Abschied der Kleinstadthelden: Das sagen Freunde, Musiker und Veranstalter

Schluss. Aus. Vorbei. Der Weg der Kleinstadthelden geht zu Ende: Das sagen Mitstreiter, Freunde, Fans und Kollegen

Abschied der Kleinstadthelden. Foto: pfa

Bremen – Zehn Jahre. Eine lange Zeit. Ein Weg, auf dem die Kleinstadthelden zahlreiche Mitstreiter, Freunde, Fans und Kollegen kennengelernt, getroffen und haben. Wir haben mal gefragt, warum diese Bands fehlen wird (a.). Was die bestens Songs sind (b.) und welche besonderen Momente es gab (c.). Innerhalb von einem Tag haben die folgenden Menschen – vom Geschäftsführer bis zum Trucker, vom Freund bis zum Veranstalter – sofort geantwortet. Auch das ist mal eine Ansage.

Meine erstes richtiges Zusammentreffen war gleich ein sehr einschneidendes. Wir hatten die Helden mit Kogge Pop als Support von Schrottgrenze im Römer gebucht und nicht nur wir sondern auch deren Manager war so von den Jungs begeistert, dass er sie auch irgendwie unter seine Fittiche nahm. Schon super, wenn eine Band in nur 20 Minuten Spielzeit so überzeugen kann. Das war ganz klar mein besonderer Momente – auch wenn wir danach immer wieder nette Abende und Treffen hatten. Ich denke Sie werden fehlen als eines unserer musikalischen Aushängeschilder und eine der wenigen Bands die ihren Weg gegangen sind. Bleibt die Hoffnung, dass ihr Vorbild anderen Bands aus der Region Mut macht!
Malte Prieser (Programmgeschäftsführer Kulturbüro Bremen Nord, Schwarz auf Weiß)

Ich beziehungsweise wir von Everlaunch haben eine ganz spezielle Beziehung zu den Jungs. In all den Jahren, in denen wir gemeinsam das Land unsicher gemacht haben, haben wir uns leider nie eine Bühne geteilt. Dennoch besteht zu einigen der Bandmitglieder ein sehr enges freundschaftliches Verhältnis. Besonders zu erwähnen sei da Uli Wortmann. Er hat uns 2006 förmlich den Allerwertesten gerettet. Sönke war zu der Zeit gesundheitlich nicht in der Lage, die Tour zu spielen. Uli ist nach einem kurzen Anruf spontan eingesprungen. Zudem hat er unsere Platte „Plastic Affairs“ gemixt. Wir stehen also „in der Schuld“ bei den Jungs. Wer weiß, eventuell gibt es ja eine Reunion und wir können es mit einem Support wieder gut machen.

Aber warum werden die Kleinstadthelden fehlen? Ich denke, sie haben neben ihrer musikalischen Qualität eine gewisse Vorbildfunktion für viele junge Bands im Bremer Umland eingenommen. Kaum eine Band hat so viel Output gehabt und mit Herzblut Dinge erreicht, von denen ganz viele Musiker – egal aus welchem Genre sie kommen – träumen. All diese Konzerte, TV-Auftritte, etc. kann Ihnen niemand nehmen. Das sind Erinnerungen. Gute Erinnerungen. Von diesen Erinnerungen können sie später ihren Kindern erzählen.
Aber warum fehlen die Kleinstadthelden noch? Weil sie Bremen beziehungsweise Osterholz-Scharmbeck repräsentieren und das Profil Stadt schärfen.

Warum fehlen die Kleinstadthelden noch? Weil ihre Musik Menschen erreicht und ein Gefühl vermittelt. Und genau dieses spezielle Gefühl wird vielen Menschen fehlen.
Thorsten Finner (Solokünstler FINNER)

Fehlen?!?!? Bin froh, das diese Trümmertruppe sich endlich vom Acker macht. Wurde ja mal Zeit. Nur Spaß. Ist in der Tat schade, das die Jungs aufhören. Leider gibt es zur Zeit nicht mehr viele Bands in Bremen und Umgebung, die so professionell und mit vollem Einsatz bei der Sache sind. Die Vier haben echt einiges versucht und auf die Beine gestellt, um groß rauszukommen und das sie ihr Abschiedskonzert in den großen Schlachthof hoch verlegen konnten, beweist ja auch, das sie einiges Richtig gemacht haben. Kleinstadthelden Rulez!
Bester Song: Reise. Großartigste Textzeile: „Nehmt die Hände aus den Taschen, wie wollt ihr denn so Rennen“
Besonderer Moment: Letzte Show im Tower, Aftershowparty oben in der Bar. Ich an den Reglern, Band und Freunde auf den Tischen am Mitgröhlen und Tanzen… die haben Gas gegeben bis die Sonne aufging. Bis auf Schlagzeuger Uli natürlich, der hat am Tresen gesessen.
Olli Brock (Geschäftsführer, Veranstalter, Tower, Malene)

