Das muss eine Demokratie aushalten können

„Waving The Guns” veröffentlichen ihr drittes Studioalbum. Es erscheint heute in einer Woche und trägt den Namen „Das muss eine Demokratie aushalten können”.

Waving The Guns, Foto: David Henselder

Bremen. Es ist das erste Album der Rostocker, seit Admiral Adonis – Rapper und Gründungsmitglied von Waving The Guns – die Hip-Hop-Gruppe verlassen hat. Im Mittelpunkt der Musik von der Ostsee steht jetzt also offiziell der Sprechgesang von Milli Dance, untermalt von Sample-basierten Beats der beiden Produzenten Dub Dylan und Dr. Dmg (Doktor Damage). Die Cuts steuert DJ Joaf zum Album bei.

Waving The Guns stehen bei Audiolith Records unter Vertrag und waren bereits auf dem Titel Wut von den etwas bekannteren aber gleichgesinnten Label-Kollegen Feine Sahne Fischfilet vertreten. Eine echte Fanbase haben sie spätestens seit dem zweiten Studioalbum Eine Hand bricht die andere, welches sich 2017 immerhin schon eine Woche lang in den deutschen Charts halten konnte.

Auf dem neuen Album „Das muss eine Demokratie aushalten können” gibt es drei zentrale Themen: Sich selber treu zu bleiben und Musik aus Leidenschaft zu machen, für seine eigenen Rechte und die Rechte anderer einzustehen und die typische Anti-Alles-Haltung, zu seiner Meinung zu stehen und einen Fick auf die der anderen zu geben. Nach außen getragen werden diese Themen durch Texte, die alle der Feder Milli Dances entspringen. Komplexen Gedankengängen und anspruchsvollen Reimketten stehen hier auch mal zweckgereimte Textpassagen gegenüber. Ungewöhnlich für ein Hip-Hop-Album dieser Tage: es werden keine Mütter beleidigt. Das mag zum einen dem geschuldet sein, dass Beatrix von Storch das Glück einer Mutterschaft bisher verwehrt geblieben ist. Vor allem liegt es aber vermutlich daran, dass Waving The Guns ihre Aufgabe, Musik zu machen, anders interpretieren als die sogenannten Künstler, die sich derzeit in den Rap-Charts bewegen.

So stellt Milli Dance gleich im Intro klar, dass er „zufrieden mit den kleinen Clubs” sei. Im Geschäft schnell nach oben zu kommen, scheint für den Rapper keine Option, wenn er sich dafür in eine Richtung verändern müsste, die ihm selbst nicht gefällt. Dieser Gedankengang wird dann im zweiten Track und erstem Ohrwurm des Albums „Perlen vor die Säue” weiter ausgeführt.

„Mir ist egal, ob das ein Hit wird
Oder zu sperrig für die Rotation
Ich geb‘ ’nen Fick, wie oft der Clip geklickt wird
Muss keinen Selfiestab zu jeder Gelegenheit mitführ’n
Was sicherlich schwer zu verstehen ist
Für auf den betriebswirtschaftlichen Aspekt von Musik fixierte Biltzbirn‘
Die gerne mitmischen im Biz würd’n”
(Perlen vor die Säue)

Doch das Trio beschränkt sich auch innerhalb eines Stückes nicht nur auf ein Thema. Als politisch links orientierte Musikgruppe liegt es Waving The Guns nicht fern, deutliche Worte gegen Rechts zu finden.

„Eure Anhänger treffen sich früh morgens zum Fahnenappell
Um sich in die Fußstapfen ihrer whacken Ahnen zu stell’n
Der schöne Schein beleuchtet eure Visagen zu grell
Jemand muss was unternehmen
Hol den Mietwagen – schnell
[…]
Es gilt, ohne zu Dreck zu werden, im Dreck zu schwimmen
Sich mit Ecken und Kanten auf glattem Eis zurecht zu finden
Sodass wir zwar ’ne Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind
Aber die Gesellschaft rechter bürgerlicher ächten”
(Perlen vor die Säue)

Weitere Songs mit politischem Einfluss in dieser Richtung sind Oscar PistoriusDie da redenDas PrivilegDenkpanzer und Ich werde mich verteidigen. Letztgenannter Song thematisiert u.a. Polizeigewalt in Deutschland und fordert dazu auf, sich nicht alles gefallen zu lassen.

