Doppelte Punkrock-Party im Pier2

Apokalypse Stehplatz Innenraum: Die Donots haben mit Support von Adam Angst ihr bisher größtes, eigenes Bremen-Konzert gespielt.

Donots

Bremen. Über die letzten drei Jahrzehnte sind die Donots zu einer festen Punkrock-Institution und zu einer der spielstärksten Live-Bands des Landes gewachsen. Zu Bremen pflegen sie seit jeher eine ganz besonders innige Verbindung. So fand der erste Auftritt der allerersten eigenen Tour 2001 im Tower statt und nachdem sie bei etlichen Gastspielen schon in so ziemlich jeder Konzertlocation der Stadt auf der Bühne standen, folgte am Samstag die bisher größte Headline-Show im Pier2. Dort spielten sie bereits vor acht Jahren als Support für Rise Against – diesmal waren die Fans vor allem für die Punkrocker aus Ibbenbüren gekommen. Die fünfköpfige Gruppe zeigte dabei eindrucksvoll, weshalb sie aktuell so viel Fanzuspruch bekommt und im Februar erstmals an der Spitze der Albumcharts landete.

Hochkarätigen Support gibt es vorab von Adam Angst, die im Dunklen die Bühne betreten und im schlagartig einsetzenden Scheinwerferlicht mit temporeichem Punkrock beginnen. Die nach vorne gehende Gitarrenmusik funktioniert in der großen Halle hervorragend, es ist laut und druckvoll, auch die starke Bühnenpräsenz und dynamische Performance der fünfköpfigen Band mit Sänger Felix Schönfuss im Mittelpunkt tragen ihren wesentlichen Teil dazu bei. Bassist Christian Kruse ist sehr gut mit Donots-Sänger Ingo befreundet, sodass sich die Wege der Bands schon häufiger kreuzten – wie 2018 auf der Split-Single, zu dem Adam Angst „Wir werden alle sterben“ beisteuerten. Dieser Song darf live natürlich ebenso wenig fehlen wie „Wir sind zusammen“, „Unter meinem Fenster“ oder das am Klavier beginnende „Die Lösung für deine Probleme“ vom ganz frisch erschienenen, dritten Studioalbum „Twist“. Schon bei Adam Angst bilden sich erste Moshpits im Innenraum, das intensive Highlight ist das thematisch leider nach wie vor aktuelle „Splitter von Granaten“ vom 2015er-Debütalbum. Am 21. Februar treten Adam Angst auf ihrer eigenen Headline-Tour im Kulturzentrum Schlachthof auf. Wer Lust auf den Auftritt bekommen hat, kann sich noch Tickets im Vorverkauf sichern.

Im Anschluss wird ein großes Banner vor die Bühne gespannt, unter dem zum Auftakt der Donots-Show Guidos Tochter Emmi hervorkommt und erstmals das Album-Intro „Heut‘ ist ein guter Tag“ live singt. Dafür bekommt sie begeisterten Applaus und verfolgt das Konzert ihres Vaters, ihres Onkels und der drei nicht blutsverwandten Bandmitglieder anschließend im Oberrang in der ersten Reihe.

Der besagte Vorhang fällt direkt nach dem Intro und die Donots starten mit dem Punkrock-Kracher „Auf sie mit Gebrüll“. Für Band und Publikum ist keine Aufwärmphase mehr nötig, der Innenraum im Pier2 verwandelt sich zu den Mitgröhl-Hymnen schlagartig in einen springenden, durchdrehenden Hexenkessel. Die ganze Halle tanzt und pusht sich gegenseitig zur maximalen Energie. Der sechste Song „Apokalypse Stehplatz Innenraum“ wird wörtlich genommen – nur ganz und gar ohne Endzeitstimmung.

Bis zu vierstimmiger Gesang schallt von der Bühne, der beeindruckendste Chor besteht heute aber aus tausenden Stimmen, die beispielsweise bei „Dead Man Walking“ ihre volle Kraft entfalten. Ein riesiger Circle Pit mit Sänger und Rampensau Ingo in der Mitte bildet sich zu „Kaputt“. Explizit politische Songs wie „Dann ohne mich“ aus so vielen Kehlen zu hören tut wahnsinnig gut, die Botschaft gelte es aber aus der Komfortzone hinaus in den Alltag zu tragen, erinnert die Band. Hinweise, wie das gelingt, und vieles mehr gibt es an den Aktionsständen der Organisation „Kein Bock auf Nazis“.

Ein Kontrast zur konditionell anspruchsvollen Energieleistung bildet der erste Song „Augen sehen“, den Guido ganz alleine im Scheinwerferlicht mit Akustik-Gitarre vorträgt. Gesprungen wird anschließend wieder bei „Wake The Dogs“ und natürlich bei „Saccharine Smile“ – ein Song „für die Oldschool-Fans, die vielleicht schon damals vor 22 Jahren im Tower dabei waren. Das Anfang des Jahres in München ganz spontan auf der Bühne entstandene „Scheißmatratze“ gibt es ebenso in der Zugabe zu hören wie das einprägsame Cover „We’re Not Gonna Take It“, das seit Jahren zum festen Repertoire gehört. Den feierlichen Abschluss bildet bei komplett ausgeschaltetem Licht nur mit Handytaschenlampen und Feuerzeugen das beliebte „So Long“.

„Bremen, auf euch ist einfach immer Verlass, seit 30 Jahren. Und dafür danke ich euch von Herzen“ – mit diesen Worten beendet Ingo ein fantastisches Konzert, das in seiner Intensität und Energie eines des besten des Jahres war. Der einzige, wirklich winzige und rein subjektive Kritikpunkt: Auf Tour zum stark gefeierten, ersten Nummer-Eins-Album, hätten es noch etwas mehr als sechs Songs von ebendiesem sein dürfen.

Seht euch hier unsere Konzertfotos an:


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