Alben des Jahres 2023 – von Pascal

Die besten Alben des Jahres 2023: Eine Auswahl mit Reihenfolge, eigentlich mit zwei besten Platten

Frank Turner. Foto: pfa

Ganz große Überraschungen gab es nicht. Denn bei vielen Platten in dieser Liste war zu erwarten, dass sie gut bis sehr gut werden. Schön, dass sich das dann auch alles bestätigte. Als Entdeckungen könnten die beiden Platten genannt werden, die bei Gunner Records erschienen sind. Aber lest selbst.

Platz 10: The Gaslight Anthem – History Books

Der Vorbote „History Books“ mit Bruce Springsteen kitzelte nicht, er weckte keine Emotionen, holte nicht ab. Zu eingängig, zu Boss-Like, zu einlullend. Die Springsteen-Anhänger im Freundeskreis (davon gibt es einige) jubelten, ich hatte mehr erwartet. Die ersten Durchläufe des kompletten Albums – liefen halt so durch. Wo waren die Highlights? Das kam keineswegs an „Sink or swim“ oder an „The ‚59 Sound“ heran. Aber das ist auch kein Back-to-the-Roots-Album, es ist neu. Und dann waren sie doch da, die Stücke, die an die alte Gaslight-Energie erinnern. „Little Fires“ hatte wieder diesen Druck, diese Kraft, diese Stabilität. Außerdem: „I live in the room above her“ und „Spider bites“. Hörenswert ist auch „Positive Charge“.

Platz 9: Phantom Bay – Underground (EP)

Mit dem Debüt-Album die Überraschung des Jahres 2022. Dieses Jahr dann „nur“ eine EP. Aber die hat es in sich: 5 Songs, 11 Minuten, 11 Sekunden. Mehr braucht es nicht. Geballte Wut, gepackt in großartiges Geschrei, Garstigkeit und Geballer. Hardcore aus Bremen. Und zwar richtig gut.

Platz 8: Militarie Gun – Life under the gun

Gestolpert über den Song „Do it Faster“ und sofort hatte mich die L.A.-Alternative-Rock-Punk-Band um Sänger und Bandchef Ian Shelton. Wenn sogar das geschätzte Kritiker-Portal Plattentests 8 von 10 Punkten vergibt und als Fazit „Zwölfmal Hit-Potenzial, zwölfmal happiness in your face“ schreibt, kann das Ding einfach nicht verkehrt sein. Das Genre ist nicht so recht zu greifen – von Pop bis Punk ist da alles dabei. Und hey: Das ist sowieso nur Schubladendenken. Große Emotionen, ausgeklügelte Riffs, vielfältig Musik. Gute Scheibe dieses Longplay-Debüt der Band.

Platz 7: Dave Hause – Drive it like it’s stolen

Dave Hause ist eine Bank. Aber diese Platte habe ich erst verpasst, dann wenig gehört. Wie so oft, ist es dieser eine Song, der ins Album reinzieht. In diesem Fall „Damn Personal“ – eine Hymne, melodisch, schneller und rockiger als viele andere Nummern auf der Scheibe. Leidenschaftlich, rau, direkt – so hat es der Songwriter aus Philadelphia geschafft, das Album häufiger zu hören. Punkrock in Leise, Pop in laut. Er kann es.

Platz 6: Feine Sahne Fischfilet – Alles glänzt

Nein, das ist kein musikalischer Hochgenuss. Nein, das ist nicht anspruchsvoll arrangiert. Eingängig, viele Mitgröl-Zeilen, ein bisschen Stadion- ein bisschen Schweine-Rock. Ja, das alles. Aber es ist einfach so wichtig, dass es genau solche Bands wie FSF gibt. Eine Band mit Haltung, die das auch auf die Straße bringt, die danach handelt. Klar, das erinnert an die Düsseldorfer Hosen, aber Feine Sahne Fischfilet ist mittlerweile relevanter. Zwar liegen seit gut einem Jahr Vorwürfe in der Luft und damit ein Schatten über der Band. Aber sie haben aus meiner Sicht (und das was ich so höre) alles getan, um diese Vorwürfe auszuräumen. Und: Mit diesem Album zeigen sie, dass sie viel zu sagen haben. „Lasst uns schau’n, was uns verbindet. Und nicht, was uns trennt“ (Angst zu erfrieren).

