Der Freitag beim Hurricane Festival: Kontrast der Headliner
Die Toten Hosen und Tame Impala könnten als Headliner unterschiedlicher nicht sein. Vorher versprühen die Leoniden mit ihrem Konzert euphorische Festivalstimmung.

Scheeßel. Startschuss für das Hurricane Festival! Auf dem Eichenring in Scheeßel tummeln sich wieder Zehntausende Musikfans, die gestern bereits die Auswahl aus über 20 Konzerten auf vier Bühnen hatten. Der Schwerpunkt lag dabei auf Rockmusik. Zudem gab es früh einen kurzfristig bekanntgegebenen Special Guest auf der Wild Live Stage am Campingplatz. Wir waren bei einigen Konzerten dabei und haben viele Eindrücke aufgeschnappt. Text von Malte Löhmann und Marcel Kloth.
12:30 Uhr: Frittenbude auf der Wild Live Stage: Der Tag startet früh! Drei Stunden vor der ersten Band im Infield spielt plötzlich die Elektropunk-Band vom Label Audiolith am Campingplatz. Es ist ein spontan angekündigter Überraschungsauftritt mit dem neuen Album „Rote Sonne“ und ein stimmungsvoller Auftakt in ein musikreiches Wochenende.
16:00 Uhr: Betontod auf der Forest Stage: Nachdem die „Einweihung“ der größten der mit neuen Namen versehenen Hauptbühnen noch dem #HurricaneSwimTeam vorbehalten war, dürfen ab 16:00 Uhr Betontod die Forest Stage zumindest in Sachen Punkrock eröffnen. In der prallen Nachmittagssonne haben sich vor der Bühne einige mit Fahnen ausgestattete Fans der Band aus dem Ruhrgebiet versammelt, um textsicher zu Songs wie „Küss mich“ oder „Mein letzter Tag“ in Form von Mosh- und Circlepits zu tanzen. Sänger Oliver Meister gibt die Marschrichtung vor, auch der eingegipste rechte Arm tut seinem energiegeladenen Auftritt keinen Abbruch. Neben politischen Statements lassen sich Betontod schließlich auch auf den von ihnen interpretierten Ballermann-Schlager „Glück auf“ herunter. Die musikalische Rettung folgt geschwind, der „Traum von Freiheit“ rüttelt das Publikum noch einmal wach. Auf der Bühne sorgt rote Pyrotechnik für ein tolles abschließendes Bild.
16:45 Uhr: Alice Merton auf der River Stage: Die in Frankfurt am Main geborene und in vier Ländern aufgewachsene Sängerin präsentiert mit einer Menge Pop-Appeal ihre tanzbaren Songs. Eine vierköpfige Band unterstützt die 25-jährige bei ihrem angenehmen und entspannten Auftritt. Ihren bekanntesten Hit „No Roots“ spielt sie im zweiten Teil ihres 45-minütigen Sets.
18:15 Uhr: Cigarettes After Sex auf der River Stage: Wer weiß, worauf er sich hier einlässt, erlebt ein gutes Konzert. Vor der Bühne haben sich viele Besucher – vielleicht auch aufgrund von mangelnder Konkurrenz – versammelt. Die Band aus New York spielt sehr ruhigen und verträumten Art-Pop ohne große Überraschungen. Die atmosphärische Musik klingt durch den Fokus hierauf häufig sehr ähnlich. Schnell dünnt sich das Publikum etwas aus und zurückbleiben jene, die das Konzert gezielt angesteuert haben. Höhepunkt des Auftritts ist die Performance des Hits „Nothing’s Gonna Hurt You Baby“, der durch seinen erkennbaren Refrain den wohl massentauglichsten Song der US-Amerikaner darstellt.
19:15 Uhr: Leoniden auf der Mountain Stage: Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, Leoniden auf die Mountain Stage zu stellen? Heftig, wie voll es hier ist! Um das Blut nach dem vorangegangenen Auftritt wieder in Wallung zu bringen, wird jetzt getanzt. Die Indie-Rock-Band aus Kiel wurde direkt aus Manhattan eingeflogen, die Jungs wirken aber frisch und energiegeladen wie immer und so erwartet die Fans ein powervoller Auftritt, der keine Wünsche offen lässt. Leoniden sind die Band der Stunde und beweisen es mit einer wilden Live-Performance. Highlight der Show: Gitarrist Lennart verletzt sich während seines ausgelassenen Tanzes mit der Gitarre am Kopf – das war eigentlich auch nur eine Frage der Zeit. Aber „the show must go on“, Lennart lässt sich nichts anmerken. So werden die Saiten weiter gezupft und das Blut ab und zu mit einem Handtuch weggetupft. Der Platz vor der Bühne ist bis weit nach hinten, die Fans im vorderen Teil springen wild umher – was geht’n ab? Der letzte Song heißt „Sisters“ und verabschiedet die Zuschauer unter goldenem Lametta-Regen in den weiteren Festivalabend.
22:00 Uhr: Bilderbuch auf der River Stage: „Superfunkypartytime“ in Weltraumatmosphäre. Äußerst lässig spielen die Österreicher vor großem Publikum Songs über Spliffs und Softdrinks im detailreichen Bühnenbild aus Planeten, Weltkugeln, Snack-Kühlschrank und riesigem Wasserhahn, aus dem Lichterketten kommen.
23:00 Uhr: Trettmann auf der Mountain Stage: Mit zehn Minuten Verspätung startet Rapper Trettmann seinen Auftritt, bei dem er sein neues Album für den 20. September ankündigt und gleich einige Songs daraus präsentiert. Das Bühnenbild ist einfach gehalten, der Rapper steht alleine mit weißer Cap und schwarzer Sonnenbrille vor einer riesigen LED-Wand, auf der während Songs wie „Knöcheltief“ oder „10419“ mit Gzuz und Cro die entsprechenden Feature-Gäste eingeblendet werden. Der Abschluss mit dem Erfolgshit „Grauer Beton“ macht die Show zu einer runden Sache ohne große Überraschungen.
23:15 Uhr: Die Toten Hosen auf der Forest Stage: Happy Birthday, Campino! Der Sänger der Düsseldorfer feiert mit dem Headliner-Auftritt in seinen 57. Geburtstag hinein. In ihrem Set spielt sich die Rockgruppe quer durch ihre bald 40-jährige Bandgeschichte und zieht damit die Massen vor die große Hauptbühne des Hurricane. Nach „Hier kommt Alex“, „Altes Fieber“ und „Eisgekühlter Bommerlunder“ bleiben keine Fanwünsche offen, ein kollektiv gesungenes „You’ll Never Walk Alone“ bilden den Abschluss des zweistündigen Konzerts.
00:30 Uhr: Tame Impala auf der River Stage: Die Australier bilden den großen musikalischen Kontrast des ersten Abends. Dichter Nebel, dunkles Licht, Schattenspiele und eine große Lasershow prägen das optische Bild. Ihre stark verzerrten Stimmen, psychedelischen Rocksongs und minutenlangen Instrumentals nehmen die Besucher mit in ein hohes Level der Verzauberung. Besonders packende Momente bildet die Performance der anspruchsvollen Songs „Elephants“ und „Borderline“. Die Kritikerlieblinge ziehen im Gegensatz zum Headliner zuvor aber viel weniger Besucher an, gerade im letzten Teil des Auftritts ist der große Platz vor der River Stage nur sehr überschaubar gefüllt.
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