„Wir haben einen riesigen Dropbox-Friedhof“ – Leoniden im Interview

Nonstop auf Tour und trotzdem schon das zweite Studioalbum veröffentlichen - wie geht das? Wir haben zum Release von „Again“ Fragen an Jakob Amr, den Sänger der Leoniden.

Leoniden / (c) jk

Kiel. Seitdem Leoniden aus Kiel Anfang des letzten Jahres ihr Debütalbum veröffentlicht haben, waren sie gefühlt ununterbrochen auf Tour – nach den kommenden Konzerten werden es fast 200 Shows in zwei Jahren sein. Zwischen diesem Wahnsinns-Pensum hat es die Indie-Rock-Gruppe geschafft, ihr zweites Studioalbum herauszubringen. Die Platte mit dem Titel „Again“ erscheint diesen Freitag, am 26. Oktober. Hier könnt ihr sie schon jetzt vorbestellen.

Anfang 2017 habt ihr euer Debütalbum veröffentlicht, jetzt schon den Nachfolger. Ihr habt mal erzählt, dass ihr Perfektionisten beim Songwriting seid. Wie habt ihr das so schnell hinbekommen?

Nach dem ersten Album haben wir direkt angefangen, neue Skizzen zu sammeln und uns auch zwischen den Festivals regelmäßig im Proberaum zu treffen. Da der allerdings recht abgelegen ist, haben wir einen alten Lagerraum mitten in Kiel angemietet, der mit Fahrrad erreichbar ist. Dort haben wir vor allem im letzten halben Jahr wirklich jeden freien Tag komplett verbracht. Wir haben den Raum „Schreiblabor“ getauft. Unseren Perfektionismus haben wir noch immer und konnten ihn sogar noch besser ausleben, da im Vergleich zum Debüt noch viel mehr Zeit in das zweite Album geflossen ist.

Gibt es auch Songs, die auf der Rückbank von Tourvans oder in Backstage-Bereichen entstanden sind?

Zum Teil war das mit einzelnen Songelementen so. Wir haben versucht, aktiv im Bus zu schreiben – das ist aber schwierig, alleine weil alle in die gleiche Richtung gucken und man so schlecht kommunizieren kann. Außerdem haben wir ja keine Instrumente vorne im Bus. Manchmal hatten wir aber Eingebungen zu Stellen, wo wir lange nach Lösungen gesucht haben. So hatten wir zum Beispiel den Refrain von „Alone“ auf einer Autofahrt plötzlich im Kopf und haben ihn schnell ins Handymikro gesungen.

Vor dem Debüt habt ihr zwei EPs veröffentlicht und lange getüftelt, jetzt ging alles gefühlt ganz schnell. Habt Ihr Abstriche an Dingen gemacht, die beim Debüt vielleicht noch wichtig waren?

Das genaue Gegenteil ist der Fall, wir haben wirklich nochmal viel mehr Zeit reingesteckt. Beim ersten Album haben wir nur ein paar Songs weggeschmissen, diesmal gibt es einen riesigen Dropbox-Friedhof, aus dem man noch zwei oder drei Alben puzzeln könnte. Wir haben viel gearbeitet und einiges verworfen. Dazu haben wir Besonderheiten wie echte Streicher oder Bläser in einem eigenen Raum in Hamburg aufgenommen. Wir sind sehr detailverliebt, auch wenn es viel Zeit kostet und Stress bedeutet.

Wie hat sich euer Sound auf „Again“ verändert?

Insgesamt waren wir noch mutiger als auf dem ersten Album. Damals war ich im Schreibprozess noch recht neu in der Band und in vielen Dingen mussten wir uns erst kennenlernen. Über die ganzen Konzerte hinweg, haben wir musikalisch und persönlich sehr gut zusammengefunden. Auf der einen Seite ist das Album poppiger, auf der anderen rockiger mit ein paar Funk-Einflüssen.

Was möchtet ihr mit dem Albumtitel ausdrücken?

Viele Bands schlagen beim zweiten Album plötzlich eine ganz andere Richtung ein. Wir haben unsere Idee vom ersten Album weitergedacht und unsere Stärken weiterentwickelt.

Wie schafft ihr es, so wahnsinnig viele Konzerte zu spielen, ohne müde zu werden?

Die Konzerte sind der Kern unserer Band und das, was wir am meisten lieben. Es macht uns ganz viel Spaß und gibt uns ganz viel, solch schöne Abende zu haben und live zu spielen. Wir genießen es auch, Songs zu schreiben und uns musikalisch auszutoben, generell sind sie aber einfach für den Live-Moment gemacht. Es ist die Belohnung für unsere ganze Arbeit.

Bleibt bei eurem vollen Kalender überhaupt Zeit, die ganzen Eindrücke und den wachsenden Erfolg der Band zu verarbeiten?

Das ist ein sehr wichtiger Punkt! Die letzten zwei Jahre fühlen sich an wie vollgesogen und völlig diffus. Wir können auf der ganzen Reise auch kein Highlight festlegen. Es ist einfach absoluter Wahnsinn und jeder Tag eine krasse Überraschung. Wir nehmen es auf keinen Fall für selbstverständlich, es ist ein riesiges Privileg. Deswegen wollen wir es umso mehr genießen und auch innehalten um zu reflektieren, wie cool und großartig das alles ist.

In zwei Wochen geht es für euch wieder auf die Bühnen der Clubs. Wie bändigt ihr Lennart vorher? Man hat ja live doch mehrfach das Gefühl, er bricht sich gleich die Beine.

Wir sind kleine Bühnen von unseren vielen Clubkonzerten gewohnt, daher sind wir gut trainiert. Seine Bewegungen kann ich trotzdem manchmal schwer einschätzen. Aber sowas machen die Konzerte aus uns, da möchte man häufig mal in die Luft treten oder Sachen umschubsen.

Eure Tour trägt den Titel „Kids will unite“. Wer soll sich denn vereinigen und vor allem wofür oder wogegen?

In den Titel lässt sich viel interpretieren. Wir sehen unsere ganzen gemeinsamen Erlebnisse als verrücktes Abenteuer mit dem Ziel, dass viele Menschen zusammenfinden und einen schönen Abend haben. Andererseits beinhaltet der Titel natürlich etwas politisches, wozu wir unsere Meinung auch regelmäßig klar sagen. Auf Tour sammeln wir zusätzlich auch Geld für wohltätige Zwecke.

Euren Tourauftakt feiert ihr am 1. November in Bremen, das Konzert ist ausverkauft. Worauf können sich die Besucher freuen?

Wir veröffentlichen Freitag unser zweites Studioalben und haben natürlich neue Songs und eine neue Show dabei. Zusätzlich sind wir natürlich noch fit und nicht schon sechs Wochen auf Tour gewesen.

Das Konzert am 1. November im Tower ist bereits ausverkauft, es gibt aber noch Tickets für die Shows am 6. März in Oldenburg oder am 8. März in Hamburg.

 


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