Krawall und Remmidemmi
Deichkind sind am Dienstag mit einer audiovisuellen Dauerparty in der ÖVB-Arena aufgetreten.

Bremen. Schon der Auftakt in der bestens besuchten ÖVB-Arena macht klar: Die Show von Deichkind mit ihrem neuen Album „Wer sagt denn das?“ ist kein gewöhnliches Konzert. Von vergangenen Auftritten der Band ist man kuriose und spektakuläre Momente gewohnt, nicht aber solche wie noch vor dem eigentlichen Beginn des Abends. Im Intro-Video auf der großen, weißen Vorhang ist Schauspieler Lars Eidinger zu sehen, der nackt an einer Kette kopfüber in ein Fass mit blauer Farbe getaucht und anschließend über eine weiße Leinwand auf dem Boden gezogen wird. Der Film dauert gute zehn Minuten und hinterlässt leicht verstörte Besucher.
„Wir woll’n keine Party! Was fällt euch eigentlich ein?“ skandieren Deichkind ironisch im ersten Song, der auf der Bühne mit vielen Strobo-Effekten und wild tanzenden Protagonisten begleitet wird. Podeste fahren autonom umher, bis zu 15 Personen sind gleichzeitig auf der Bühne und liefern anspruchsvolle Choreographien. Es gibt heftiges Basswummern, blinkende Tetraeder auf den Köpfen und aufwändig einstudierte Abläufe – „organisierte Feierei“ sozusagen, wie es im Song „Party 2“ wenig später heißt. Laufend geschehen Dinge, die verblüffen, erfreuen oder ratlos machen.
Deichkind haben in den vergangenen Jahren neue Standards in Sachen Bühnenshow gesetzt und sind durchaus als Pioniere zu betrachten. Kaum eine andere deutsche Band hat so viele knallbunte Kostüme dabei und betreibt einen derart enormen Aufwand, um die Live-Performance auch nach 23 Jahren Bandgeschichte immer weiterzuentwickeln und dem Publikum eine möglichst spektakuläre Show zu bieten. Zudem gibt es verschiedene Bühnenbanner, Nachbildungen der Osterinsel-Figuren mit leuchtenden, roten Augen beim Song „Voodoo“ und eine große „Wall of Death“ im Innenraum.
Musikalisch liegt der Schwerpunkt ganz klar auf dem neuen Album, gleichzeitig dem ersten nach dem Ausstieg von Ferris MC, es werden aber Songs aus allen sieben Studioalben gespielt. Nur kurz ist der Anblick ungewohnt, wenn eine Band auf so einer riesigen Bühne komplett ohne Instrumente auftritt. Doch eine Deichkind-Show besteht eben nicht aus musikalischer Perfektion, sondern aus bewusster audiovisueller Reizüberflutung. Immer wieder schließt sich der Vorhang, um kurz danach neue Überraschungen zu offenbaren. Es gibt eine Trampolin-Choreographie, wilde Lichtshows, Bassgewitter, leuchtende Podeste und viele Statisten, die über die Bühne springen, tanzen und krabbeln.
Zu Beginn der zweiten Hälfte des Sets gibt es mit „Bück Dich Hoch“ und „Leider Geil“ zwei der größten Hits zum Feiern und Ausrasten und erste Moshpits bilden sich. Musikalisch verstecken sich in einigen Songs Samples und Referenzen an Michael Jackson, Billie Eilish oder Madonna. Wenig später rollen Deichkind mit einem riesigen Fass durch das Publikum und singen darin einige Songs, während oben eine Fahne mit der Aufschrift „Kein Bier für Nazis“ geschwenkt wird. Deichkind streuen ihre politischen Botschaften nicht nur subtil, sondern manchmal auch ganz krachend und offensiv.
Nach abschließenden Songs wie „1000 Jahre Bier“ und „Limit“ schließt sich der Vorhang für eine letzte Zugabe, die finale Inszenierung fällt nach 150 Minuten Spektakel umso größer aus. Zum Klassiker und Partyhit „Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah)“ gibt es unzählige Requisiten wie eine Hüpfburg, ein überdimensionales Scheißhaufen-Emoji, eine Miley-Cyrus-Schaukel, eine Kanone, bunte Kostüme, ein Boxer und Tänzer mit Helium-Ballons zu sehen. Währenddessen fährt ein Mitglied der Bande auf einem Trampolin-Boot über das Publikum und pfeffert Unmengen weißer Federn in die dankbare Menge. Mehr geht zum Abschluss nun wirklich nicht!
Schaut euch hier unsere Bildergalerie des ganzen Konzerts an!
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