To Make A Long Story Short: Anfangs mochten FUCKING IN CHAMPAGNE die kleinstadthelden nicht besonders. Wir waren damals ziemlich extrem drauf, nur Krach gehört, rumgeschrien, voll auf Nesquick. Mit ihren perfekten Bärten, dem breiten norddeutschen Akzent und ihrer Radiokompatibilität passten sie genau in die Schiene des Regional-Rock, den wir seit Jahren auf Newcomer-Festivals beobachteten. Außerdem: Deutschrock. Ich bitte Euch…Wie das so ist in Bremen, lernte man sich dann irgendwann auf irgendeiner gottverdammten WG-Party im Viertel kennen. Und siehe da: Die Jungs waren nicht nur cool drauf, sie konnten auch mehr schlucken als mein alter Deutz F2L612! The Kids Were Alright! Man traf sich öfter mal zum Tee, kochte gemeinsam Risotto mit Mandelquark, passte gemeinsam auf die Haustiere auf und wärmte sich gegenseitig auf einem Bärenfell vorm Kamin. To Make An Even Longer Story Short: Von da an war es Love! Auf einem dieser norddeutschen Festivals, die den Dorfnamen und den Anhang “-Rock” im Namen tragen, spielten wir sogar gemeinsam. Wir stellten fest: NACH den Kleinstadthelden zu spielen ist ungefähr so, als wenn man an Silvester erst um 2 Uhr anfängt zu böllern. Ziemlich genau so. Der Vergleich hinkt kein bisschen. Aus Boshaftigkeit warfen wir die Jungs bei ihrem Auftritt aus dem Backstage mit Klorollen ab und vice versa. Was für ne´schöne Sause! Macht´s gut, kleinstadthelden. We´ll miss You. Wie sagten schon Right Said Fred: „The One And Only Reason Is Fun, Fun, Fun.“
Alain Sussex (Trucker, FUCKING IN CHAMPAGNE)

„…ein letztes mal wir, ein letztes mal hier, wir setzen segel, leinen los!“
Als ich damals mit diesem Haufen hipper Boys am Flughafen stand, um zum Stage Europe Network nach Frankreich zu fliegen, hätte ich niemals gedacht, dass mich die kleinstadthelden derart überzeugen und prägen würden, als Band UND als Menschen. Wie kaum eine andere Bremer Band haben die Jungs für ihren Durchbruch gearbeitet und gekämpft, haben keine Chance ausgelassen, sich weiterzuentwickeln und sich dabei einen großen Kreis an Unterstützern aufgebaut. Neben all ihrer Professionalität war und ist da aber vor allem etwas ganz Besonderes, womit diese Band so viele überzeugt und in ihren Bann gezogen hat: Freundschaft – ihre, unsere, und darüber hinaus! Als Band-Klassenfahrten-Expertin muss ich außerdem sagen: Ist das Gepäck erstmal verloren gegangen, reist es sich mit keiner anderen Band angenehmer durch das kalte Island – Hauptsache das Leben macht Gin!
Ég þakka ykkur innilega fyrir samveruna.
Julia von Wild (Musikszene Bremen, Clubverstäker)

1.)Weil sie uns mit ihrem nordischen Feuer auf eine wunderbare Reise mitgenommen haben für ein paar Jahre, und die hätte einfach länger dauern dürfen! Wofür? Nicht egal – dafür, dass immer mehr Leute sich aus dem Stand in ihren ganz eigenen Charme verliebt haben, abtauchen konnten und Kleinstadthelden-Songs zu einer ganz besonders schönen Marke wurden. Die Indie Boys werden mir fehlen, ja, keine Frage.
2.) Resignation & aufstehen 3.) Der erste Blick. Das 2. oder dritte Hinhören, denn da hat es dann gefunkt. Kleinstadtheldens Auftritt in unserem Zelt dieses Jahr auf der Breminale, das „Fast-schon-Abschieds-Konzert“ – eine magische Stimmung. Das Glühweintrinken und Kekseessen in meiner Sendung vor knapp 2 Jahren (sonst trinken wir hier natürlich nicht..).
Christine Heuck (Radio Bremen Vier)

