Festivalstimmung im Spätherbst

Was für ein Line-Up: Billy Talent, Frank Turner und Pabst sind gemeinsam in der Hamburger Sporthalle aufgetreten.

Billy Talent

Hamburg. Es gibt Abende, die sollte man sich frühzeitig freihalten – wenn Billy Talent nach Norddeutschland kommen, ist so ein Fall definitiv eingetreten. Nach sechs Jahren haben die Kanadier ein neues Album veröffentlicht, nach sechs Jahren haben sie wieder in der Alsterdorfer Sporthalle gespielt. 7.000 Fans sahen im ausverkauften Haus ein geniales Line-Up mit drei Acts aus drei Ländern und, geht man nach den Geburtsorten, sogar aus drei Kontinenten. Aber der Reihe nach.

Bereits kurz nach Einlassstart ist der Umlauf der Sporthalle gefüllt, die Schlangen an Merchandise- und Getränkeständen lang. Den musikalischen Start des Abends absolviert das Trio Pabst aus Berlin. Der Song „Iboprofen“ der Rockgruppe lief in der von Billy Talent-Sänger Ben Kowalewicz moderierten Radiosendung, daraufhin gab es Kontakt zwischen den Bands. Nun gehört den Berlinern für eine halbe Stunde die ganz große Bühne, die sie motiviert zu nutzen wissen. Sie haben keine Berührungsängste, treten selbstbewusst auf, haben überzeugend abgeliefert und einige neue Fans abgeräumt. Interaktion inkl. „alle hinknien“ und später „aufeinander zulaufen“ muss man sich als erste Vorgruppe erstmal trauen. Ihren Auftritt beenden sie mit dem für ihre Verhältnisse fast schon ruhigen Cover des Songs „Kiss Me“ von Sixpence None The Richer.

Frank Turner und seine vierköpfige Band The Sleeping Souls spielen in weißen Hemden Songs aus insgesamt sieben Alben. Es ist kein klassischer Support-Gig, mehr ein Special Guest, der ordentlich anheizt. Der Brite hat in seinem Leben bald 3.000 Auftritte gespielt, die wenigsten davon allerdings wohl mit komplett deutschen Ansagen – da er eine Wette verloren hat, liegt der Boden voll mit vorbereiteten Sätzen in der für ihn fremden Sprache, so redet er erstaunlich viel und flüssig. „Eulogy“ bekommt sogar eine ganz neue Version mit deutschem Text verpasst. Frank Turner spielt eine packende Punkrock-Show, mitreißend auch für Leute, die ihn nicht kennen sollten. Im Innenraum bilden sich auch hier schon große Kreise, zuerst ausgerechnet in einem Song mit Akustik-Gitarre. Einige Fans tragen sogar Shirts des sympathischen Briten, der 50 Minuten spielt und sich in einer festivalähnlichen Stimmung zuerst wie der Main-Act des Abends anfühlt.

Neben ihrer kanadischen Heimat sind Billy Talent in kaum einem Land so populär wie in Deutschland. Hier füllen sie regelmäßig Hallen und sind Headliner des größten Festivals des Landes. Der Hamburger Sporthalle merkt man an diesem Abend an, dass jedes einzelne Ticket verkauft wurde, es ist voll, heiß und eng im Innenraum. Die vierköpfige Band legt mit „Devil In A Midnight Mass“ und „This Suffering“ aus dem zweiten Album los, es folgt „I Beg To Differ“ vom neuen Album „Crisis Of Faith“. Sie schlagen so die Brücke zwischen den beliebten, alten Stücken und ganz neuen Nummern, die ebenfalls wird gefeiert werden – Billy Talent leben bei weitem nicht nur von ihrer Vergangenheit!

Vor gut 20 Jahren spielten Billy Talent eines ihrer ersten Konzerte in Hamburg im Molotow. Schon damals standen sie nahezu in der gleichen Besetzung auf der Bühne. Einzig Schlagzeuger Aaron Solowoniuk pausiert aufgrund seiner MS-Erkrankung seit 2016 und wird auf dieser Tour von Loel Campbell vertreten. Eigens in Hamburg haben sie eine T-Shirt-Kooperation mit dem FC St. Pauli ins Leben gerufen, auf der Bühne getragen von Bassist Jonathan Gallant.

Die energetische Band verausgabt sich gute 90 Minuten und ballert in dieser Zeit 21 Hits raus, denn nur solche schreiben Billy Talent. Gerade zum Ende geht es Schlag auf Schlag: „Fallen Leaves“, „Try Honesty“ oder „Surrender“ kann jeder mitsingen. Aber auch hier: Der Refrain vom brandneuen „Reckless Paradise“ sitzt ebenfalls. Ohne Pause und dem oft gesehenen, inszenierten Bühnenabgang hängen Billy Talent noch zwei Zugaben ran und verabschieden sich schließlich mit „Red Flag“ – DER Nummer überhaupt für die Kanadier.

Seht euch hier unsere Konzertfotos an:

 


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