„Die Punksongs knallen auch in der Pianoversion“

Interview mit dem "Punkrock Piano"-Macher Uli Sailor

Uli Sailor. Foto: Daniel Koka

Bremen. Uli Sailor, Multiinstrumentalist der Terrorgruppe und Sänger der Band Tusq kommt mit seinem Solo-Projekt: „Punkrock Piano“ nach Bremen-Vegesack ins Kito. Am Freitag, 10. Februar, interpretiert er dort Songs von NOFX, Lagwagon, Bad Religion, Propagandhi und Millencolin (mehr Infos).

Nach D-Sailors, Terrorgruppe oder Tusq – nun das Projekt Punkrock-Piano. Warum?
Es hat als totale Schnapsidee begonnen. Kurz vor Corona kristallisierte sich schon raus, dass sich meine Bands auflösen beziehungsweise erstma Pause machen. Es ist einfach großer Aufwand so ne Band mit 4-5 Leute zu koordinieren. Proben, Konzerte, Plattenveröffentlichung an den Start zu bringen ist echt ein ständiger Struggle, vor allem wenn nicht alle Bandmitglieder in der gleichen Stadt wohnen, andere Jobs und/oder Familie haben. Denn unter uns gesagt, mit so ner Band verdient man ja nicht besonders viel Geld. Dann hab ich überlegt, wie könnte ich denn wohl alleine Musik machen, alleine Konzerte spielen?

Und was war das Ergebnis?

Klavier ist eben das Instrument, das ich am besten kann, wo ich mich einfach ransetzen und loslegen kann. Aus Witz hab ich dann gesagt, ich mach jetzt ein Klavieralbum. Da ich aber nicht so genau wusste, in welche Richtung das musikalisch gehen soll, hab ich mir erstma die Punksongs meiner Jugend vorgenommen. Die hab ich neu arrangiert und dann aufgenommen. Zack, war das Punkrock Piano am Start.

Von vielen Punkrocksongs gibt es Akustik-Versionen – das haben nicht nur Tony Sly (R.i.P), Joey Cape oder Chuck Ragan vorgemacht, um nur drei zu nennen. Warum interpretierst du Punkrock am Klavier?
Punkrock stand immer im Zentrum meines musikalischen Tuns. Deswegen wars dann eigentlich logisch, dass ich das auch am Klavier spielen will, obwohl das ja auf den ersten Blick erstma nicht zusammenpasst. Bei Youtube findet man ja viele Typ*innen am Klavier, die Punksongs spielen. Aber irgendwie spielen die immer Balladen. Das fand ich total langweilig und habe beschlossen, dass ich das anders machen will. Mir war es wichtig, dass die Songs das gleiche Tempo, die gleiche Energie wie die Originale behalten. Und das hat dann erstaunlich gut funktioniert, die Songs knallen auch in der Pianoversion total!

Was kann ein Klavier und ein Cello aus Punkrocksongs rausholen, was die Songs vorher noch nicht hatten? Wie machst du aus den Originalsongs deine eigenen Versionen?
Nach einem Konzert kam jemand zu mir und meinte, dass ich dem Punkrock eigentlich das Schlimmste angetan hab, was man machen kann. Ich hab das Schlagzeug und die Gitarre weggenommen. Aber er fands trotzdem total geil! Ich glaube das Geheimnis ist einfach der Song. Wenn man gute Songs nimmt, kann man die in jedes Gewand stecken und sie werden ihre Magie nicht verlieren. Und ich glaube, dass die Instrumentierung sie zu meinen eigenen Versionen macht. Klavier, Cello und mein Gesang, das macht einfach den besonderen Sound aus.

