Aus den 2000ern

Vor jungem Publikum haben 01099 am Mittwoch mit zwei Support-Acts im fast ausverkauften Pier2 gespielt.

01099 im Pier2 (Foto: Malte Löhmann)

Bremen. Auf Tour zu ihrem Nummer-Eins-Erfolgsalbum „Blaue Stunden“ hat die jüngst mit der 1Live-Krone ausgezeichnete Rapcrew 01099 am Mittwochabend das Pier2 gefüllt. Nachdem sie zuletzt vor gut zwei Jahren das Modernes ausverkauften, geht es für die Anfang Zwanzigjährigen nun auf das nächste Level. Mit ihrem vermittelten Lebensgefühl treffen sie den Nerv ihrer Generation. Eingeheizt wurde den Fans zunächst von zwei Support-Acts, denen jeweils für 20 Minuten die Bühne gehört.

Gut, zumindest der ganz vordere Teil der Bühne. Denn ein großer Vorhang mit 01099-Schriftzug bedeckt den Aufbau dahinter, zwischen Vorhang und Bühnenkante bleibt aber Platz für ein DJ-Pult und für Performance daneben. Dieser Platz sollte ursprünglich von Zartmann mit Leben gefüllt werden, leider fällt er krankheitsbedingt aus. Kurzfristig wird mit Aaron ein ebenbürtiger Ersatz organisiert, der gemeinsam mit seinem DJ Jan Gandi fünf Songs spielt. Bereits ab 19:20 Uhr präsentiert er seine Musik zwischen Pop und eingängigen Beats, performt einen noch unveröffentlichten Song mit Zartmann, für den Erkrankten gibt es obendrein eine aufmunternde Videobotschaft.

Direkt im Anschluss kommt um 19:40 Uhr mit so viel Applaus und Jubel, wie ihn mancher Hauptact nicht bekommt, Kid Kapri auf die Bühne. Der in Bremer geborene und ihn Berlin lebende Rapper ist als Special Guest in seiner Heimatstadt dabei, in der er schon begeisternde Auftritte auf der Breminale und beim SummerSounds spielen durfte und im Herbst das Kulturzentrum Lagerhaus ausverkauft hat. Ohne seinen Stammproduzenten Florida Juicy trägt er solo sechs Songs vor, die sich im Kosmos zwischen Rap und Pop bewegen und auch ruhigere Elemente enthalten. Gerade schnelle, bekannte Nummern wie „Mosaik“ oder „Schon gut“ entfalten ihre volle Kraft, da sie im Publikum vielfach textsicher und lautstark mitgesungen werden. Ende Januar ist sein Debütalbum „Gestern ist für immer, morgen wird besser“ erschienen, mit dem er am 6. April im Modernes auftreten wird.

In der folgenden Pause bleibt das Licht dunkel und die Musik laut, bis aufblitzende Lichter auf der eingenebelten Bühne wie ein Countdown flackern, das Banner fällt und zum Opener „Tempo“ sofort Stimmung aufkommt. Das junge Publikum ist extrem laut, textsicher, bewegungsfreudig und jubelt dem Rap-Trio zu. 01099 sind der Hip-Hop-Act der Generation Z, bei ihnen haben weder Sexismus und Beleidigungen, noch materielle Dinge einen Platz. Stattdessen wird ein leichtes und lockeres Lebensgefühl vermittelt, das den Spaß in den Mittelpunkt stellt und sich selber nicht zu ernst nimmt.

Die namensgebende 01099 ist übrigens die Postleitzahl von Dresden-Neustadt, wo der steile Aufstieg der Crew seine Ursprünge hat. Aktuell als Trio unterwegs, da Dani sich auf sein Studium konzentriert, stehen Gustav, Zachi und Paul zu dritt ohne weitere Band oder Begleitmusiker auf der Bühne. Dadurch fehlt stellenweise der Druck, an ausgewählten Stellen bringen die drei Rapper dafür Klavier, Gitarre oder häufiger ein Saxophon ein. Musikalisch haben 01099 ihren eigenen Stil gefunden. Sie kombinieren Hip-Hop mit eingängigem, technoähnlichem Rhythmus und sehr relaxten, sommerlich-entspannten Rap-Parts. Statt wie viele Acts ähnlicher Genres mit Statussymbolen und materiellen Dingen zu prahlen, essen 01099 lieber „Skyr“, trinken „Durstlöscher“ und fahren „Vespa“.

Etwas verkrampft wirkt lediglich der Versuch, unbedingt Bezug zu Bremen herstellen zu müssen. Klar, 01099 haben vor zwei Jahren das Modernes ausverkauft und erzählen von ihrem ersten Open-Air-Auftritt hier am Lankenauer Höft – so weit, so gut. Aber mehrere Bezüge zu Werder und zu den Flutlichtern im Weserstadion wirken dann doch etwas willkürlich, und als ihnen dann noch „Osterdamm“ statt „Osterdeich“ rausrutscht, fällt der Jubel kurz mal etwas leiser aus.

Positiv fällt das abwechslungsreiche Bühnenbild auf, es gibt drei große, drehbare, LED-Elemente im Hintergrund, die mal zum Spiegel werden, dann wieder mittig mit 20 Scheinwerfern bestückt sind und immer neue Elemente davor bereithalten. Schon beim dritten Song wird auf einem Sofa das erste Dosenbier geöffnet, später stehen dort ein Klavier oder Sonnenblumen in großen Sträußen. Angelehnt an den Song „Kolibri“ schwebt ein riesiger Vogel unter der Decke, darunter steht im Laufe des Konzerts Zachi für zwei Songs auf einer kleinen Bühne an der Technik, von der er im Schlauchboot auf den Armen des Publikums zurück zur Bühne getragen wird.

Der letzte Song vor der Zugabe wird besonders laut bejubelt. „2000er“ holt die Fans komplett ab, da die meisten von ihnen wohl tatsächlich in diesem Jahrzehnt geboren sind. Entsprechend ist gegen 21:45 Uhr nach genau 90 Minuten Schluss, da zur Einhaltung des Jugendschutzgesetzes das Pier2 eine Viertelstunde später schon wieder leer ist.

Seht euch hier unsere Konzertfotos an:


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