Ich habe die Kleinstadthelden immer als ernstzunehmenste aller Teenie-Bands wahrgenommen. Vielleicht sind sie jetzt zu alt geworden, um weiterzumachen – oder haben, was eher anzunehmen ist, richtige Jobs und keine Zeit mehr für Rock ’n‘ Roll. Live waren sie immer sehr gut. Wir haben ja n paarmal zusammen gespielt und ich habe sie alle richtig lieb, gude Jungs! Außerdem bin ich der beste Simon-Lam-Imitator dieser Stadt!
Grillmaster Flash (Rockstar, Großmeister, Imitator)

a.) Diese geile Stimme zu knackigen Indie-Songs haben nur sie geschafft. Klar die Lieder bleiben ja, aber es wäre schön gewesen wie sich diese „Kleine“ (im mehrfachen Sinne ;)) Band sich in der großen bösen Musikwelt behauptet hätten .
b.) Schwer, da mir gerade die „Resignation und Aufstehen“ viele Fast-Lieblingssongs beschert haben. Ich entscheide mich für „Reise“, denn hier trifft ein starker Sound des Songs auf einen starken Inhalt, nämlich einem alternativen Entwurf von „Weiterkommen“. Ich sag nur: „Verzweiflung vs. Hoffnung“. Mit diesem Textfragment hätte ich auch die ganze Platte betitelt.
c.) Das erste Konzert meiner Tochter (damals 1,5) war ein Kleinstadthelden Konzert! Es war am Hurricane-Wochenende, ich hatte Kinderdienst, weil die Mutti sich eben dort vergnügt hat. Also bin ich mit Töchterchen zum Kleinstadtheldengig bei Dodenhof gefahren und hab mit ihr den Moshpit aufgemischt. Sensationell: Simon lässt sich während des Gigs vom Dodenhofpersonal bzgl. einer neuen Hose beraten
Olaf Precht (Mofarennfahrer, ROW-People Mitgründer und E:A:O-Moderator)

Eine, wenn nicht sogar die Vorzeigeband aus Bremen geht verloren. Verschwindet. Ehrliche, nette Jungs, die durch ihre freundschaftliche Art es immer wieder schafften, Leute für sich zu begeistern. Ob es der kurze Plausch am Merchandise-Stand war, das nette Interview, ein Bier an der Bar, das sofortige Antworten auf Mails, oder ein Wodka-Sprite am Eck. Die Jungs schafften es, die Leute mitzunehmen. Entweder durch ihre Musik oder durch ihre Art. Sie reißen eine Lücke in die Bremer Musiklandschaft. Der Song „Kopf nähert sich Gefühl“ hat mich am meisten bewegt. Obwohl er eigentlich traurig ist, macht er auch Hoffnung. Und wenn sie am Samstag von der Bühne gehen, werden einige Leute da stehen und wissen: „und jetzt kriege ich kein Wort mehr heraus, schweigend stehen wir uns gegenüber, nichts erinnert mehr daran wie es mal war.. wie es mal war …“ Das Schöne wird aber sein: Die Erinnerungen werden bleiben, die Songs auch.
Pascal Faltermann (Journalist, hb-people.de)

Warum werden die Kleinstadthelden fehlen? Ich sag es mal so: Ich hoffe, dass jeder einzelne Kleinstadtheld in einer neuen Formation auftauchen wird und diese neuen Formationen die bremer Musiklandschaft bereichern werden. Es sind durch die Bank exzellente Musiker und ich bin sehr gespannt was da passieren wird.
Was ist dein Kleinstadthelden-Lieblingssong? Ich habe sie einige Male live gesehen, habe mir aber nie ein Album angeschafft. Deshalb muss ich bei dem Thema leider passen.
Gab es einen besonderen Moment? Wir haben mal ziemlich verkatert aus einem Berliner Club ausgecheckt. Es muss so um die Mittagszeit gewesen sein. Wir waren alle völlig durch und als ich mir gerade ein paar helfende Hände herbeiwünschte, fuhren die Kleinstadthelden auf den Hof und packten mit an. Unser Konzert am Vorabend war nicht so dolle – wenige Zuschauer, Scheißvorband und schales Bier. Simon meinte später zu mir, dass sie dort vor vollem Haus einen wunderbaren Abend verbracht haben. WTF? Ja sie waren schon immer auf der Sonnenseite.
Marco Goerlich (Stun)

Die Kleinstadthelden waren halt frühe Wegbegleiter für mich und meine Band. Wir waren mit nem ähnlichen Status beide als junge Bands beim Bundesvision Songcontest dabei, hatten außerdem auch schon immer gemeinsame Freunde und haben uns regelmäßig bei Konzerten besucht wenn wir in der Nähe waren. Da ist halt recht schnell eine sehr offene und ehrliche Bandfreundschaft entstanden. Auch wenn die Herren alle nicht aus der Welt sind ist das natürlich immer traurig wenn sich so ne Band auflöst!
Michi Ludes (Mikroboy)

Schade, dass die Jungs nicht weitermachen. Es gab so viele schöne Momente in den letzten 10 Jahren, Egal ob Getränke am Eck oder Gigs in riesigen Konzerthallen, die Kerle waren immer authentisch und bodenständig! Durch sie habe ich ganz viele tolle Menschen treffen dürfen, mit denen ich heute auf verschiedensten Ebenen zu tun habe. KSH R.I.P.
Christian Tipke (Videomensch, Filmer, Freund)


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