklich auch entspricht, was man veröffentlicht, besteht die Chance, dass man es dabei dann auch mit zumindest halbwegs verwandten Stimmen zu tun kriegt. Was sehr schön ist und bei mir auch hier und da passiert ist und zu allem Weiteren geführt hat (beispielsweise in Form von Zusammenarbeit mit anderen, auch teilweise wesentlich bekannteren Leuten).
Millionen Deutsche haben Deine Musik bereits im Tatort gehört und auch mit Axel Prahl füllt ihr die großen Hallen, genießt du es, wenn es bei deinen Solo-Shows eher intimer zugeht?
Danny Dziuk: Ja. Wobei das Wort „intim“ nicht wirklich zutreffend ist, weil es ohne Minimaldistanz zwischen Zuhörer und Performer selbst in noch so engem oder kleinen Rahmen nicht geht. Gut so.
Matthias Monka: Du bist hoch dekoriert mit Preisen, ein echter Liebling der Kritiker und Kenner. Wurmt es Dich, dass Du was den Publikumerfolg angeht, eher unterm Radar unterwegs bist? Wie definierst Du selbst musikalischen Erfolg für Dich selbst? Was möchtest Du erreichen?
Danny Dziuk: Ganz praktisch und handfest: 150 bis 200 Zuschauer bei – sagen wir – 40 Gigs im Jahr wären ideal. Aber wenn nicht, geht’ s auch so weiter, kein Problem (ich spiele auch vor 30 Leuten, wenn’s sein muss). Und „wurmen“ tut mich nur, wenn der Weg vom Auto zur Bühne allzu weit ist und niemand in der Nähe, der uns beim Reintragen der Instrumente ein bisschen mithilft, was jetzt aber auch nicht allzuoft vorkommt (das schwerste Instrument ist mit ca. 14 kg mein Keyboard). Und da weder Erfolg noch Misserfolg allzu viel mit der Qualität einer Musik zu tun haben, ist Erfolg für mich beispielsweise bereits ein wirklich inspiriertes Konzert, wo die Zuschauerzahlen oder die Bedingungen, unter denen das stattfindet, überhaupt keine Rolle mehr spielen (und man zum Beispiel einfach Flügel kriegt und wegfliegt). Und Erfolg ist natürlich auch, wenn man morgens aufsteht und bis zum Schlafengehen das tun darf, was man wirklich gerne tun möchte. Womit ich bis jetzt ganz gut durchgekommen bin. Darüberhinaus halte ich das, was wir machen, sowieso für eine eigene Kategorie, wo Vergleiche eher fehl am Platz sind. Diese Art von Arroganz besitze ich dann schon noch (Zwinkersmiley).
Matthias Monka: Ich kenne dich schon sehr lange als Songschreiber und Bandleader und viel später bin ich dann auf Deine eigenen Sachen gestoßen. War es schon immer Dein Plan, wie es gelaufen ist oder hättest Du lieber Deine eigenen Titel mehr in den Vordergrund gebracht? Oder ging es Dir immer darum Musik zu schreiben und es ist dann egal, wer es verwendet?
Danny Dziuk: Ich kann einfach nicht anders als dauernd irgendwelche Songs zu schreiben. Und was sich daraus ergibt oder ergab, hatte ich nie geplant oder intendiert, sondern es passierte einfach. War immer schon so. Und nee, es ist mir natürlich nicht egal, wer meine Songs spielt. Aber schön wär’s schon, wenn das zumindest halbwegs Geistesverwandte sind. Und jemandem einen Songs verbieten kann man sowieso nicht, wenn der erstmal draußen ist: das ist einfach juristisch so geregelt. – Und ansonsten: Ich bin weißgott nicht die geborene Frontsau, was aber nicht heißt, dass ich meinen Beruf verfehlt hab. Daraus resultiert aber eben dann auch diese spezielle und etwas „zurückhaltende“ Form, wie sich überhaupt mein ganzes Leben gestaltet. So wie es schon seit längerem ist. Womit ich jedenfalls ganz gut damit klarkomme, ohne an irgendwelche Grenzen zu stoßen, sei es nun Burnout oder sonstige psychischen oder körperlichen Deformationen. Jeder muss halt seine eigene Art von Balance finden, isn’t it?