Auf der ersten „Punkrock Piano EP“ waren es fünf englische Punkrock-Klassiker, jetzt gibt es fünf deutsche. Wie kam es zu der Auswahl?
Meine musikalische Sozialisation in den 90ern war sehr stark von Punk, Hardcore und Melodycore geprägt. Bad Religion, NOFX, der gesamte Fat Wreck Kosmos, auch Burning Heart aus Schweden haben mich total geprägt. Deshalb musste die erste EP aus diesen Bands bestehen. Im weiteren Verlauf meiner Entwicklung, durch meine Band D-Sailors, waren wir auch sehr viel im Deutsch-Punk unterwegs. Unsere Alben sind auf Vitaminepillen Records erschienen, wir haben viele Konzerte mit Bands wie The Wohlstandskinder oder Knochenfabrik gespielt, waren anfang der 00er Jahre regelmäßig mit Terrorgruppe auf Tour. Deshalb war einfach klar, da gibt es so viele gute Bands und Songs, ich muss auch ein paar deutsche Coversongs aufnehmen.

Teil eins und zwei von „Punkrock Piano“ sollen zusammen in diesem Jahr als Vinyl erscheinen. Wie groß ist der Aufwand mit Lizenzen, Rechten, Presswerk, Cover und so?
Das ist auch nicht mehr Aufwand als mit einem eigenen Album. Ich habe mich bei meinen Arrangements genau an die Original-Kompositionen gehalten. Dann darf man das ohne Erlaubnis der Urheber veröffentlichen. Natürlich gehen alle Royalties dann auch an die Originalkünstler, das heißt ich verdiene selber nicht so viel daran.

Du bist ja selbst Songwriter. Warum gibt es noch keine eigenen Punkrock-Stücke als Piano-Versionen? Live soll es ja aber vielleicht schon was von dir zu hören geben, oder?
Ich hatte von Anfang an den Plan eigene Songs zu schreiben. Die Coversongs waren vor allem dafür gedacht eine Setlist am Start zu haben, damit ich live spielen kann, und mir zum anderen dabei zu helfen meinen Sound zu definieren. Dieser Plan ist supergut aufgegangen. Zur Zeit schreib ich eigene Songs für ein Album und werde auf der Tour im Februar ein paar zum Besten geben. Bin gespannt wie das ankommt 🙂

Das Kito in Vegesack ist nicht unbedingt der Punkrock-Schuppen. Sollen deine Konzerte bewusst eine breitere Szene, ein größeres Publikum ansprechen? Wie kam es überhaupt zu dem Termin in Vegesack?
Nee, das war totaler Zufall und hatte keinen tieferen Sinn. Malter Prieser, der Booker vom KiTo hat im Internet mitbekommen, dass ich dieses Projekt habe und mich sofort kontaktiert. Er meinte, er hätte schon seit Jahren darauf gewartet, dass jemand endlich mal Punkrocksongs am Klavier spielt, denn er wollte unbedingt den Punkrock ins KiTo bringen. Tatsächlich war Malte der erste, der mich für ein Konzert angefragt hat und ist damit auch die eigentliche Initialzündung für den Rest meiner Tour gewesen. Denn ich dachte, ja geil, ein Konzert hab ich schon, dann buche ich den Rest einfach drumherum.

Mit Terrorgruppe und Tusq hast du ja ein paar Mal in Bremen gespielt. Was verbindest du mit der Stadt, den Clubs oder auch den Menschen in der Hansestadt?
Ich hab viele tolle Abende erlebt in Bremen. Mit Terrorgruppe haben wir zweimal im Schlachthof gespielt. Für mich einer der besten Liveclubs in Deutschland. Das war vor allem deshalb besonders für mich, weil ich 1995 dort NOFX gesehen hab. Selber dann auf dieser Bühne zu stehen, hat mich echt geflashed. Mit Tusq haben wir ein paar mal auf der MS Treue gespielt, das war auch immer super. Und im Steintorviertel hab ich schon einige gute Aftershowparties erlebt, in der Lila Eule zum Beispiel. Super Stadt, nette Leute, tolle Szene 🙂


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