Platz 5: The Penske File – Half Glow

Wieder einmal eine richtig gute Platte des Bremer Labels Gunner Records. Davon gab es dieses Jahr sogar mehrere. Eigentlich wären die Kanadier noch weiter oben gelandet, wenn da nicht eine andere Gunner-Band – The High Times – gewesen wären. The Penske File schaffen starke Refrains, folkige Melodien und feine Akkordfolgen. Wie schrieb Claas so treffend: „Lieder über und für Arbeiter, Betrunkene und Verliebte“. Ich gehe mit bei seiner Einschätzung: Die Band steht bald bei größeren Labels unter Vertrag.

Platz 4: Bukahara – Tales of the tides

Heiß, schwül, staubig war es, als ich die ersten Klänge dieser Band hörte. Zwei Securities tanzten im Fotograben des Hurricane. „Border“ heißt der Song und der lief, wie alle anderen des Albums „Tales of the tides“, dann den ganzen Sommer über. Vielseitig und mit einer gewissen Leichtigkeit versehen ist die Musik, auch wenn die Texte sozialkritisch, politisch und manchmal schwer sind.

Platz 3: The High Times – Feelings

Bitter, aber es ist die einzige Band, mit einer Sängerin in dieser Liste. Dominique Magnusson (Dom) heißt die Frontfrau der Züricher Pop-Punks. Sie hat mit ihrer Band nach dem Album „Heat“ nun das Werk „Feelings“ vorgelegt. Das ist abwechslungsreicher, dynamischer, einfach besser. Herausgekommen ist das Album beim Bremer Label Gunner Records, was ja sowieso ein Qualitätsmerkmal ist. Schon so häufig sind hier Bands entdeckt worden (Gaslight Anthem, Get Dead, Red City Radio…), die dann auf den großen Festivalbühnen standen. The High Times ist mal wieder so ein Fall.

Platz 2: Pascow – Sieben

„Album des Jahres“, dachte ich, als „Sieben“ Ende Januar erschien. Und das blieb auch fast das ganze Jahr so. Also bis das Album des Jahres kam. Dennoch: Diese Platte ist groß! Pascow liefert einfach seit Jahren überragende Stücke, Alben und vor allem Live-Auftritte, an die kaum jemand rankommt. Ob im Schlachthof oder im Zelt beim Hurricane – diese Band ist live großartig, was auch an den Songs liegt. „Monde“, „Mailand“ oder „Himmelhunde“ – stark. Wie relevant Pascow sind, zeigen Zeilen wie: „Und wenn die Städte alle gleich sind, geh ich nicht mehr hin, denn sie werden öde wie ein Mond. Und schmückt sie nicht mit Elend, das niemals für euch war. Wo gestern Nacht ein Junkie stand, ist jetzt ’ne Juicy Bar.“

Platz 1: Captain Planet – Come on, cat

Ich hatte ja keine Ahnung. Keine Ahnung, dass in diesem Jahr, dieses Werk rauskommt. Captain Planet machen das, was sie am besten können. Wofür sie geliebt werden: Intelligenten Punkrock. Polternd, krachig, rau. Durchdringend, aussagekräftig, teilweise kryptisch, emotional und stets packend. Und das einfach mal wieder so gut, so genial, so großartig, dass kein Weg dran vorbeigeht. Wucht, Tempo und Energie in kurze Songs gepackt. Die Gitarren treiben, der Beat stampft, das Schlagzeug drückt. Die Stücke sind klarer produziert, die Stimme kommt deutlicher heraus. Bestes.

Weitere Platten, die ich dieses Jahr gehört und für gut befunden habe, liste ich hier mal auf. Sie haben es aber alle nicht in die Top Ten geschafft. Auch wenn da wirklich gute Sache dabei sind.

Und dann die Enttäschung des Jahres: Allerdings nicht musikalisch, sondern wegen der Vergewaltigungsvorwürfe gegen Sänger Justin Sane. Ich mochte das Anti-Flag-Album „Lies they tell our children“. Aber  puh… Anti-Flag gehörten immer irgendwie zu den Guten. Doch dann kamen die  Vorwürfe. Die Band ist Geschichte.

 


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