„Das Böse steht nicht mit ’nem Heer vor den Landesgrenzen
Nicht mit ’ner Ork-Armee vor den Stadttoren
Es engagiert sich im Verein, diskutiert in Parlamenten
Und hat öffentlichkeitswirksame Plattformen
Und sie verbreiten weiter die Mär
Dass sich gegen die Scheiße zu wehr’n
Das gleiche wie die Scheiße selbst wär’”
(Ich werde mich verteidigen)

Neben dieser Latte an ernsten Songs gibt es aber auch Tracks zum Schmunzeln. So wird nicht selten gegen „Kollegen” aus der Musikbranche gefeuert – z.B. gegen Clueso oder Wincent Weiß.

„Man da müsste Musik sein
Solang‘ wir nicht von deiner reden – meinetwegen
Deine Scheiße eignet sich zum Akquirieren kleiner Mädchen
Ich will dein Life nicht leben
Werf‘ mich vor den Hype-Train und bleib‘ dagegen”
(Es hätte so ein schöner Abend werden können)

Diese Fronts stehen natürlich wieder unter dem großen Thema des Musikmachens aus kommerziellen Zwecken. Und mit dieser Message verabschiedet sich Milli Dance dann auch vom Album.

„Solange Dr. Dmg und Dub Dylan noch meine albernen Zeilen verton‘
Reicht es schon, ab und zu an einem Mic irgendwo
Mir Bestätigung und Ego-Boost über die Begeisterung von ein, zwei Person‘
Bei Live-Shows zu hol’n”
(Outro)

Waving The Guns, Foto: David Henselder

Wie bereits angedeutet, basieren die Beats von Dr. Dmg und Dub Dylan auf Samples. Insgesamt sind diese musikalischer geworden als auf den vorherigen Alben und gehen so direkt ins Ohr. Die sich einprägenden Melodien kann man besonders gut im Intro und bei Das Privileg beobachten. Milli Dance rappt auf den Instrumentals mal schneller, mal weniger, aber nur selten langsam. Eine deutliche Aussprache, eine angenehme Stimme und ein rhythmischer Flow machen es möglich, dass man sich die komplette Platte ohne Unterbrechung anhören kann und auch unbedingt möchte. Mit AzudemSK und SketchOne haben sich Waving The Guns zwei Feature-Gäste eingeladen, letzterer liefert einen besonders starken Part. Die meisten Tracks sind ähnlich aufgebaut – zwei Parts mit anschließender Hook, welche doppelt gespielt wird. Das macht die Songs trotz radiotauglicher Länge kurzweilig. Nach Hören des Albums hat man nicht das Gefühl, dass 50 Minuten verstrichen sind.

Tracklist:

  1. Intro
  2. Perlen vor die Säue
  3. Was hast du denn erwartet
  4. Oscar Pistorius (feat. AzudemSK)
  5. Die da reden 1
  6. Die da reden 2
  7. Das Privileg (feat. SketchOne)
  8. Feedback
  9. Das muss eine Demokratie aushalten können
  10. Remember
  11. Ich werde mich verteidigen
  12. Hier unten ist ok
  13. Es hätte so ein schöner Abend werden können
  14. Denkpanzer
  15. Outro

Das Album erscheint am Freitag, den 15. März und kann bei Audiolith Records erworben werden. Zwei Tage später präsentieren Waving The Guns ihre neuen Songs dann in Bremen im Tower Musikclub (hier gibt es Tickets für schlappe 15,00 EUR). Wer an diesem Termin keine Zeit hat oder vorher noch in Ruhe in die neue Platte reinhören möchte, hat auch im Sommer die Gelegenheit, sich live in der Nähe von Bremen überzeugen zu lassen. Denn Waving The Guns kommen am 15.06.2019 – wie könnte es anders sein – zum AufMUCKEn gegen Rechts nach Weyhe. Für dieses Event, bei dem auch andere Künstler wie z.B. Turbostaat auftreten werden, könnt ihr ebenfalls schon Karten bestellen.


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