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Bosse ist auf seiner Clubtour zum neuen Album „Alles ist jetzt“ im ausverkauften Schlachthof aufgetreten.

Bremen. Es ist ihm eine liebgewonnene Tradition. Wie schon bei seinen letzten Alben spielt Bosse nach der Veröffentlichung einige Clubkonzerte im kleinen und persönlichen Rahmen. Nach der Ankündigung im Sommer war der Schlachthof innerhalb von Minuten ausverkauft. „Es ist einfach der allerschönste Laden in ganz Deutschland“, sind die ersten Worte, als der 38-jährige gegen 20 Uhr auf die Bühne kommt. Er begrüßt die etwa 1.000 Besucher und kündigt seine Vorband an.
Für Lejo ist es erst das elfte Konzert, ihr Live-Debüt hat die junge Band vor wenigen Wochen gefeiert. Die Hamburger haben Bosse einige Songs zugeschickt und ihn direkt überzeugt. Inzwischen sind sie beim gleichen Management unter Vertrag und arbeiten mit den Produzenten von Bilderbuch und Von Wegen Lisbeth zusammen. Die Band macht Indie-Pop mit Soul-Elementen, herkömmliche und elektronische Drums prägen den Klang ebenso wie Keys, Bass und E-Gitarre. Die Songs sind größtenteils leichtgängig, manchmal auch nachdenklich, die deutschsprachigen Texte fallen positiv auf. Der Schlachthof ist für Lejo eine ganz neue Erfahrung, von der Atmosphäre lassen sie sich anstecken und sind positiv überwältigt. Schnell haben sie das Publikum auf ihrer Seite. Den stärksten Song „Malibu“ spielen sie als vorletztes. Es ist ein beachtlicher Auftritt – vor allem wenn man bedenkt, dass die Band noch ganz am Anfang steht.
Wie schon mit seinem 2016er-Album „Engtanz“ hat Bosse mit seinem siebten Album „Alles ist jetzt“ im Oktober den Sprung an die Spitze der Charts geschafft. Den ausverkauften Schlachthof bezeichnet er als „Hexenkessel“ und erzählt eine kuriose Anekdote, als er bei seinem ersten Konzert den ganz seitlich oberen Rang erst spät gesehen und sich beim Blick auf die Menschen dort entsprechend erschrocken hat. Inzwischen zählt das Kulturzentrum zu seinen Lieblingsclubs, sodass er alle zwei Jahre gerne hier spielt.
Schon als zweiten Song spielt Bosse seine Single „Alles ist jetzt“, beim folgenden „Du Federst“ springt der Funke endgültig über. Der Sänger ist auf der Bühne immer in Bewegung, springt und läuft unermüdlich umher. Bosse motiviert die Besucher zum Tanzen und lebt diese Einladung auf lockere Art und Weise vor. Begleitet wird er von einer siebenköpfigen Band, die vor allem die schnelleren Songs mit Instrumental-Phasen neu arrangiert hat. Es gibt ein großes Trompetensolo, auch ein Cello ist zu hören.
Neben temporeichen Nummern erlebt die unterhaltsame Show ruhige Momente bei Balladen wie „Kraniche“. Das Publikum übernimmt dabei gefühlvoll einen großen Teil des Textes. Bei „Schönste Zeit“ singt ein riesiger Chor am Ende sogar den ganzen Refrain. Bosse schafft es, mit seiner glaubwürdigen, publikumsnahmen und lebensfrohen Art, schnell eine besondere Verbindung zu seinen Fans herzustellen.
Nachdenklich spricht er wiederum über künstlerische Freiheit und Pressefreiheit und erzählt von seiner aus der Türkei stammenden Ehefrau und der verbindenden Wirkung von Musik zwischen verschiedenen Kulturen. Ganz ohne Parolen ist „Robert de Niro“ sein erster politischer Song geworden, gleichwohl hat Bosse sich schon immer für die richtigen Dinge engagiert. So auch für Viva con Agua, mit denen er Anfang des Jahres sogar beim Brunnenbau in Äthiopien war und die mit ihrem Konzept, Pfandbecher als Spende entgegen zu nehmen natürlich beim Konzert dabei sind.
Bei der ersten Zugabe „Vier Leben“ ist ein Akkordeon zu hören und Bosse tanzt vorne auf der Bühne mit einer Besucherin. Das ruhige „Ich bereue nichts“ hat er nach viel Bier in zehn Minuten am Elbstrand geschrieben, später ist es ein Duett mit Pianistin Valentine Romanski geworden.
Vor „Hallo Hometown“ spricht er über seine Wurzeln und seine Kindheit in der niedersächsischen Provinz und über seine Verbindung zur Stadt Istanbul. Auf dieses Stichwort hin gibt es Jubel im Publikum, dabei steht der nach der Metropole am Bosporus benannte Song gar nicht auf der Setliste. Da die Fans ihn sich aber wünschen, wird er spontan trotzdem gespielt. Zu „Frankfurt/Oder“ werfen Band und Besucher noch einmal ihre ganze verbleibende Kraft in den Song, es ist ein großes Finale.
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