Matthias Monka: Mich erinnert Deine Musik an Bob Dylan, Tom Waits und Randy Newman. Was würdest Du selbst sagen, von wo holst Du Deine musikalischen Einflüsse?
Danny Dziuk: Die Liste wäre noch zu ergänzen mit Warren Zevon, Van Morrison, Leonard Cohen, J.J. Cale, Lou Reed und einigen anderen, unbekannteren (Dan Reed zum Beispiel, oder Jeff Lynn) oder mittelbekannteren (wie Chris Whitley) – oft auch aus den Siebzigern (einfach zuviele, um sie hier alle aufzuzählen, und selbst wenn ich mir 2 Stunden Zeit dafür nähme, würde ich bestimmt ungerechterweise jemanden vergessen). Bei den deutschsprachigen sind’s am ehesten noch Rio Reiser oder Element of Crime. Auch Jazz ganz allgemein und die europäische Klassik sind mir nicht so fremd. Aber all meine Satelliten hin oder her: es kann alles Mögliche sein, was einen dazu bringt, was zu schreiben. Vielleicht ein zufälliges Stück im Radio. Irgendwas in einem Buch, oder was jemand in einer Kneipe sagt. So wie bei jedem anderen auch, der was Kreatives tut, schätz ich mal.
Matthias Monka: Deine Lyrik ist sehr poetisch, Du klingst, als seist Du eigentlich Dichter, der sich genau mit Lautmalerei beschäftigt und dennoch klingen Deine Songs sehr authentisch aus dem Leben gegriffen, woher kommt deine Inspiration? Hast Du vielleicht sogar mal Germanistik studiert?
Danny Dziuk: Nee, kein Germanist. Aber ich lese schon ab und zu, wenn ich Zeit hab. Und ich weiß, wer Adorno ist. Oder Deleuze. Lieblingsklassiker: Dostojevski, Rimbaud. Moderner: Bolaño zum Beispiel. Und wo wir gerade bei Listen sind, müsste man die eigentlich auch noch um Kategorien wie Humor oder Filme erweitern, aber wenn ich damit jetzt auch noch anfange, würde das noch mehr nach Angeberei oder Profilierungs-Namedropping riechen, als es das wahrscheinlich sowieso schon tut. Äh … lassen wir’s also dabei.
Matthias Monka: Es gibt bei dir immer Gastmusiker, wie auch Axel Prahl, gibt es Musiker, die du dir gern mal auf deinem Album wünschen würdest? Wer wäre das aus Deutschland und wen könntest Du Dir international vorstellen?
Danny Dziuk: Es gibt so viele wirklich gute Leute, mit denen ich gerne mal zusammenspielen würde, dass ich mit dieser Liste gar nicht erst anfangen möchte. Und mit einigen davon hab ich das bereits getan: Wally Ingram zum Beispiel. Und Dota hat auch schon mal auf zwei meiner Alben ein bisschen mitgesungen. Und mit Chuck Berry hab ich auch schon gespielt. Und natürlich mit meinen beiden wunderbaren Bühnen-Mitstreiter*innen: dem (u.a.) Keith Richards-Fan und Songschreiber Karl Neukauf, mit dem ich mittlerweile bereits 10 Jahre zusammenarbeite und mich fast blind verstehe – sowie der einzigartigen Krazy, für die ich vor kurzem ein Album produziert hab, und deren Stimme so natürlich und unangestrengt zu meiner passt wie als-würd-ich-mich-in-eine-warme-Badewanne-legen. Was wiederum mein neues Album, um das es bei unseren kommenden Auftritten ja vornehmlich geht, zwar nicht reproduzieren kann, aber eine unglaublich schön-schräge Mischpoke ergibt, die die Essenz der Songs nochmal auf eine ganz andere und überraschende Weise sichtbar macht.
Veranstalter: Oberdeich Agentur, Ganderkesee.
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